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Der Ministerpräsident - ein Roman

Der Ministerpräsident - ein Roman

Titel: Der Ministerpräsident - ein Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klöpfer , Meyer GmbH , Co.KG
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versöhntes Warten, das Warten eines Menschen, dem bereits geholfen wurde, in vielen kleinen Handreichungen und Behandlungen. Er war noch nicht ganz gesund, aber auch nicht mehr schwer krank. Das glaubte ich zu sehen, obgleich ich ihn gar nicht wirklich sah. Ich wollte mich zu ihm setzen, doch ich tat es nicht. Ich wollte dieses Bild nicht stören. Jeden Moment würde eine Tür aufgehen, und ein Arzt könnte diesen Patienten hereinrufen und sich seiner annehmen. Um nichts auf der Welt wollte ich diesen Moment stören.
    Vor meinem Zimmer saßen nun zwei Sicherheitsbeamte. Als ich heraustrat, grüßten sie, indem sie salutierten. In den Wochen zuvor waren sie kaum zu sehen gewesen oder nur dann, wenn ich draußen spazieren ging oder mit Walter Fahrrad fuhr. Nun saßen sie direkt vor meinem Zimmer. Nach und nach wurde das Zimmer nun geräumt. Taschen und Koffer wurden für meine Abreise gepackt. Fast zwölf Wochen war dieses Zimmer mein Zuhause gewesen, hatte ich in diesem Zimmer gelegen, gesessen, gelesen, geschlafen, Blumensträuße gezählt, Akten studiert, mit Frau Wolkenbauer gesprochen, mich erinnert, mit Hannah Wörter geübt und mit ihr zusammen Musik gehört, und vieles mehr …
    März sprach von besenrein. Besenrein sollte mein Zimmer der Klinik übergeben werden. Mitarbeiter des Staatsministeriums trugen Computer und Faxgeräte nach draußen. Sie fegten und wischten. Das Zimmer sollte tadellos sauber sein, so sauber wie am Tag meiner Einlieferung. März saß bereits in einer Pressekonferenz im Foyer der Klinik, zusammen mit den leitenden Ärzten. Er sagte ihnen Dank für eine professionelle und vertrauensvolle Behandlung und Zusammenarbeit. Er betonte, dass meine Rekonvaleszenz mehr als zufriedenstellend verlaufen sei, dass der Ministerpräsident wieder in vollem Umfang einsatz- und arbeitsfähig sei, ja, er sogar ausgeruht und gestärkt aus den letzten Wochen hervorgehe, körperlich wie geistig und in jeder anderen Hinsicht. Er stellte fest, dass der Ministerpräsident mit Freude und voller Tatendrang dem Wahlkampf entgegensehe … Ich erlebte diese Sätze in meinem Zimmer am Fernseher. Ich spürte ihre Gewissheit am ganzen Körper. Entlassung von Claus Urspring. Live. So hieß die Sendung. März sprach, und die Ärzte nickten.
    Ein Journalist fragte den ärztlichen Direktor, welche Note er dem Gesundheitszustand des Ministerpräsidenten geben würde, und der Direktor sagte, nach einer kurzen Überlegung: Er würde mir ein gut geben. Doch das Wort gut, es klang aus dem Mund des ärztlichen Direktors nur schwach, fast zögerlich und grüblerisch. Er würde mir nur ein gut geben. Ob das alles sei? So die Blicke der Anwesenden. Weshalb März den ärztlichen Direktor nun unterbrach und das Wort gut selbst aussprach. Wie anders dieses Wort bei März klang. Beruhigender und zuversichtlicher. Er drehte und dehnte es in seinem Mund, so als wäre das Wort gut für meinen Gesundheitszustand noch viel zu schwach. Eine Untertreibung. Er sprach, je länger er sprach, von äußerst gut, über alle Maßen gut, sehr gut . Hätte er, März, hier Noten zu vergeben, er würde mir ein sehr gutes gut geben. Und er betonte sehr gut so stark, bis nur noch diese beiden Wörter zu hören waren, sehr gut , sehr gut, und nicht mehr das Wort gut. Er verschluckte dieses Wort. Er ging darüber hinweg. Gesundheitszustand: sehr gut . Und auch der Bildschirmtext des Fernsehers bestätigte: Gesundheitszustand des Ministerpräsidenten: sehr gut.
    Eine Pflegerin brachte mein Notizheft. Mit einem Gruß von Frau Wolkenbauer, die mir ausrichten ließ, dass ich das Notizheft nicht vergessen solle. Dass ich weiterhin aufschreiben möge, was mir auffällt oder einfällt; was ich verstehe oder auch nicht verstehe. Ich sollte das nach wie vor aufschreiben. Das ließ Frau Wolkenbauer mir ausrichten.
    Wie gerne ich sie noch einmal gesehen hätte. Doch sie kam nicht. Weder am Abend noch am nächsten Morgen. Ich hätte ihr gerne gesagt, dass es mir nun deutlich besser ging, dass ich mich in mancherlei Hinsicht auf den Wahlkampf sogar freute, dass der Wahlkampf im Übrigen nicht ewig dauern würde und dass ich nach dem Wahlkampf sie besuchen kommen, vielleicht sogar für einige Zeit wieder in der Klinik bleiben könnte – zu weiteren Untersuchungen und Behandlungen. März selbst hatte das in Aussicht gestellt. Er hatte eingeräumt, dass nach dem Wahlkampf vieles ruhiger werde, dass dann auch wieder Zeit für Gesundheitliches sei. Durchaus … Das und

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