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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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ebenfalls halb.
    „Nein, es ist alles bestens“, beschwichtigte Eleonore mühsam, „ich komme gleich zurück.“ Dann verließ sie den Raum, wobei sie Lewis im Vorbeigehen einen frechen Blick zuwarf. Hinter ihrer Hand konnte er ihre Mundwinkel zucken sehen.
    „Was hat sie nur?“, wunderte sich Böttiger und setzte sich wieder.
    „Ich weiß nicht“, log Lewis. „Vielleicht ist es ihr ein Bedürfnis, Gine für die Zubereitung der Täubchen zu loben.“
    „Oh, ja!“, strahlte Böttiger. „Die waren absolut vorzüglich, und dem Geheimrat gebührt ebenfalls Dank. Zu schade, dass ein Kompliment erst nach seiner Rückkehr möglich sein wird. “
    „Richtig“, meinte Lewis und lehnte sich zurück, froh, Böttiger auf andere Gedanken gebracht zu haben. „Aber ich werde ihm Freude bereiten, indem ich seiner Bitte nachkomme, beim Mittwochsclub vorstellig zu werden.“
    „Vorstellig werden!“ Böttiger lachte. „Das haben Sie schön gesagt! Wenn Sie dort sind, passen Sie auf, dass Sie der dicke Bode nicht aufs Korn nimmt! Der ist recht trocken und die Geißel der hiesigen Genies, immer mit Spott zur Hand.“
    „So, so“, machte Lewis und spitzte den Mund.
    „Wahrscheinlich hat er sich deshalb auch daran gemacht – Sie erwähnten ja eben das Übersetzen in andere Sprachen –, Montaignes Schriften aus dem Französischen zu übertragen. Sich dieses alten, launischen und überaus oft zynischen Sonderlings anzunehmen, sieht dem Bode ähnlich!“
    Lewis hob die Brauen.
    „Kennen Sie Montaigne? Ach, selbst wenn nicht! Unter dem alten, ehrwürdigen Rost schlummert so manche Unsauberkeit, so etwa im Kapitel über die Imagination. Dort ist von l’art de peter die Rede, was man gemeinhin – wie auch von Bode getan – mit Orgelei des Af...“
    In diesem Moment kam Eleonore wieder, und Böttiger brach rasch seine Rede ab und räusperte sich, wie um die letzten Spuren seiner Worte zu übertönen und gleichsam zu tilgen. Eleonores Wangen waren rot, als habe sie herzlich gelacht.
    „Es geht dir besser, wie es scheint!“, bemerkte Böttiger, der froh war, die beinahe aufgetretene Peinlichkeit unterbunden zu haben.
    „Ja“, entgegnete Eleonore, „ich musste nur kurz durchatmen.“ Sie lächelte die beiden Männer entschuldigend an, wobei ihr Blick einen Augenblick länger auf Lewis verweilte. Diesen berührte das ein wenig unangenehm, obwohl er zuvor bei der kleinen Posse mitgespielt hatte. Seine Scheu vor Eleonore kam wieder zu Tage, und er beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und auf sein Zimmer zu fliehen.
    „Ich“, sagte er deshalb, „werde mich nun wieder zurückziehen. Ich verspüre nach diesem opulenten Mahl ein wenig Müdigkeit und möchte ihr nachgeben, um Kräfte zu sammeln. Sowohl für die Arbeit als auch für den kommenden Abend mit den gebildeten Herren.“
    Er verabschiedete sich schnell, aber artig und verließ den gemütlich grüßenden Böttiger und dessen etwas enttäuscht dreinblickende Frau.

    Es schien Lewis seltsam, aber er merkte, wie er von nun an mit weniger Bangen an das fiebergeborene Manuskript dachte. Vielleicht war es die Gewissheit, nicht mit diesem allein zu sein, da er dessen Geheimnis – wenn auch unfreiwillig – nun mit Eleonore Böttiger und mit Christoph Martin Wieland teilte. Deshalb beschloss er, sich zunächst dessen Gedichtepos ’ Oberon anzunehmen und es ins Englische zu übertragen, wodurch er neben allen literarischen Gründen auch ein klein wenig Revanche zu nehmen versuchte. Diese Arbeit entrückte ihn in gänzlich andere Sphären und ließ ihn für einige Zeit alles Schreckliche, ob real oder ersonnen, vergessen. Auch Eleonore übte sich in gastgeberischer Zurückhaltung und beschränkte sich auf kurze Blicke und feines Lächeln.
    Dann war es Mittwoch, und gegen Abend wurde Lewis nach unten gerufen. Er warf seinen hellgrauen Rock über und stieg die Treppe hinunter. Draußen auf der Straße stand eine ihm allzu bekannte Kutsche, in deren Polstern eine Gestalt mit schwarzem Samtkäppchen saß.
    „Guten Abend, Herr Wieland“, grüßte Lewis freundlich, und der Angesprochene öffnete schmunzelnd den Wagenschlag. Er war wie schon zuvor in einen dunklen Rock gekleidet, der die Bequemlichkeit, die er seinem Träger bot, unzweideutig ausstrahlte, und wieder trug er Tuchstiefel.
    „Wieder darf ich Sie zu einer Fahrt einladen, Herr Lewis! Hoffen wir, dass es dieses Mal erfreulicher endet.“ Wielands helle Augen umkränzten Fältchen.
    Lewis nahm Platz und verzog leicht

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