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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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werden Sie Englands Maler Nummer eins sein.«
    »Warum lehnen Sie mich dann jetzt ab?«
    Dixon seufzte ungeduldig. Er fand das Gespräch äußerst widerwärtig. »Wir sind derzeit nicht die passende Galerie für Ihre Arbeiten, Mr. Usher. Wie Sie wissen, sind wir spezialisiert auf Malerei und Bildhauerei des späten 19. Jahrhunderts. In unseren Galerien haben wir nur zwei lebende Künstler unter Vertrag, und die sind beide wohletabliert. Überdies entspricht Ihr Stil nicht dem unseren.«
    »Was, zum Teufel, soll das heißen?«
    Dixon erhob sich. »Mr. Usher, ich habe mich bemüht, meiner Abweisung mit höflichen Worten Ausdruck zu verleihen, und außerdem versucht, Ihnen meine Position auf plausible Weise zu erläutern, ohne verbale Schroffheiten oder gar Grobheiten -eine Rücksichtnahme, wie Sie sie mir wohl kaum zuteil werden lassen würden. Doch zwingen Sie mich zu ungeschminkter Offenheit. Gestern abend in der Belgrave haben Sie eine Szene von einzigartiger Peinlichkeit aufgeführt. Sie haben den Besitzer beleidigt und seine Gäste schockiert. Ich will keine derartige Szene bei Dixon. Guten Tag!«
    Peter stand auf, schob kampfbereit seinen Kopf vor. Er wollte etwas sagen, zögerte jedoch; machte dann auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.
    Er eilte durch den Gang, durchs Foyer, hinaus auf die Straße. Er schwang sich auf sein Fahrrad, setzte sich auf den Sattel, blickte hinauf zu den Fenstern.
    Er schrie: »Scheiß auch auf euch!« Und strampelte los. Er ließ seine Wut an den Pedalen aus, wild tretend und das Tempo immer mehr beschleunigend. Er ignorierte Verkehrsampeln und Verkehrsschilder, und an Kreuzungen fuhr er quer über Gehsteige hinweg, so daß die Passanten auseinanderstoben und hinter ihm her starrten: diesem Verrückten mit den fliegenden Haaren und dem langen Bart, der im Anzug eines Büromenschen steckte, jedoch für die Radweltmeisterschaft zu trainieren schien.
    Nach einer Weile radelte er, nicht weit von der Victoria Station, am Themseufer entlang, und sein Zorn war verraucht. Es war von Anfang an ein Fehler gewesen, sich mit dem Kunstestablishment einzulassen, überlegte er. Dixon hatte durchaus recht gehabt: Sein Stil war nicht deren Stil. Allerdings hatten die Aussichten seinerzeit etwas Verlockendes gehabt: Ein Vertrag mit einer der ultra-konservativen, aber auch ultrarespektablen Galerien schien dauerhafte Sicherheit zu bieten. Doch für einen jungen Maler war es eine schlechte Sache. Vielleicht hatte es sich auf seine Arbeit ausgewirkt.
    Er hätte bei den sogenannten Fringe-Galerien bleiben sollen, den kleinen, die von jungen Rebellen betrieben wurden: solche wie die Sixty-Nine, die mehrere Jahre lang eine revolutionäre Kraft gewesen war, ehe sie pleite ging.
    Irgend etwas zog ihn in Richtung King's Road, und plötzlich wurde ihm bewußt, was es war. Er hatte gehört, daß Julian Black, ein flüchtiger Bekannter aus der Zeit an der Kunstakademie, eine neue Galerie aufmachte, die Black Gallery heißen sollte. Julian war ein heller Kopf: unorthodox, ein Verächter herkömmlicher Kunsttraditionen, ein leidenschaftlicher Liebhaber der Malerei, wenngleich selbst als Maler ein hoffnungsloser Fall.
    Peter bremste vor einer Ladenfront. Die Fenster waren weiß übertüncht, und auf dem Gehsteig draußen lag ein Haufen Bretter. Auf einer Leiter stand ein Schildermaler, der damit beschäftigt war, den Namen zu pinseln. Zu lesen war: »The Black Gal...«
    Peter stellte sein Fahrrad ab. Julian war für ihn genau der richtige Mann. Zweifellos hielt er nach Malern Ausschau, und er würde sich freuen, einen so wohlbekannten Künstler wie Peter Usher an Land ziehen zu können.
    Die Tür war nicht verschlossen, und Peter trat über eine farbenbekleckste Plane hinweg ein. Die Wände des großen Raums waren weiß gestrichen, und ein Elektriker brachte an der Decke gerade Spotlights an. Ein weiterer Handwerker war dabei, Auslegware zurechtzuschneiden.
    Peter sah Julian sofort. Er stand nur ein kurzes Stück entfernt und sprach mit einer Frau, an deren Gesicht er sich vage erinnerte. Julian trug einen schwarzen Samtanzug und eine Fliege. Sein säuberlich geschnittenes Haar reichte ihm bis zu den Ohrläppchen, und sein Erscheinungsbild war irgendwie das eines adretten Schulabgängers.
    Als Peter eintrat, drehte er sich herum, einen Ausdruck höflichen Willkommens auf dem Gesicht, als wollte er sagen: »Kann ich Ihnen helfen?« Doch sein Gesichtsausdruck änderte sich sofort, als er den Ankömmling erkannte.

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