Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
auschecken, für Koh Samui einchecken. Allein der Gedanke an seine alte Heimat lässt ihn weicher und sensibler werden. Ihn, den zielbewussten, verschlossenen, aber erfolgreichen Kicker aus dem Westen. Der Geruch dieses Landes lässt ihn wieder das Gefühl seiner Jugend empfinden, und das erfüllt ihn mit einer unbeschreiblichen Freude.
Das Zeichen zum Anschnallen ertönte, und die Boeing bewegte sich behäbig zur Startbahn. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass sich neben ihn eine alte Thailänderin gesetzt hatte. Sie lächelte ihn bescheiden, so wie es für dieses Volk typisch ist, an, und er begrüßte sie in ihrer Sprache.
Sie war ganz aus dem Häuschen. Ein Weißer, der ihre Sprache sprach. Marc erzählte ihr, dass er über sechzehn Jahre in ihrem Land gelebt hatte und dass er nun nach zehn Jahren seine Heimat besuchen wird. Sie hörte ihm ganz gebannt zu. Grundlos streichelte sie ihm plötzlich ganz zärtlich über sein Gesicht und sagte in ihrer offenen Art: »Du bist ein wunderschöner, lieber Mann.«
Marc wusste nicht, wie er reagieren sollte. Er war peinlich berührt. Aber die alte Dame lockerte diesen Augenblick mit einem so herzhaften Lachen auf, dass er einfach mitlachte.
Eine Stunde später wurde das Essen serviert. Marc ließ sich damit sehr lange Zeit. Er wollte diesen Moment zelebrieren. Besteck, das in Plastik gewickelt war. Die vielen kleinen Tiegel, die man aus Platzmangel nur vorsichtig öffnen konnte, wenn man seinen Nachbarn nicht vollklecksen wollte. Sein kleiner Kosmos, in dem er sich so wohlfühlte.
Langsam übermannte ihn eine wohlige Müdigkeit. Die überengagierte Stewardess, die den Slogan der Fluggesellschaft Service is our Success zu ernst nahm, nervte ihn. Er wollte nichts außer seiner Ruhe. Irgendwann aber fiel er in einen angenehmen Schlaf.
Irgendwo über Kasachstan erwachte Marc, als ihn seine Blase drückte. Er stieg ganz vorsichtig über die schlafende Thailänderin, um sie nicht zu wecken. Auf dem Weg zur Toilette blickte er sich um. Lauter schlafende Menschen. Einige von ihnen lasen noch. Vor der Toilette warteten ein paar Schlaftrunkene. Ein Mann erkannte ihn – leider – und klopfte ihm auf die Schulter. Gratulierte ihm zu seinen Leistungen in der vergangenen Saison. Marc war in seinen Träumen dermaßen weit weg gewesen, dass er den Mann anfangs gar nicht verstand. Doch dieser erzählte ihm unaufgefordert sein halbes Leben. Marc konnte sich kaum konzentrieren. Seine Blase war so voll, dass er befürchtete, bei den nächsten Turbulenzen einfach lospinkeln zu müssen.
Als er endlich die Klotür hinter sich zuknallen konnte, schaffte er es kaum noch, die Hose zu öffnen. Der Druck war so groß, dass es einige Sekunden dauerte, bis er endlich lospullern konnte. Dabei lehnte er sich mit dem Oberkörper an die Wand und betrachtete sich im Spiegel. Die Wärme, die er noch vom Schlaf spürte. Die innere Ruhe, die er, seit er das Flugzeug betreten hatte, fühlte. Die thailändische Sprache – all dies verursachte in ihm ein sinnliches, gutes Gefühl. Keine laute ekstatische, nein, eine stille, weiche Sinnlichkeit. Er begann, die Härchen unterhalb seines Nabels zu streicheln. Langsam glitt er mit seiner Hand über das T-Shirt und berührte seine Brustwarzen. In diesem Moment fühlte er sich schön. Aber nicht äußerlich. Nicht von außen, sondern innerlich. So schön, wie es ihm die alte Thailänderin gesagt hatte. Er begann, seinen Schwanz zu massieren. Er schlief mit diesem Augenblick. Mit der Ausgeglichenheit, mit der Wärme, mit der völligen Zufriedenheit …
Verwirrt und leer torkelte er zu seinem Platz zurück. Stieg leise über die alte Frau und kuschelte sich in sein Zwei-Quadratmeter-Nest. Er schlief sofort ein, eingehüllt in die Sehnsucht nach dem, was ihn in seiner alten Heimat erwartete.
Stickige Luft, Tausende Menschen, fremde Gerüche. Marc wartet auf den Anschlussflug nach Koh Samui. Die Art dieser Menschen hier streichelt seine Seele. Er weiß, dass dieses Land in ihm viel mehr lebt als Europa. Die Vorfreude, endlich nach Hause zu kommen, macht ihn unruhig.
Nichts als ein Meer von Kokospalmen. Jedes Mal wenn er hier landete, wunderte er sich, dass der Pilot es schaffte, die Landebahn zu finden. Denn es schien, als tauche das Flugzeug in einen Dschungel aus Palmen ein.
Er wusste, dass er abgeholt werden würde. Mari und Rachen werden auf ihn warten, zwei thailändische Freunde, mit denen er aufgewachsen war. Es könnte aber gut sein, dass er stundenlang
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