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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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auf, und Karl Böttiger erschien. Er blieb unter der Tür stehen und hob beide Arme. Von seinen Händen hingen kleine, graugefiederte Leiber. Er strahlte Eleonore und Lewis an, die beide erschrocken zusammengezuckt waren.
    „Seht! Täubchen! Die hat eben ein Bote vom Herrn Goethe überbracht, mit besten Wünschen für Herrn Lewis, da Täubchen doch eine so vortreffliche Krankenkost und Rekonvaleszenzspeise seien. Ich werde sie gleich Gine übergeben, und dann wird geschmaust!“
    Er blickte mit erhobenen Brauen von Lewis zu Eleonore und zurück. „Was ist? Es scheint, als hättet ihr einen Geist gesehen!“

    Nach einem von Eleonore verordneten Schlummer, in dem sich dem jungen Engländer Dinge offenbarten, die er nach dem Erwachen gnädig vergessen hatte, kleidete Lewis sich an und ging hinab ins Speisezimmer. Es schien, als habe die Eröffnung Eleonores ihn mit einem heilsamen Schock bedacht, denn er fühlte sich munter und kräftig. Die Täubchen, mit Blumenkohl und Karotten als Beilage, schmeckten ihm sehr und taten ihr Übriges. Während der Mahlzeit ließ Karl es sich nicht nehmen, in gewohntem Maße zu plaudern, während Eleonore versuchte, Lewis den einen oder anderen scheuen und doch verschwörerischen Blick zuzuwerfen. Er vermochte diesen, so gut es ging, auszuweichen, ohne allzu unhöflich zu erscheinen. Zumindest versagte er es sich, näher darauf einzugehen.
    „Sagen Sie, Herr Lewis“, wandte sich Böttiger bei der Nachspeise, einem zuckrigen Grießpudding, mit einer Unvermitteltheit an ihn, die Lewis zusammenzucken ließ, „nachdem es Ihnen wieder so erfreulich rasch bessergeht, gedenken Sie doch sicher Ihre literarischen Arbeiten wieder aufzunehmen, nicht wahr?“
    Lewis sah über den Löffel zu Böttiger hin und suchte in dessen Miene nach einem versteckten Hinweis, ob sich in dieser Frage vielleicht eine Spitze verbarg. Böttigers Antlitz sah jedoch so gesund aus, wie es stets nach einem Essen der Fall war.
    „Nun“, gab Lewis vorsichtig zurück, „natürlich möchte ich diese Ambitionen nicht vernachlässigen. Es käme mir im Übrigen durchaus gelegen, die kommenden Tage eher auf dem Zimmer zu verbringen. Ich will meine Gesundheit nicht herausfordern, und ich denke auch, mir kann hier nicht allzu viel begegnen, anders als in den vergangenen Tagen, wann immer ich das Haus verlassen habe.“ Er grinste ein wenig schief.
    „In der Tat!“, rief Böttiger. „Sie scheinen das Abenteuer nur so anzuziehen! Nun, dann lassen Sie die Abenteuer besser auf das Papier fließen! Was schwebt Ihnen denn vor?“
    Aus den Augenwinkeln sah Lewis, wie Eleonore sich kaum merklich vorbeugte.
    „Ich denke“, begann er langsam, um Zeit zu gewinnen, „dass ich mich an etwas Leichtem versuchen werde, einem Lustspiel vielleicht. Mir schwebt etwas über die Kolonien in Ostindien vor ...“
    „Ah! Dann kann ich Ihnen nur empfehlen, auch das Theater zu besuchen! Die Saison fängt bald an, und ich hörte, dass mit einem von Kotzebues Stücken eröffnet werden soll, dem Papagoy , wenn ich nicht irre!“
    „Ich werde diesen Rat gerne beherzigen, das Theater lag mir schon immer am Herzen, und weiterhin“, Lewis bemerkte, dass Eleonore Böttiger ein wenig enttäuscht dreinzublicken schien, „werde ich mich an Übersetzungen versuchen, mir gefallen da besonders der Erlkönig von Geheimrat Goethe und der Oberon von Herrn Wieland.“
    Lewis sah rasch von rechts nach links, als befürchte er versteckte Lauscher, und fuhr dann mit gesenkter Stimme fort: „Ich gedenke, diese Übersetzungen den Dichtern als ehrenvolles Geschenk anzueignen. Also bitte, verraten Sie dies nicht ...“
    „Niemals“, versetzte Böttiger in gleichfalls bedächtigem Tonfall. „Dieses Geheimnis bleibt bei mir sicher verwahrt!“ Er schaute zu Eleonore hinüber. „Auch meine Gemahlin kann so etwas für sich behalten, nicht wahr, meine Teuerste?“
    Eleonore nickte und wurde zugleich ein wenig rot, weswegen sie die Hand vor den Mund legte.
    „Ich bin auch sicher“, fügte Lewis hinzu, „dass gerade Herr Wieland eine gute Übersetzung zu schätzen weiß ...“
    Eleonore konnte ein Kichern gerade noch unterdrücken, wie Lewis an ihren Augen zu erkennen vermochte.
    „Oh ja“, tönte Böttiger, „vor allem seine eigenen! Er hat ...“
    „Ich bitte, mich zu entschuldigen“, presste Eleonore zwischen den Fingern hervor, die sie fest gegen die Lippen gedrückt hielt, und stand auf.
    „Ist dir unwohl?“, fragte Böttiger besorgt und erhob sich

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