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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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er verständnisvoll, während er mit seinem goldenen Parker das Formular ausfüllte, war eine solche »Sichtung« ganz einfach unerläßlich. Vermutlich würden sonst Haufen von Spinnern die Redaktionen heimsuchen.
    War irgendwie ein befriedigendes Gefühl: das Privileg zu haben, mit Journalisten sprechen zu dürfen. Während er wartete, fragte er sich unwillkürlich, ob es klug war, hier persönlich zu erscheinen. Vielleicht wäre es besser gewesen, das Informationsmaterial für die Presse per Post herzuschicken. Nervös strich er sich übers Haar, straffte sein Jackett.
    Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der ihn überhaupt nichts nervös machen konnte. Das war inzwischen viele Jahre her. Auf der Schule war er ein As im Langlauf gewesen, außerdem Vertrauensschüler und Leiter des Debattier-Teams. Es schien ihm einfach unmöglich, nicht zu gewinnen. Dann hatte er sich der Kunst zugewandt. Eine unverständliche Entscheidung -völlig verrückt und irrational. Seither hatte er nur noch verloren. Der einzige »Preis«, den er gewonnen hatte, war Sarah; und als Triumph hatte sich das im nachhinein kaum erwiesen. Sie und ihre goldenen Parkers (auch der Parker, mit dem er den Zettel ausgefüllt hatte und der jetzt wieder in seiner Tasche steckte, war ja eigentlich ihrer), mit ihrem Gold, ihrem Mercedes, ihren Kleidern und ihrem gottverdammten Vater.
    Oben auf der Marmortreppe erschien ein Paar ausgelatschte Hush Puppies, die schlurfend von Stufe zu Stufe stiegen; ihnen folgte, wenn man so wollte, eine ungebügelte Hose aus grobem, braunem Stoff; und gleichzeitig glitt eine nikotinverfleck-te Hand das Messinggeländer herunter. Der Mann, den Julian Black jetzt ganz sehen konnte, war dünn und wirkte ziemlich ungeduldig. Er warf einen Blick auf den grünen Zettel in seiner Hand und näherte sich Julian.
    »Mr. Black?« fragte er.
    Julian streckte seine Hand vor. »Guten Tag, Mr. Best.«
    Best hob seine Hand zu seinem Gesicht und strich sich eine lange, schwarze Haarsträhne aus der Stirn. »Was kann ich für Sie tun?« fragte er.
    Julian drehte den Kopf. Best dachte offenbar nicht daran, Julian in sein Büro zu bitten oder auch nur, hier in der Halle, zum Platznehmen aufzufordern.
    »Ich werde in Kürze in der King's Road eine neue Galerie eröffnen«, sagte er und nahm dabei seine ganze Energie zusammen. »Als Kunstkritiker des London Magazin werden Sie natürlich zum Empfang eingeladen werden, aber ich habe mich gefragt, ob ich nicht schon vorher mit Ihnen über die Ziele der Galerie plaudern könnte.«
    Best nickte unverbindlich. Julian schwieg, um dem Mann Gelegenheit zu geben, ihn zu sich ins Büro zu bitten. Doch Best blieb stumm.
    »Nun«, fuhr Julian fort, »unsere Grundkonzeption besteht darin, uns nicht an eine bestimmte Schule oder Künstlergruppe zu binden, sondern die Wände freizuhalten für das, was man Randentwicklungen nennen könnte, Tendenzen von jener Art, die für die etablierten Galerien zu unorthodox sind: junge Künstler mit radikalen neuen Ideen.«
    Es entging Julian nicht, daß Best sich bereits zu langweilen begann.
    »Darf ich Sie zu einem Drink einladen - was sagen Sie dazu?«
    Best warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Die Pubs sind um diese Zeit geschlossen«, sagte er.
    »Ach so - hm, wie wär's mit einer Tasse Kaffee?«
    Best blickte wieder auf seine Uhr. »Wissen Sie, es wär' wohl das Vernünftigste, mit einem Gespräch zu warten, bis Sie wirklich eröffnen. Lassen Sie mir doch die Einladung zugehen samt Ihren Informationen für die Presse; und dann werden wir sehen, ob sich nicht was vereinbaren läßt.«
    »Oh. Nun ja, also gut«, sagte Julian. Er war wie vor den Kopf geschlagen.
    Best schüttelte ihm die Hand. »Vielen Dank, daß Sie hergekommen sind«, sagte er.
    »Keine Ursache.« Julian drehte sich um und ging hinaus.
    Während er der schmalen Seitenstraße in Richtung Fleet Street folgte, überlegte er, was er verkehrt gemacht hatte. Den Gedanken, sämtliche Londoner Kunstkritiker persönlich aufzusuchen, würde er sich noch einmal sehr sorgfältig durch den Kopf gehen lassen müssen. Vielleicht war es vernünftiger, sie anzuschreiben und eine kurze Abhandlung beizufügen: über das, was an Gedankengut hinter der Black Gallery steckte. Zum Empfang würden sie alle kommen - zum einen gab's ja Gratis-Drinks in Mengen, und außerdem würde ja auch die Konkurrenz dort sein.
    Gütiger Gott, hoffentlich würden sie zum Empfang kommen. Was für eine Katastrophe, falls sie nicht

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