Der Minus-Mann
größtmöglicher Wucht wird diesem nun der Ball mitten in das Gesicht geworfen … dann der nächste.
Die Beamten setzen auf die Volltreffer ins Gesicht Zigarettenprämien. Verschwitzt und keuchend komme ich nach dem Spiel auf die Zelle. Der Beamte hat den Kleinen zu mir in den Haftraum gesperrt.
»Du kannst mir den Rücken waschen, los.«
Der Kleine seift mir den Rücken ein.
»Darf ich dich vorne auch einseifen?« fragt er.
»Meinetwegen, aber beweg dich«, sage ich.
Plötzlich kniet er vor mir, seine Hände umfassen behutsam mein Glied, er spitzt die Lippen und küßt die Eichel. Ich starre auf seinen Kopf, mein Schwanz wird hart, dann schließe ich die Augen. Mädchenlippen saugen an meinem Schwanz – Mädchenhände, zart, weich, spielen an meinen Eiern. Eine sengende Furche gräbt sich in mein Rückgrat – ich spritze wie ein Hydrant – ein Mädchen saugt und schluckt – und Scheiße, was soll’s, es war kein Mädchen, es war ein Junge … aber sein Mund ist eine Fut, eine wunderbare, weiche nasse heiße Fut. Sorgfältig spült er mir die Seife vom Körper, dann reibt er mich trocken.
»Graust dir vor mir?« fragt er und steht schmal und ängstlich neben der Türe.
»Warum soll mir vor dir grausen, wenn du etwas längere Haare hättest, würdest du noch mehr einem Mädchen ähnlich schauen – für mich bist du ein Mädchen«, sage ich.
»Aber ich bin kein Mädchen.«
»Hör mal zu, Kleiner, das weiß ich, aber vielleicht muß ich mir einreden, daß du eines bist, sonst würde ich für mich denken, ich sei schwul … und das bin ich nicht«, sage ich.
Tage verlaufen sich, Wochen reihen sich, werden Vergangenheit. Ich bin nun knapp ein Jahr in Haft … am 25. Juni werde ich Verhandlung haben. Aus der Anklageschrift ist nicht mehr von Mordversuch, sondern von schwerer Körperverletzung die Rede und von Morddrohung und einem halben Dutzend anderer Paragraphen.
Ich bin zuversichtlich, ich habe lange gewartet.
Zwei Beamte bringen mich nach Eisenstadt. Ich habe einen dunkelbraunen Anzug an, Krawatte und weißes Hemd. Handschellen an den Händen. Im Gerichtssaal werden mir die Spangen abgenommen, die beiden Beamten sitzen neben mir auf der Anklagebank.
Vor Betreten des Gerichtssaales habe ich kurz Mutter gesehen – ihr Gesicht war blaß und feierlich wie zu einer Beerdigung. Das Gericht betritt den Raum.
Der Vorsitzende ist ein älterer Mann mit gelangweiltem Gesichtsausdruck und schmalem Aristokratenkopf, der Beisitzende ist mein Untersuchungsrichter, die Schöffen farblose Statisten. Der Staatsanwalt, derselbe wie bei meiner ersten Verhandlung drei Jahre davor, ein scharfer, zynischer Neurotiker, immer bereit zu persönlichen Angriffen, dann ein Mädchen als Gerichtsstenografin. Und vor dem Richtertisch ein Platz für den Sachverständigen.
Der Vorsitzende eröffnet die Hauptverhandlung, die Anklage wird verlesen, dann ruft mich der Vorsitzende zur Aussage.
Ich kann nicht viel aussagen, da ich das meiste vergessen habe.
Der Staatsanwalt versucht einige Attacken gegen meine Glaubwürdigkeit, mein Rechtsanwalt, von meiner Mutter für mich engagiert, ebenfalls derselbe wie vor drei Jahren, gerät in einen hitzigen Wortwechsel mit dem Ankläger. Ich habe den Rechtsanwalt bis zu Beginn der Verhandlung nie zu Gesicht bekommen.
Ich habe mir aber darüber nie Gedanken gemacht.
Einige Gendarmeriebeamte werden dann als Zeugen vernommen, natürlich auch die drei Verhörspezialisten. Ihr Strammstehen, ihr Herumstottern zu den Fragen des Richters zeigen ein deutliches Schuldbewußtsein in dieser Sache.
Andere Zeugen werden verhört, dann betritt mein Vater den Raum. Ein Jahr habe ich ihn nicht gesehen. Er erscheint mir älter, um vieles älter, seine Haltung ist sehr aufrecht. Er sieht mich nicht an. Der Richter sagt zu ihm:
»Sie können sich der Aussage entschlagen.«
Der Vater antwortet:
»Ich möchte nicht aussagen … ich möchte nur«, alle im Gerichtssaal sehen ihn an, »… um ein mildes Urteil für meinen Sohn bitten.«
Er dreht sich um, mich hat er nicht angesehen, dann verläßt er den Raum. Er hat also gesiegt. Nichts hat sich verändert. Mutter kommt nach ihm, auch sie entschlägt sich der Aussage.
Warum hat der alte Herr das getan … er, der mir immer gepredigt hatte … ›ein Mann hat das durchzustehen, was er sich eingebrockt hat – ohne Gnade zu verlangen oder zu erwarten‹ – so hatte er es mir oftmals gesagt. War da eine Kette, die um mich gelegt werden sollte?
Unter den
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