Der Minnesaenger
der Galopp ein wilder Tanz. Von einer wunderbaren Macht geborgen , dachte er und fühlte sich so leicht und schwerelos wie seit langem nicht mehr. Blitzschnell tauchte er unter Friedrichs Lanze weg und schlug ihm auf den Rücken. »Nur eine kleine Warnung, Herr Friedrich!«, rief er, bevor er das Pferd herumriss und es erneut antrieb. Er bemerkte nicht, dass Blut von seinem Eisenhandschuh tropfte. »Ihr wollt mein Schwert? Dann kommt und holt es Euch!«, rief er übermütig.
Später sollte es der Marschall seiner Unerfahrenheit zuschreiben, dass er die Lanze des Schwarzen, die frontal auf seinen Schild traf und ihn aus dem Sattel hob, nicht kommen sah. Wild ruderte er mit den Armen und fand keinen Halt; er hörte Entsetzensschreie, sah den blauen Himmel und plötzlich das grüne Gras. Dumpf war sein Körper auf den Boden geprallt. Alle Luft wich aus seiner Lunge. Wie ein Käfer lag er auf dem Rücken und rang nach Atem. Sein
Leib fühlte sich taub an, trotzdem gehorchten die Gliedmaßen seinen Befehlen. Nur auf die Beine! Los, es wird schon gehen!, sagte er sich. Er stand auf, wankte nach links, torkelte nach rechts, schwenkte den Kopf herum. Die Tribüne, die Zelte, Burkhard. Wo war der Schwarze?
Hartmann zog das Schwert aus der Scheide. »Wir sind noch nicht fertig! Kommt nur her!«, schrie er heiser und schwenkte die Waffe über dem Kopf, als er seinen Gegner in einiger Entfernung sah. »Glaubt Ihr, dass ich mich geschlagen gebe? Was ist los? Warum zögert Ihr? Habt Ihr etwa Angst? Ihr seid wohl ein Hasenfuß!« Da preschte der Schwarze auch schon los und senkte die Lanze. Auf diesen Moment hatte Hartmann gewartet. Er erinnerte sich an den Ratschlag seines Vaters und setzte alles auf eine Karte. »Kommt nur, Herr Friedrich. Kommt nur näher und zielt auf meine Brust!«
Den Bruchteil eines Augenblicks, bevor die Lanze ihn traf, drehte Hartmann den Oberkörper zur Seite und lenkte die Speerspitze mit dem Schild Richtung Boden ab, wo sie sich in die Erde bohrte. Das Ende steckte unter Friedrichs Achsel und katapultierte ihn aus dem Sattel. Hilflos stand er für einen Moment in der Luft und zappelte mit den Beinen. Dann schlug er scheppernd auf den Boden. Ein Raunen ging durchs Publikum. Stöhnend, lamentierend und jaulend kam der Schwarze auf die Füße. Vergebens versuchte er, den rechten Arm, der ihm schlaff von der Schulter hing, anzuheben. Schließlich zog er mit der linken Hand das Schwert aus der Scheide und schwang es ungelenk hin und her. Hartmann umkreiste ihn, sprang zu einer Scheinattacke vor und landete den ersten Treffer. Der Schwarze stöhnte und wich zurück. Hartmanns Hiebe
hagelten auf ihn ein; er war viel wendiger und trieb seinen Gegner schließlich gegen die Tribüne. »Gebt auf!«
»Niemals«, brüllte der Schwarze.
Hartmann zielte auf seine rechte Schulter und landete erneut einen Treffer. Das Geheul des Schwarzen war jämmerlich. Mit einem Schwertwirbel umspielte Hartmann die Klinge seines Gegners und zwang sie, seinen Bewegungen zu folgen. Dann flog die blitzende Waffe durch die Luft und mit sicherem Griff fing er sie auf. Völlig fassungslos taumelte Friedrich zurück; vergebens versuchte er, wieder auf die Beine zu kommen. Hartmann ließ von ihm ab. Als er sich mühsam davonschleppte, bemerkte er, wie Blut immer schneller von seinen Fingerspitzen tropfte. Plötzlich klapperten ihm die Zähne; seine Kehle war wie ausgedörrt.
Auf der Tribüne sprang der Herzog von seinem Thron und klatschte wild in die Hände, die Zuschauer wogten in bunten Wellen, ihre Münder öffneten und schlossen sich, offenbar jubelten sie ihm zu. Er musste sich zum Thron begeben, musste sich vor den Herzog hinknien. Wo war eigentlich Burkhard, wo sein Vater? Da hörte er im Rücken plötzlich ein Stampfen. Ein gewaltiger Schatten senkte sich über ihn und warf ihn zu Boden. Das Gewicht erdrückte ihn beinahe. Hartmann wehrte sich mit letzter Kraft, wälzte sich mit dem Schwarzen über den Boden. Eine Eisenfaust schlug nach ihm. Er konnte ihr ausweichen und stieß mit seiner Stirn mit voller Wucht gegen die rechte Schulter des Gegners.
Da packten zwei Burschen den Schwarzen bei den Armen und zogen ihn zurück. Jemand griff Hartmann unter die Achseln und half ihm auf die Beine. »Es ist nicht
vorbei, Bürschchen«, brüllte der Schwarze. »Es ist erst vorbei, wenn ich es sage. Lasst mich los! Lasst mich verdammt nochmal los! So leicht kommst du mir nicht davon, Grünschnabel. Hol dein Pferd, greif dir eine Lanze
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