DER MILLIONÄR AUS MIAMI
er musste sich mit ihr arrangieren.
Nie zuvor hatte Nicole sich so hin und her gerissen gefühlt. Obwohl sie ihr Recht, derartige Fragen zu stellen, nicht anzweifelte, schmerzte es sie zutiefst, Rafe verletzt zu haben.
Aber warum bedeutete er ihr überhaupt so viel? Nicole wusste nicht mehr aus noch ein. Und auf keine ihrer Fragen fand sie eine Antwort, mit der sie leben konnte.
Fünf Tage später rief eine Frau vom Jugendamt an, um einen Termin zu vereinbaren. Widerwillig meldete sich Nicole bei Rafe, um ihn zu informieren.
„Was wollte sie denn?“, fragte er.
„Überprüfen, wie es Joel geht“, erklärte Nicole. Seit ihrem Streit auf der Veranda hatten sie kaum mehr ein Wort miteinander gewechselt.
„Und was haben Sie ihr gesagt?“, wollte er wissen.
„Dass Sie und Joel einen aufregenden Tag auf Ihrer Jacht hatten, dass Sie seitdem aber nicht mehr viel Zeit mit ihm verbracht haben.“
„Das haben Sie ihr gesagt?“, herrschte er sie wütend an.
„Was sollte ich denn sonst sagen? Es ist die Wahrheit. Ich habe nicht den Eindruck, dass Ihnen bewusst ist, dass die Vaterrolle Dauerhaftigkeit und Kontinuität erfordert.“
„Ich versuche immer noch, die Arbeit nachzuholen, die ich in Atlanta liegen lassen musste“, fuhr er sie an. „Wann kommt sie vorbei?“
„Ich wollte den Termin erst mit Ihnen absprechen, damit Sie sich innerlich vorbereiten können“, erwiderte Nicole.
Er schwieg, dann stieß er ein grollendes „Danke“ hervor. „Was halten Sie von Samstag?“, schlug er vor.
„Ich glaube nicht, dass die Sozialarbeiterin am Wochenende arbeitet“, erklärte sie geduldig.
„Verstehe. Dann eben Dienstag. Dienstagnachmittag. Und am Freitag machen wir wieder einen Ausflug mit der Jacht.“
Als Nicole am Freitag mit Joel am Hafen ankam, war die Stimmung zwischen ihr und Rafe denkbar angespannt. Rafe streckte die Hand aus, doch Joel ergriff sie nur zögerlich. Daraufhin warf Rafe ihr einen fragenden Blick zu.
„Für einen Dreijährigen ist ein Tag wie eine Woche“, sagte sie, um Joels Zurückhaltung zu erklären. „Sie sind ihm fremd geworden.“
Er nickte verständnisvoll und gab sich den Rest des Tages besondere Mühe, das Eis zwischen ihm und seinem Sohn wieder zu brechen. Am Abend hatte er ihn so weit, dass er ihn ins Bett bringen durfte. Währenddessen lief Nicole unruhig auf dem Deck hin und her, bis Rafe sich zu ihr gesellte.
„Was haben Sie ihm über mich erzählt?“, fragte er ohne Umschweife.
Sie schloss die Augen und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. „Dass Sie viel zu tun haben. Dass Ihre Arbeit wichtig ist und viele Menschen auf Sie angewiesen sind.“
„Es hat nicht funktioniert, oder?“ Es klang mehr wie eine Feststellung statt nach einer Frage.
„Anfangs schon. Aber irgendwann hat er mir nicht mehr geglaubt.“ Sie sah ihm in die Augen. „Ein guter Vater zu sein kostet viel Zeit. Sind Sie dazu wirklich bereit?“
„Haben Sie mit der Sozialarbeiterin über Ihre Befürchtungen gesprochen?“
„Nein.“
„Warum nicht? Immerhin scheinen Sie felsenfest davon überzeugt zu sein, dass ich niemals genug Zeit für Joel haben werde.“
Schulterzuckend sah sie weg. „Für Sie ist das alles doch ganz neu. Klar, dass man am Anfang Fehler macht.“
„Waren Sie nicht versucht, mich anzuschwärzen?“
„Doch, natürlich“, gab sie ehrlich zu.
„Und warum haben Sie es dann nicht getan?“
Sie seufzte. „Aus mehreren Gründen. Auf lange Sicht wäre es nicht gut für Joel gewesen. Außerdem: Warum sollte ich nachhelfen, wenn Sie den Karren im Augenblick doch ganz von selbst an die Wand fahren!“
Er lächelte halbherzig. „In diesem Punkt haben Sie wirklich nichts mit Ihrer Schwester gemeinsam.“
„War das ein Kompliment oder eine Beleidigung?“
„Ein Kompliment. Ihre Ehrlichkeit ist eine Ihrer anziehendsten Eigenschaften.“
Nicole stockte der Atem. Eine schlagfertige Antwort fiel ihr beim besten Willen nicht ein. Und auch wenn sie es sich nur ungern eingestand, hatte sie Rafe in den letzten Tagen vermisst. All das ergab keinen Sinn.
„Wir müssen zusammenarbeiten“, sagte Rafe, nahm ihre Hand und hob sie an seine Lippen.
Für einen Augenblick war Nicole wie erstarrt. „In den letzten fünf Tagen haben Sie sich aber nicht gerade kooperativ gezeigt“, brachte sie schließlich hervor.
Er zog eine Augenbraue hoch. „Sie haben die Tage gezählt!?“
„Joel zuliebe“, erwiderte Nicole.
Rafe ließ ihre Hand wieder los. „Das war
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