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Der Ministerpräsident - ein Roman

Der Ministerpräsident - ein Roman

Titel: Der Ministerpräsident - ein Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klöpfer , Meyer GmbH , Co.KG
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Herr Minister. Es war Lena. Meine Lieblingspflegerin Lena. Sie brachte meinen Stock, den Herzog von Edinburgh-Stock. Ich hatte ihn vergessen. Und auch März hatte ihn vergessen. Er schien nichts mehr von dem Stock wissen zu wollen. Ich nahm den Stock entgegen und dankte Lena. Sie umarmte mich mit einer einzigen Bewegung. Dann machte sie einen Knicks und trat zurück. Die Rotoren des Hubschraubers begannen sich zu bewegen. März drängte einzusteigen. Wir schnallten uns an. März hob den Daumen. Er rief dem Piloten zu: Nichts wie weg. Der Motor wurde immer lauter. Die Ärzte wichen zur Seite. Fast sah es so aus, als würde der Wind der Rotoren sie wegfegen. Dann hoben wir ab. Man sah die Ärzte noch geduckt winken, und wir flogen davon, über die Bäume des Schwarzwaldes hinweg, Richtung Sonderparteitag. März atmete auf.
    Wohin mit all den Blumen? Sie lagen im ganzen Hubschrauber verstreut. Man konnte vor lauter Blumen kaum richtig sitzen. März öffnete ein Schiebefenster und warf sie nach draußen. Sie flogen über einen Schulhof hinweg. Und er zeigte, so als wollte er ablenken, nach vorne und sagte, die Stadt, die vor uns liege, das sei Rottweil. Ob die Stadt mir ein Begriff sei? Sie war mir kein Begriff. Und März erklärte: Das sei die älteste Stadt Baden-Württembergs. Rottweil. Sie lag in einer sonderbaren Schieflage auf einem dunklen Abhang. Als könnte sie jederzeit ins Tal rutschen. So alt und gebrechlich wirkte diese Stadt. Man sollte sie abstützen, sagte ich. Ich sagte das wie eine Dienstanweisung. Bitte abstützen! Doch März zeigte bereits auf weitere Orte und Landschaften, vielleicht um mir einen Überblick zu verschaffen, über unser Land. Er sagte: unser Land. Und nickte mir aufmunternd zu. Das ist es, hier ist es, unser Land. Dafür all die Mühen und der Wahlkampf. Für uns und unser Land. Und er schaute mich an: Ob ich nun endlich begreifen würde. Wofür das alles geschehe. Damit unser Land uns nicht verloren gehe. In falsche Hände gerate. Er zeigte auf Wälder und Seen. Im Hintergrund sah man bereits den bläulichen Dunst der Schwäbischen Alb, die Heimat von März. Er deutete auf einzelne Dörfer und Gehöfte. Da, seht nur. Und wir schauten nach unten, und er wirkte gerührt. Vielleicht weil er einen Schulweg wiedererkannte. Oder einen anderen Weg. Und er zeigte auf die Burg Hohenzollern. Sie war bereits zu sehen. Ist das nicht eine wunderschöne Burg? Das Inbild einer Burg. Wie man sich eine Burg schöner kaum vorstellen könne. Er sei mit dieser Burg aufgewachsen. Er habe diese Burg nachts von seinem Bett aus betrachtet. Er habe als Schüler im Angesicht dieser Burg Hausaufgaben gemacht. Er habe als Kind diese Burg gemalt. Und sie als Jugendlicher fotografiert. Sie in Teilen sogar als Modell nachgebaut.
    Unser Pilot umkreiste nun die Burg. März schaute abwechselnd auf die Burg und wieder zu mir. Als wollte er sagen: Seht nur diese Burg. Er hatte jetzt nur noch Augen für die Burg. Der Hubschrauber befand sich bereits in einem behutsamen Sinkflug. Wir schwebten nur noch wenige Meter über einer Wiese unterhalb der Burg. Die Burg selbst sei, so der Pilot, für eine Landung leider nicht geeignet. März zeigte aus dem Fenster: Seht nur all die Menschen. Sie wichen, je näher wir ihnen kamen, winkend zur Seite. Eine Blaskapelle spielte bereits. Sie stand geduckt im Wind des Hubschraubers. Die Musiker klammerten sich an ihre Instrumente. Sie wären sonst weggeweht worden. Dann setzten wir auf. Die Blaskapelle begann sich wieder zu ordnen und spielte weiter. Jemand öffnete die Tür des Hubschraubers. Schirme wurden aufgespannt, obgleich es gar nicht regnete. Doch März empfand es als wohltuend, unter aufgespannten Schirmen zu gehen. Wir gingen direkt zu unserem Wagen. Mein neuer Dienstwagen. Was ich dazu sagen würde, zu dem neuen Wagen? Ich sagte nichts, und wir stiegen ein und streckten die Beine und fuhren – an winkenden Kindern vorbei – eine steile Straße hinauf Richtung Burg, über eine Zugbrücke hinweg und durch Torbögen hindurch, in den Burghof hinein. Unsere Türen wurden geöffnet. Ich sollte aussteigen. Hände und Gesichter kamen mir entgegen. Eine weitere Blaskapelle fing an zu spielen. Sie spielte das Landeslied. Das Landeslied, flüsterte März mir mit eindringlichen Mundbewegungen zu. Wir nahmen Aufstellung. Wie bei einer Nationalhymne. März summte die Worte: Euer Land trägt Edelstein . Nach dem Landeslied spielte die Kapelle das Hohenzollernlied – daraufhin

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