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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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wandten sich die Gestalten so rasch ab, wie sie erschienen waren.
    Lewis blinzelte erneut. Ein Antlitz kam in sein Blickfeld, ein Männergesicht mit klaren, einnehmenden Zügen. Lewis glaubte, es schon einmal gesehen zu haben, schob den Gedanken aber wieder von sich, da es doch zu unauffällig und üblich schien.
    „Willkommen über der Erde, junger Herr“, sagte Johann Heinrich Krafft und l ä chelte.
    Dann sank Lewis ins Dunkel.

Achtes Kapitel
    In welchem in Gesichtern und anderem gelesen wird
    E inige Stunden später waren sie auf dem Rückweg nach Weimar. Lewis saß in trockener, geliehener Kleidung und in eine Decke gehüllt in einer Kutsche und nieste tüchtig. Ihm gegen über räkelte Goethe sich auf dem Polster. Dem hatte das kalte Bad im Bergwerksstollen nichts anhaben können, und er sah auch in den geborgten Kleidern passabler aus als Lewis, dem Hosen, Hemd und Rock um den Körper schlotterten. Der Engländer dachte an seine von Feuer und Wasser geschundenen Sachen, die in der Packkiste des Wagens ihrer Reinigung harrten, und hoffte, sie würden sich ebenso wiederherstellen lassen wie seine Gesundheit. Er nieste zum wiederholten Male.
    „Prosit“, sagte Goethe und runzelte die Stirn, als sich Lewis lautstark ins Taschentuch schnäuzte, so als würde er befürchten, der junge Engländer puste sich die Seele aus dem Leib. „Dafür, dass ich viel länger unten in den Fluten stand und Sie doch ein wenig jünger sind als ich ...“ Er brach ab, als Lewis’ Leidensmiene aus dem Tuch auftauchte. „Schon gut“, meinte Goethe, „ich schweige und bin froh, dass es so glimpflich ausging. Dem Himmel sei Dank, dass Krafft die infame Lüge Muntzers sogleich erkannte und die Bergleute zur Rettung antreiben konnte.“ Er schaute aus dem Seitenfenster, wo Krafft auf seinem Pferd neben der Kutsche her trabte und gut gelaunt auf einem Grashalm kaute. Die Pferde, die Goethe und Lewis auf dem Weg nach Ilmenau benutzt hatten, liefen angebunden hinter der Kutsche drein.
    Goethe wandte sich wieder an Lewis. „Wie ärgerlich nur, dass Muntzer entkommen konnte. Mit meinem Mantel und allem, was darin war!“ Er verzog den Mund, und Lewis versteckte das Antlitz wieder im Schnupftuch, um nicht zeigen zu müssen, wie leid er dieses Thema war. So ging das nun schon eine ganze Weile in schönster Regelmäßigkeit.
    „Aber“, fuhr Goethe fort, „den wird’s auch noch erwischen, ungeschoren kommt der keinesfalls davon.“
    „Dann“, ergänzte Lewis, und dabei näselte er ein wenig, „wird sich auch offenbaren, was er im Schilde führte, als ...“ Er nieste heftig.
    „Aber sicherlich!“, knurrte Goethe. „Wenn der Hundsfott erst einmal gefasst ist, dann ...“ Er brach ab, als Lewis scheinbar gar nicht mehr mit dem Niesen aufhören wollte. Schließlich sank der Engländer matt ins Polster zurück. Seine Lider schienen schwer, und er vermochte sie kaum offen zu halten.
    „Herrje!“ Goethe schaute mitleidig. „Was für eine Erkältung! Aber wir sind bald in Weimar, da stecken wir Sie ins warme Bett, und Sie kurieren sich richtig aus.“ Goethe überlegte. „Dann kommen Sie zu mir, auf einen Besuch, und ich bewirte Sie, dass Sie sich wie neugeboren fühlen, und anschließend, da es für Sie besser ist, sich demnächst in trockenen Räumen aufzuhalten, kommen Sie in den Mittwochsclub, und dort lernen Sie endlich den dicken Bode kennen, der sich sehr interessiert gezeigt hat an ...“
    Lewis hörte wie von Ferne, dass Goethe ohne Unterlass weiterplauderte. Die Kutsche rüttelte leicht, und er glaubte, auch das Klappern der Pferdehufe zu vernehmen, ab und an ein Lachen Kraffts, mit dem er dem Mann auf dem Kutschbock einen Scherz zuwarf, und dann konnte Lewis die Augen nicht mehr offen halten, und endlich überkam ihn der Schlaf.
    Irgendwann vor den Toren Weimars hatte sich Krafft verabschiedet und war in eine andere Richtung geritten. Lewis hatte er einen freundlichen Gruß und Wünsche mit auf den Weg gegeben und mit Goethe einige wissende Blicke und vage Andeutungen ausgetauscht. In der Stadt fuhr die Kutsche zunächst zu Goethes Haus am Frauenplan, und dort stieg der Geheimrat aus. Während Bedienstete die Pferde, auf denen sie zum Ort des Brandes geritten waren, fortführten, schaute Goethe noch einmal durch das Fenster in das Kutscheninnere.
    „Sie verzeihen, dass ich Sie nicht bis in die Jakobstraße begleite, aber mir steht der Sinn nicht so recht nach einer Plauderei mit Böttiger, die wahrscheinlich eher in ein

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