Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
Vom Netzwerk:
gebracht.
    Bertuch begrüßte die beiden überschwänglich und führte sie zum Tisch, der mit einem hellen Leintuch bedeckt und mit Gläsern und Flaschen förmlich übersät war. Dazwischen standen Schalen mit Obst und Naschwerk und einige Windlichter, die zwar noch nicht entzündet waren, aber vermuten ließen, dass sich dieses Treffen bis über den Einbruch der Nacht hinziehen würde. Die beiden anderen Männer, der eine schmal, der andere untersetzt, schauten interessiert auf Lewis, während sie Wieland zunickten.
    „Herr Lewis“, begann Bertuch, „ich darf Ihnen zwei Herren vorstellen, von denen Sie schon gehört haben und die nun endlich zu treffen Sie sich glücklich schätzen dürfen!“
    „Ach, Bertuch, rede doch nicht so lange herum“, tönte der Dicke mit tiefem Bass und trat einen Schritt vor. Er war vermutlich in Wielands Alter, an die Sechzig, und kräftig gebaut. Als er lächelte, schoben sich seine Hängebacken beiderseits der dicken Nase nach oben, und die Augen, die von dichten Brauen überschattet und mit schweren Tränensäcken unterlegt waren, blickten freundlich – soweit dies die leicht hängenden Lider zuließen, die dem Mann das Aussehen eines melancholischen Schweißhundes gaben.
    „Johann Joachim Christoph Bode“, stellte er sich vor. „Erfreut, Sie kennenzulernen! Engländer sind mir stets ein liebes Volk gewesen, zumal was ihre humorvollen Dichter angeht.“
    Bode war in dunkles Violett gekleidet, einzig die helle, zweireihige Weste mit golden blitzenden Knöpfen schien etwas freundlicher. Sein Wesen war jedoch überaus einnehmend, und Lewis vermutete, dass Bode zu den leutseligen Genossen gehörte, sobald der Wein nur ausreichend geflossen war. Dennoch war er ihm sympathisch.
    „Sehr angenehm! Ich hoffe, ich kann meinen Landsleuten Ehre erweisen und erweise mich nicht als allzu scherzlos.“
    „Davon gehe ich aus!“ Er lachte so laut, dass aus einem nahen Gebüsch einige Sperlinge aufgeregt schimpfend aufstiegen und die Flucht ergriffen. „Ich hörte, sie seien der einen oder anderen Posse nicht abgeneigt.“
    Lewis warf einen Seitenblick auf Wieland, der unschuldig mit den Schultern zuckte und sich dann auf einen der Stühle setzte.
    Jetzt war der schmalere Mann hinzugetreten, der einen moosgrünen Rock trug, aus dessen Kragen sich ein schneeweißes Halstuch bauschte. Er hatte helles Haar und eine scharf konturierte Nase, einen energischen Mund und ein kräftiges Kinn, wodurch er auf Lewis sehr eindrucksvoll wirkte.
    „Das, Herr Lewis, ist“, begann Bertuch, der eine kleine Pause einlegte, als fürchte er, der Schmale werde ihm wie Bode die Vorstellung aus der Hand nehmen, „der Professor für Geschichte an der Salana, Johann Christoph Friedrich Schiller.“
    „Das ist die Universität drüben in Jena“, erläuterte Schiller und nickte Lewis zu. In seinen Augen blitzte es, aber Lewis war nicht sicher, ob dies Ausdruck eines leidenschaftlichen Geistes oder eines leichten Fiebers war. Vielleicht beides, dachte er.
    „Herr Schiller! Der Dichter der Räuber ! Wie überaus beeindruckend, Ihnen persönlich gegenüberzustehen – und auch jenes andere Theaterstück, über diesen Minister ...“
    „ Kabale und Liebe “, half Bertuch, und Schiller ließ es geschehen.
    „Wie schön“, sagte er, „dass Sie als Engländer dies kennen.“ Sein Ton war nun ein wenig schärfer. „Sie wissen sicher um die Umstände, die mich bewogen, über dieses Schandmal auf dem Gewand der Menschlichkeit zu schreiben. Menschenhandel!“ Er zog ein Gesicht, als wolle er ausspeien.
    Lewis versuchte, nicht auf diesen Angriff einzugehen. „Ja, ich habe mit Herrn Goethe einige Worte darüber gewechselt.“
    „So. Mit Geheimrat Goethe“, stieß Schiller hervor und zeigte die Zähne ein wenig. „Wie schade, dass er nicht hier sein kann, aber er muss ja vielmehr an einem Feldzug gegen Frankreich teilnehmen. Als wenn es in diesem Lande nicht genug ...“
    „Ist ja gut, Schiller“, murmelte Bode, nahm ihn kurzerhand beim Arm und bugsierte ihn zu einem der Stühle. „Wir wollen heute mal etwas leichtere Gesprächskost verzehren, zu Ehren unseres jungen Gastes.“
    Er winkte Lewis heran, während er dem sichtbar mit sich ringenden Schiller Wein einschenkte. „Hier, trink das“, sagte er halblaut und schob ihm dann eine Schale Klaräpfel hin, die hell schimmerten. „Wenn’s dich beruhigt, kannst du ja eine Nase voll hiervon nehmen.“
    „Nun denn!“, rief Bertuch, etwas peinlich berührt.

Weitere Kostenlose Bücher