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Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Brüste, kroch über ihren flachen Bauch und heftete sich auf ihr Geschlecht. Schlagartig begriff Judith, dass von diesem Mann Gefahr drohte - vielleicht nicht jetzt, vielleicht nicht heute, aber eines Tages bestimmt. So schnell sie konnte, raffte sie ihre Sachen zusammen und verbarg ihre Blöße.

2.
    Anfang Februar führte August das Pferd aus dem Stall, wuchtete sich in den Sattel und ritt stromabwärts. Unter den Hufen knirschte der Schnee.
    In den vergangenen Monaten hatte er sich möglichst unauffällig verhalten wollen. Deshalb hatte er auch die Spießgesellen wie räudige Köter vom Hof gejagt. Menschen dieses Schlages erzeugten einfach zu viel Lärm. Ihm war natürlich klar, dass ihn die Wiedergutmachung einiges kosten würde. Er tastete nach dem prallen Säckel, das ihm an einer Schnur vom Gürtel hing. Hoffentlich würden sie sich mit Geld begnügen!
    August ließ das Moorland hinter sich und ritt den Abhang
hinunter. In dem Seitenarm der Dreisam trieben Eisschollen. An einer seichten Stelle legte er sich auf den Sattel und peitschte das Pferd ans andere Ufer. Als er das städtische Vorland erreichte, ragte das Schloss in den aufgehenden Mond. Das Banner des Herzogs flatterte im Wind und signalisierte, dass Berthold von Zähringen auf seiner Stammburg war. Aus der Stadtmitte - zu Füßen des Schlossbergs - erhob sich das Freiburger Münster. Nachdem August den äußeren Wall passiert hatte, kam ihm eine zehnköpfige Gruppe auf Krücken entgegen. Die Gestalten trugen graue Umhänge mit Kapuzen. Als sie den Hufschlag hörten, traten sie an den Straßenrand. Einer schwang die Lazarusklapper, ein anderer schlug eine Glocke an. Die Aussätzigen!, dachte August erschrocken. Gab man ihnen nichts, so wurde man selbst Opfer der Lepra. Nervös fischte er ein paar Kupfermünzen aus dem Säckel und warf sie auf die Straße. »Hier, kauft euch was zu fressen!« Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie sich die entstellten Leiber über die Münzen beugten. Es geschah so lautlos, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief. Vorbei an der Hinrichtungsstätte erreichte August die Brücke. Zur Abschreckung steckten die abgeschlagenen Köpfe zweier Verbrecher auf Speeren. EineWache trat aus dem Schatten des Tores und stellte sich ihm in den Weg. Mit der Hand schob sich der Jüngling den flachen Helm aus der Stirn und stieß den Speer auf den Boden. »Wohin des Weges?«
    »Ich brauche keinen Leumund. Ich kenne deinen Hauptmann«, erwiderte August und stellte sich in den Steigbügeln auf. »He, Siegbert! Dein Waffenknecht versperrt mir den Weg!«
    Der bärtige Kopf des Hauptmanns erschien über der
hölzernen Schutzwehr des Wachturmes. »Das ist der freie Bauer aus Aue. Lass ihn passieren.«
    Mit dem Daumen zeigte August auf die Straße hinter sich. »Ich bin gerade an einer Gruppe Aussätziger vorbeigeritten. Kannst du mir mal verraten, warum ihr das Gesindel nicht aufknüpft?«
    »Wenn es nach mir ginge, könnten wir sie alle in der Dreisam ersäufen«, erwiderte der Hauptmann, »aber der Magistrat hat ihnen ein Spital errichtet und das Bettelrecht bekräftigt. Wo willst du eigentlich hin? Dich treibt es wohl zur Aderblauen und ihren Mädchen, was? Solltest dich aber in Acht nehmen. Ich glaube, dass Bengt nicht sonderlich gut auf dich zu sprechen ist.«
    »Danke für die Warnung«, sagte August und lenkte das Pferd in die Wallstraße, auf der Rückseite der Palisaden. Am Tage hatte das Schmelzwasser den Weg aufgeweicht. Um nicht im Kot zu versinken, hatten die Bürger Bretter und Wackersteine aneinandergereiht. Vor dem Bordell leinte August das Pferd an, strich sein Wams glatt und betrat den schummrigen Schankraum.
    Die Spießgesellen hockten in einer Ecke und beugten sich über eine Talgkerze. Eine Zeit lang flüsterten sie miteinander. Plötzlich stand einer auf und kam auf ihn zu. In Erwartung des Schmerzes ballte August die Hände zu Fäusten. Er war fest entschlossen, alles zu erdulden und keine Gegenwehr zu leisten. Der Hieb traf ihn in den Magen und raubte ihm die Luft. Ein anderer erhob sich vom Tisch. Sein Fausthieb erwischte August an der linken Schläfe und warf ihn zu Boden. Aus einer Platzwunde lief ihm Blut ins Auge, so dass er den Fuß nicht kommen sah, der ihn an der Schläfe traf.

    August krümmte sich im Dreck und spürte plötzlich, wie suchende Hände ihn abtasteten und das Säckel von seinem Gürtel schnitten. Mühevoll rappelte er sich auf und wankte durch den Schankraum. Vor seinem Blick

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