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Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nässe und Frost besonders leicht angriffen, hatte Fäulnis das Holz befallen. »Das hat Zeit«, sagte er und richtete sich auf.
    »Die Herrin ist eine gute Frau«, sagte Leutfried. »Sie ist nur in Sorge!«
    Dankwart fröstelte. Die Nacht roch schon nach Herbst. »Wer hat dir erzählt, dass August der Ältere solche Parolen verbreitet?«
    »Es war einer der Bauern im Heimgarten. Andere fassten sich ein Herz und stimmten ihm zu. Wie es den Anschein hat, passt August die Bauern einzeln ab, um sie gegen Euch aufzustacheln.«
    »Vielleicht solltest du hierbleiben, um Heinrich beizustehen, wenn es Händel gibt.«
    »Ihr habt selbst gesagt, dass Augusts Worte Narretei sind. Außerdem kann ich Euch nicht alleine ziehen lassen. Mit Euch habe ich in Burgund gelegen. Mit Eurem Vater hab ich
gegen die Mailänder gekämpft. Herr, selbst wenn der freie Bauer etwas im Schilde führt - was sollte ich gegen ihn ausrichten? Wichtig ist, dass Ihr wieder heimkommt. Und wenn Ihr mich lasst, will ich meinen Beitrag dazu leisten.«
    Dankwart wusste, dass Leutfried Recht hatte. Er wusste auch, dass der Knecht ihm mit Zähigkeit zur Seite stehen würde. Reif und kampferprobt wie er war, würde er Tapferkeit nicht mit Tollkühnheit verwechseln.
    »Morgen erwartet uns ein anstrengender Tag!«, sagte Dankwart. »Geh jetzt schlafen!«

3.
    Am Abend des 5. Septembers schlugen unweit der Festung Tübingen zweitausend Bewaffnete ihr Lager auf. Bis an den Rand der Wälder brannten die Lagerfeuer, um die sich nach Stand und Herkunft Krieger versammelt hatten. Die Wölfe witterten das gebratene Fleisch und strichen durch das Unterholz. Ihr Geheul klang schauderhaft.
    Die zähringischen Ministerialen hockten in einer Senke, die Schutz vor den Ostwinden bot. Die Männer waren müde vom Marsch und berauscht vom Wein. Trotzdem spürte man deutlich, dass der geringste Anlass ausreichen würde, damit sie mit gezückten Dolchen aufeinander losgingen.
    Dankwart saß etwas abseits und starrte in die lodernden Flammen. Sie sind so unstet wie die Herzen der Menschen, dachte er. Warum begriff Agnes nicht, dass er anders sein wollte als die zahllosen Wendehälse? Warum erfüllte es sie nicht mit Stolz, dass er sein Handeln einer Idee unterordnete und sich zu dieser Idee auch in der Gefahr bekannte?
Seine Überlegungen ließen ihm keine Ruhe, und es dauerte noch lange, bis er sich in die grobe Wolldecke rollte und in einen traumlosen Schlaf sank.
    Die Festung Tübingen lag auf einem Bergsporn mit weiter Sicht. Ihre Eroberung musste gut vorbereitet werden. Am nächsten Morgen postierten sich zu beiden Seiten des Neckars Wachmannschaften, um die Burg von ihren Versorgungswegen abzuschneiden. In den Wäldern wurden Stämme gefällt, die mit Eisen beschlagen als Rammböcke dienten. Kundschafter spähten eine geeignete Stelle für den ersten Sturmangriff aus.
    Dankwart und Leutfried halfen dabei, ein Steinkatapult zusammenzusetzen. Werner von Schlatt, der zu den erfahrenen Kriegern unter den Ministerialen zählte und ein Kamerad Dankwarts war, gesellte sich zu ihnen. Eine rote Narbe verlief von seiner rechten Schläfe bis zum linken Ohr. Eines seiner Augen war durch den Schwertstreich erblindet und leuchtete in einem Weiß, das an die Milch junger Ziegen erinnerte.
    Als die Sonne den Zenit erreichte, legten sie Kettenhemden und Schwerter an und fanden sich zum Waffensegen ein. Leutfried blieb in den hinteren Reihen bei den Knappen und Knechten zurück. Im Schatten einer Rotbuche am Ufer des Neckars bauten die Messdiener einen Tragaltar auf und arrangierten die Reliquienbehältnisse. Von den Zinnen der Burg tönten Schmährufe herüber. Das Weidegras war längst abgetreten und die Füße wirbelten Staub auf.
    Der Bischof von Augsburg, ein Verbündeter des Welfen, ging in einem prachtvollen Gewand zum Altar. Dankwart und Werner von Schlatt knieten nieder. Beide hatten den Helm unter die Achsel geklemmt. Auf das Zeichen des Bischofs
erhoben sich alle wieder und die Predigt begann: »Brüder im Glauben, wir haben uns hier eingefunden, um nach dem Willen Gottes zu handeln, denn Hugo von Pfalzburg hat großes Unheil über das Schwabenland gebracht. Zieht eure Schwerter, damit ich sie segnen kann, damit ihr kämpft im Namen des Allmächtigen. Paritur pax bello - Der Friede wird durch Krieg gewonnen...«
    Jetzt kam der lateinische Teil, den Dankwart nicht verstand. Er sah sich um. Die Tatsache, dass er den Herzog nicht entdecken konnte, beunruhigte ihn.
    »Hast du bemerkt,

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