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Der Ministerpräsident - ein Roman

Der Ministerpräsident - ein Roman

Titel: Der Ministerpräsident - ein Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klöpfer , Meyer GmbH , Co.KG
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Erinnerungen sei. Er reichte ihr Konfekt. Ein Geschenk der Landesregierung – während er schon dabei war, den Zeitplan der Anfahrt zum Parteitag zu besprechen: Um 12 Uhr ein letztes Mittagessen in der Klinik. Um 13 Uhr eine Ansprache an die Pfleger und Ärzte. Geschenke. Um 14 Uhr dann der Abflug mit dem Hubschrauber nach Hechingen. Landung bei der Hohenzollernburg. Willkommensgruß durch die Stadtkapelle Hechingen. Fahrt mit dem neuen Dienstwagen zur Burg. Empfang im Burghof. Danach Rundgang durch die Burg, kurzes Gedenken an der ehemaligen Ruhestätte Friedrichs II., Kaffee und Kuchen in der Burgschenke, Ankleidung zur Anfahrt mit Fahrrad von der Burg zum Sonderparteitag …
    Später brachte mich Frau Wolkenbauer zum Röntgen. Sie sagte, sie habe für Röntgenräume nicht viel übrig, doch in diesem Raum sei sie wenigstens noch Arzt und ich immer noch Patient. Sie ließ einige Röntgenaufnahmen machen, dann schickte sie mich zum CT und zu anderen Untersuchungen, um mich später dann in einen Nebenraum zu holen. Sie sagte: Sie würde an meiner Stelle zurücktreten …
    Zurücktreten?
    Jawohl, zurücktreten.
    Warum?
    Weil ich, so Frau Wolkenbauer, gesundheitlich nicht dazu in der Lage sei, das Amt eines Ministerpräsidenten zu bekleiden. Wenn mir meine Gesundheit lieb sei, dann solle ich die Konsequenzen ziehen und zurücktreten.
    Ich: Wie soll das gehen?
    Sie: Indem Sie einfach zurücktreten.
    Ich: Das ist gar nicht möglich.
    Sie: Warum nicht?
    Ich: Der Wahlkampf, die Rede, März …
    Sie: Sie sind der Ministerpräsident. Also können Sie jederzeit als Ministerpräsident zurücktreten. Niemand kann Ihnen das verbieten.
    Ich: Dass ich nicht wisse, was dann geschehen werde.
    Sie: Es werde sich etwas finden.
    Ich: Dass ich nicht wisse, was ich nach einem Rücktritt tun solle.
    Sie: Sie könnten wieder gesund werden.
    Ich: Dass ich nicht einmal wisse, wo ich nach meinem Rücktritt überhaupt hingehen könnte.
    Sie: In eine Anschlussheilbehandlung. In eine Rehaklinik. Es gebe zahllose Möglichkeiten.
    Ich: Welche Möglichkeiten?
    Sie: Sie könnten irgendwann sogar daran denken, wieder nach Hause zu gehen.
    Nach Hause gehen?
    Ja, nach Hause gehen.
    Ich wusste nicht einmal wirklich, wo zu Hause überhaupt war, wie es aussah, in welcher Gegend es lag. Es lag unter Bäumen und hinter einer dunklen Mauer. Es erinnerte an eine Burg. Und in den Zimmern herrschte Totenstille. Mehr wusste ich nicht.
    Ich erklärte ihr: Alles sei jetzt genau geplant. Jeder Tag, jede Nacht, jede Stunde, jeder Hubschrauberflug, jede Autofahrt … Dass mir das eine Hilfe und eine Stütze sei …
    Sie antwortete nicht.
    Dass es mir besser gehe als es vielleicht den Anschein habe.
    Sie sah das genau umgekehrt.
    Dass ich, falls sie das wünsche, nach dem Wahlkampf wieder in die Klinik zurückkehren könnte …
    Ihre Antwort: Die Klinik sei kein Hotel. Man könne nicht nach Belieben kommen und gehen. Man könne nicht einfach eine Behandlung abbrechen, einen Wahlkampf machen und dann wieder in die Klinik zurückkehren. Dass ich nach dem Wahlkampf womöglich noch weniger Zeit hätte als während des Wahlkampfes. Dass mein Leben als Ministerpräsident dann ein endloses Weiter So und Immer Weiter So sei …
    Auf dem Gang hörte man März, der nach mir suchen ließ. Wo ich sei? Er brauchte Unterschriften. Eine Pflegerin schickte ihn zu uns hinein. Frau Wolkenbauer empfing ihn unwillig. Sie sagte: Das sei ein Behandlungszimmer.
    Selbstverständlich, so März.
    Sie führe mit mir ein Arztgespräch.
    Jawohl, ein Arztgespräch, so März. Er setzte sich zu uns und fragte, ob es Neuigkeiten gebe?
    Die Neuigkeit, so Frau Wolkenbauer, dass ich dem Ministerpräsidenten soeben empfohlen habe, von seinen Ämtern zurückzutreten.
    Zurückzutreten?
    Aus gesundheitlichen Gründen.
    März schloss die Tür. Er fragte: Welche gesundheitlichen Gründe?
    Frau Wolkenbauer: Sie kennen die gesundheitlichen Gründe. Er ist nicht arbeitsfähig.
    März: Natürlich ist er arbeitsfähig.
    Wolkenbauer: Er hat gravierende Erinnerungslücken. Er leidet an verschiedenen Formen von Amnesie und dissoziativer Identitätsstörung …
    März: Ob man das auf Röntgenaufnahmen sehen könne?
    Wolkenbauer: Man erlebt es, wenn man mit ihm spricht.
    März: Er erlebe etwas völlig anders. Er erlebe mich ausgeruht, erwartungsvoll und zuversichtlich. Ein Rücktritt sei außer Frage.
    Wolkenbauer: Meine Kollegen und ich sehen das anders.
    März: Ich könne nicht zuerst monatelang im Krankenhaus liegen

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