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Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem Selbstmitleid, so kapitulierte er vor den Herausforderungen des Lebens. »Friedrich der Schwarze hat mich gefordert, Herr. Der Herzog glaubt an mich. Deshalb habe ich in den Kampf eingewilligt.«

    Dankwart betrachtete seinen Sohn. »Das kann ich nachvollziehen. Ich hätte genauso gehandelt. Wenn du seiner Lanze nicht ausweichen kannst, halte das Schild seitlich, dann trifft dich nicht die volle Wucht des Aufpralls und die Lanze rutscht ab.«
    »Ich werde es beherzigen, Herr.«
    »Da bin ich mir sicher«, sagte Dankwart und klopfte ihm auf die Schulter.
    Auf dem Turnierplatz hielt sich der staufische Edelmann länger als seine Vorgänger. Schon dreimal waren er und der Schwarze gegeneinander angeritten. Nun hämmerten die Hufe erneut über den Grund. Das Pferd des Schwarzen war ein Kastilier. Diese Rasse war beliebt, weil die kräftigen Tiere den Reiter mitsamt Rüstung ohne Mühe trugen. Von der Tribüne ertönten Anfeuerungsrufe. In der Erwartung des Zusammenpralls sprangen einige Kinder auf der Stelle und drückten sich vor Aufregung die Fäuste gegen den Mund. Dann traf die Lanze des Schwarzen auf die Brust des staufischen Edelmannes und sein Leib wurde aus dem Sattel gehoben. Schild und Helm fielen von ihm ab, der Mann landete auf dem Steiß. Er konnte der Wucht des Aufpralls nichts entgegensetzen und krachte mit dem Hinterkopf auf den Boden.
    Der Schwarze riss sein Pferd herum, um einen neuerlichen Angriff zu reiten, aber der Mann blieb mit zuckenden Beinen liegen. Sein Knappe rannte zu ihm und beugte sich hinab. Dann ruderte er wild mit den Armen und rief nach dem medicus. Zwei Burschen kamen mit einer Bahre, an ihrer Seite lief Bruder Stephan. Unterdessen eilte der Ausrufer zu Friedrich dem Schwarzen und wechselte einige Worte mit ihm. Dann rannte er zurück zum Herzog
und machte den Blechbläsern ein Zeichen. Sofort ertönten die Posaunen.
    »Auch aus diesem Kampf geht Herr Friedrich als Sieger hervor«, rief er, als sie geendet hatten. »Ihm stehen Rüstung und Pferd des Geschlagenen zu. Um die Zuschauer nicht warten zu lassen, verzichtet Herr Friedrich auf eine Pause. Sogleich will er zum nächsten Kampf antreten. Aus dem Gefolge des Herzogs rufe ich Hartmann von Aue!«
     
    Als sich Hartmann den Helm auf den Kopf setzte, schmolz sein Blickfeld auf einen schmalen Schlitz zusammen. Burkhard half ihm in die Steigbügel. Hartmann vergewisserte sich, dass der Schild fest am Arm saß, griff nach den Zügeln und ließ sich die Lanze hochreichen. Er trat dem Pferd in die Flanken und ritt zur Tribüne.
    Berthold trat vor die Recken hin und griff ihnen ins Zaumzeug. »Friedrich, Hartmann, seid mir gegrüßt. Bevor ihr gegeneinander anreitet, will ich euch sagen, dass der Sieg alleine nicht zählt. Entscheidend ist die Art, wie er errungen wird. Deshalb hört nun die Regeln: Kein Mann darf einen Unbewaffneten schlagen. Ist diesem die Lanze aus der Hand gefallen und will er den Kampf fortsetzen, so muss ihm genügend Zeit eingeräumt werden, um sich eine neue Waffe zu beschaffen. Sind alle Lanzen aufgebraucht, wird der Kampf am Boden fortgesetzt. Auch hier gilt: Niemand darf einen Unbewaffneten schlagen. Streckt ein Mann die Waffen, ist der Kampf beendet. Und nun - viel Glück. Der Bessere soll gewinnen!«
    Berthold ließ das Zaumzeug des Schwarzen los und trat an Hartmanns Seite. »Friedrich ist ein Aasfresser«, flüsterte er. »Ich sähe es gar zu gerne, wenn du ihn aus dem
Sattel stechen würdest. Jetzt kannst du zeigen, was in dir steckt. Du reitest mit meinem Segen.«
    »Ich werde Euch nicht enttäuschen, Herr«, sagte Hartmann, lenkte das Pferd auf seine Seite und bezog Aufstellung. Sein Körper zitterte vor Erregung und Anspannung. Der gesamte Hochadel schaute auf ihn. Glücklicherweise blieb ihm nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken, denn schon trieb der Schwarze den Kastilier an. Die Brustmuskeln des Tieres blähten sich im Galopp auf. Wenn Hartmann dem Aufprall etwas entgegensetzen wollte, durfte er keine Zeit verlieren. Er stieß dem tanzenden Tier die Sporen in die Flanken. Der Rhythmus der Hufe verdichtete sich zu einem Trommelwirbel. Aus dem Publikum ertönte lautes Kreischen. Der Schwarze wurde immer größer; offenbar wollte er ihn auf der Schildseite angreifen. Gleich würde es zum Zusammenstoß kommen. Hartmann drückte die Schenkel zusammen, senkte die Lanze und zielte auf die Brust des Gegners. Plötzlich riss der Schwarze an den Zügeln und wich ihm nach rechts aus. Während Hartmann in

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