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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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Wirkung verloren.
    „Das ist meine Aufgabe.“ Voigt hob stolz das Kinn. „Ich hätte Herrn Goethes Vorschlag nie zugestimmt, wenn ich Sie nicht ebenso wie er für diesen Auftrag für geeignet hielte.“ Voigt legte die Fingerspitzen aneinander und musterte Lewis darüber hinweg, als ziele er mit einem Pistolenlauf auf den Engländer. „Nun, wie lautet Ihre Antwort?“
    Lewis sah Voigt an und schüttelte leicht mit dem Kopf. „Was, wenn ich ablehne, bei diesem Spiel mitzuspielen?“, fragte er vorsichtig. Es war ihm, als könne der Grund, auf dem er sich bewegte, jeden Augenblick brüchig werden und sich auftun.
    „Aber nicht doch!“ Voigt lachte kalt auf, und seine Brauen tanzten über die Stirn. „Sie werden doch zumindest Herrn Goethe nichts abschlagen können, wo Sie sich doch so gut mit ihm verstehen ...“
    „Das mag Ihre Wahrnehmung der Dinge sein.“
    Bedächtig löste Voigt die Fingerspitzen voneinander und senkte die Hände in ruhiger Bewegung auf die Tischplatte. „... und wo er doch Ihr Leben gerettet hat, im Stollen zu Martinroda.“ Seine Handflächen hatten die Tischplatte erreicht. Gemächlich spreizte er die Finger.
    Lewis schien es, als suche Voigt Halt. War er auf Lewis’ Ablehnung nicht gefasst gewesen? Dann sollte es so sein.
    „Ich möchte anmerken, dass mich Herr Goethe erst in diese Gefahr für mein Leben gebracht hat!“ Lewis lächelte.
    Der Regierungsrat senkte Mundwinkel und Augenbrauen. Er beugte sich vor, und das Licht der Lampe gab ihm fast das gleiche dämonische Aussehen wie in der Ruine des Schlosses. „Herr Lewis“, begann er, und diese Anrede klang wie eine Drohung. „Ich möchte keine Druckmittel anwenden, aber vielleicht ist es für Sie eine Entscheidungshilfe, wenn ich dazu anmerken möchte, dass mir zurzeit, da sich der Herzog und Goethe auf der Kampagne in Frankreich befinden, die Regierungsgeschäfte obliegen. Wenn ich es für nötig erachten sollte, läge es in meiner Macht, Ihnen den weiteren Aufenthalt in Weimar unangenehm zu gestalten. Dazu müsste man nur die Ereignisse in Martinroda etwas anders schildern. Oder die Fakten nutzen, die Sie bei den Jenenser Studenten so überaus beliebt machen werden. Ich hörte, dass Sie keine sonderliche Affinität zu unterirdischen Gelassen haben ... und somit derartige Örtlichkeiten doch besser meiden sollten. Unsere Kerker sind nicht von der natürlichen Schönheit eines Stollens in gewachsenem Stein, und dort ist die Gesellschaft auch von anderer Art. Ich möchte sogar hinzufügen: Wenn man den Kerker nach einer Zeit, die sehr lange währen kann, wieder verlässt, heißt es nicht, dass man den Gang in die Freiheit antritt. Der Weg, der daraufhin folgt, kann kurz und endgültig sein. Er kann aber auch in weite Ferne führen und vor dem Ende viele Mühen bergen. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
    Lewis spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich und mit diesem all die Kraft und Zuversicht, die ihn zuvor erfüllt hatte. „Das haben Sie, Herr Regierungsrat“, entgegnete er leise.
    „Wie schön. Noch einen Arrak?“ Voigt hob die Flasche. Lewis schüttelte den Kopf, worauf Voigt die Achseln zuckte und sich selbst eingoss. Er nippte am Glas und stellte es befriedigt wieder ab.
    „Ich möchte Sie noch um etwas Anderes bitten. Da Sie sich so vorzüglich in der Weimarer Gesellschaft bewegen, könnten Sie auch dort die Ohren für mich offenhalten.“
    „Oh ...“, sagte Lewis schwach.
    Voigt zeigte sich finster belustigt, dann huschte ein feines Lächeln über sein Gesicht . Er bemühte sich sichtlich, seiner Stimme einen sanften Klang zu geben. „Schauen Sie, ich will ja gar nicht, dass Sie über Ihren Freund Herder berichten oder wen Sie sonst in dieser illustren Runde ins Herz geschlossen haben. Mich interessieren weder Wielands Narreteien noch irgendwelche freiheitlichen philosophischen Gedanken im Mittwochs-club. Das sind alles ehrbare Männer, die zum Geistesleben Weimars gehören und den Ruf unseres kunstsinnigen Landesvaters bereichern.“ Er beugte sich vor und sprach nun sehr nachdrücklich. „Nein, ich bin auf Verbrecher aus, will die aussieben, die nur scheinbar von französischer Freiheit reden, aber in Wirklichkeit eine Räteherrschaft einführen wollen, die für ihre politischen Irrlehren über Leichen gehen, die nicht mit dem Wort streiten, sondern mit dem Dolch.“
    Dieser plötzliche Wechsel im Ton verwirrte Lewis. Eben noch schien Voigt ihn unter Androhung von Leibesgefahr zu einem Spitzeldienst

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