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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Whisky nach. Anne sagte: »Das kauf ich dir nicht ab. Es würde fast genausoviel Genie dazu gehören, ein großes Gemälde zu kopieren und das richtig hinzukriegen, wie für das Malen des Originals.«
    »Quatsch!« explodierte Mitch. »Ich werd's beweisen. Gebt mir eine Leinwand, und ich male euch in zwanzig Minuten einen Van Gogh.«
    »Er hat recht«, sagte Peter. »Ich könnte das auch.«
    »Aber nicht so schnell wie ich«, sagte Mitch.
    »Schneller.«
    »Okay«, sagte Mitch. Er stand auf. »Angetreten zum Meisterwerk-Rennen.«
    Peter sprang auf die Füße. »Topp, die Wette gilt. Und jetzt -zwei Blatt Papier - wir können keine Leinwand verschwenden.«
    Anne lachte. »Ihr seid beide verrückt.«
    Mitch pinnte zwei Blatt Papier an die Wand, während Peter zwei Paletten hervorholte.
    Mitch sagte: »Nenn einen Maler, Anne.«
    »Na, gut - Van Gogh.«
    »Gib uns einen Namen für das Bild.«
    »Hmm - Der Totengräber .«
    »Jetzt sage: Auf die Plätze, fertig, los.«
    »Auf die Plätze, fertig, los.«
    Wild begannen die beiden Männer zu malen. Peter entwarf die Umrisse eines Mannes, der sich auf eine Schaufel stützte, tupfte zu seinen Füßen etwas Gras hin und fing dann an, den Mann mit einer Art Overall zu bekleiden. Mitch begann mit dem Gesicht: Es war das Gesicht eines alten Bauern mit müden, gefurchten Zügen. Verblüfft sah Anne zu, wie die beiden Bilder immer mehr Gestalt annahmen.
    Sie brauchten beide mehr als zwanzig Minuten. Sie schienen völlig in ihre Arbeit vertieft, und einmal ging Peter sogar zum Bücherregal und öffnete ein Buch mit einer Farbskala.
    Mitchs Totengräber arbeitete sehr angestrengt; er drückte die Schaufel mit dem Fuß in den harten Erdboden, beugte dabei seinen massigen, ungelenken Körper vor. Mitch betrachtete sein Bild sehr aufmerksam, änderte hier, ergänzte dort, prüfte abermals mit kritischen Blicken.
    Peter pinselte am unteren Rand seines Blattes etwas Kleines, Schwarzes. Plötzlich rief Mitch: »Fertig!«
    Peter warf einen Blick auf Mitchs Blatt. »Schuft«, sagte er. Dann blickte er noch einmal hin. »Nein, du bist noch nicht fertig - die Signatur fehlt. Ha-hah!«
    »Mist, verdammter.« Mitch beugte sich vor und begann hastig mit der Signatur. Peter beendete seine Signatur. Anne lachte laut über das Paar.
    Beide traten im selben Augenblick einen Schritt zurück. »Ich habe gewonnen!« riefen sie wie aus einem Mund und schüttelten sich vor Gelächter.
    Anne klatschte in die Hände. »Also«, sagte sie, »falls wir mal gar nichts mehr zu beißen haben sollten, so könntet ihr vielleicht damit ein paar Krümel verdienen.«
    Peter lachte noch immer. »Das ist eine Idee«, brüllte er. Dann sahen er und Mitch einander an. Der Ausdruck ihrer Gesichter veränderte sich auf grotesk-komische Weise. Das breite Grinsen schrumpfte zusammen, und ihre Augen schienen leicht hervorzuquellen, während sie sich auf die beiden Bilder an der Wand richteten.
    Peters Stimme klang ruhig, kühl und sehr ernst, als er sagte: »Herr Jesus Christ, das ist wirklich eine Idee!«

4
    Julian Black war ein wenig nervös, als er das Zeitungsgebäude betrat. Er war in der letzten Zeit oft nervös: wegen der Galerie, wegen des Geldes, wegen Sarah, wegen Sarahs Familie. Was im Grunde alles zu ein und demselben Problemkreis gehörte.
    Er befand sich in einer imposanten marmornen Eingangshalle mit hoher Decke, von Fresken bedeckten Wänden und viel auf Hochglanz poliertem Messing. Irgendwie hatte Julian Black sich das ganz anders vorgestellt, emsiger, geschäftiger, von wimmelndem Leben erfüllt. Dies hier wirkte auf ihn eher wie das Foyer eines Edelbordells von anno dunnemals.
    Neben dem altmodischen Fahrstuhl in dem mit schmiedeeisernen Dekorationen verzierten Schacht befand sich eine Schautafel, auf der in goldenen Lettern stand, was in welcher Etage zu finden war. Das Gebäude beherbergte die Redaktionen einer Morgen- und einer Abendzeitung sowie diverser Zeitschriften und Magazine.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?« Neben Julian tauchte ein Uniformierter auf, eine Art Pförtner oder was immer.
    »Schon möglich«, erwiderte Julian. »Ich möchte zu Mr. Jack Best.«
    »Wenn Sie bitte eines unserer Formulare ausfüllen würden.«
    Verwirrt folgte Julian dem Mann zu einem Schreibtisch auf der einen Seite des Foyers. Er erhielt einen kleinen grünen Zettel, auf dem er zu vermerken hatte: a) seinen Namen; b) den Namen der Person, zu der er wollte; c) den Zweck seines Besuches. Wahrscheinlich, dachte

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