Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
Weg!“
„Bitte sehr“, sagte Voigt und ging voran, nachdem er die Kerze gelöscht hatte.
Lewis folgte und ließ jetzt erst das Medaillon los, das er die ganze Zeit umkrampft hatte.
Die vier Männer marschierten aus dem Hof hinaus, ließen das schweigende Schloss hinter sich und überquerten den Vorplatz in Richtung Fürstenhaus. Lewis erkannte, dass es sich dabei um das Rote Schloss handelte, an dem er selbst schon bei Tage vorbeigegangen war. Der wuchtige, dreigeschossige Bau mit seinen Giebeln und Mansarden trug diesen Namen wegen seiner rotgetünchten Fassade.
Am Portal des Ostflügels entließ Voigt die beiden Männer, die daraufhin in der Dunkelheit verschwanden.
„Zwei Husaren aus der Garnison, die sich gern für diesen ... Spaß rekrutieren ließen“, erläuterte Voigt und zuckte wie zur Entschuldigung mit den Achseln. In Wirklichkeit jedoch schien es ihm gleichgültig zu sein.
„Jeder hat eine andere Ansicht von Spaß.“ Lewis machte sich nicht die Mühe, die Bitterkeit in seiner Stimme zu verbergen. „Die Goethes weicht von der meinen in gehörigem Maße ab.“
Voigt nickte und bedeutete Lewis einzutreten. Nach einigen Gängen und Treppen fanden sie sich in einem kleineren Raum ein, der kahl und amtlich wirkte und den ein Schreibtisch und offene Schränke voller Schriften und Aktenstücke beherrschten. Voigt entzündete die Lampe auf dem Tisch und bot Lewis einen der davorstehenden Stühle an, bevor er selbst dahinter Platz nahm.
Er bückte sich, öffnete eine leicht quietschende Tür im Tisch und beförderte eine dunkle Flasche und zwei Likörgläser hervor. „Arrak?“, fragte er.
„Gewiss!“ Lewis schien es verfehlt, mehr Höflichkeit an den Tag zu legen, als ihm selbst widerfahren war. Voigt goss ein und reichte Lewis eines der Gläser. Die Männer tranken ohne ein Wort. Dann setzte Lewis das Glas hart auf der Tischplatte ab.
„Herr Regierungsrat, bitte klären Sie mich nun darüber auf, was es mit dieser Posse auf sich hat.“ Lewis lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich nicht ängstlich oder besorgt, sondern allem, was nun folgen mochte, gewachsen.
Voigt räusperte sich und schob sein Glas neben die Flasche. „Herr Lewis“, begann er harsch, „ich will ohne Umschweife zur Sache kommen: Es gärt in dieser Stadt und in diesem Land.“
Lewis nickte und verkniff sich einen Kommentar.
Voigt schien es zu begrüßen, nicht unterbrochen zu werden und fuhr in gleicher Heftigkeit fort: „Es gibt Ränke und Machenschaften von Verbindungen, die darauf aus sind, die bestehenden Herrschaftssysteme zu zerschlagen und sich selbst an die Macht zu setzen.“
Lewis stieß ein kurzes, geringschätziges Lachen aus. „Sprechen Sie von den Bauern, die unter Fron und Abgaben leiden? Ich bezweifle, dass Sie von denen viel zu befürchten haben.“
Voigt blickte zunächst ungehalten, nickte dann aber anerkennend. „Ich sehe, Sie sind gut unterrichtet, obgleich Sie erst kurz in Weimar weilen. Man hat mir also nicht zu viel von Ihnen erzählt, was Ihren Scharfsinn und Ihre Auffassungsgabe angeht ...“
„Wollen Sie mir schmeicheln? Ich nehme dies mit Dank hin. Aber nun weiter, wenn Sie nicht schon alles gesagt haben.“ Lewis fühlte sich ausgezeichnet. Der Arrak hatte das letzte unangenehme Gefühl aus seinen Eingeweiden gebrannt, und er war sicher, in diesem Gespräch die Oberhand zu behalten. Er würde dem bitteren Ton Voigts mit eisiger Ruhe begegnen. Voigt würde Goethe Überraschendes über sein Rückgrat zu berichten wissen.
„Dennoch liegen Sie falsch!“ Voigt genoss es sichtlich, sein Lob mit Kritik fortzuwischen. „Es verhält sich anders. Die Gefahr droht nicht von planlosen Landmännern und Tagelöhnern, was ja auch ein lächerlicher Gedanke wäre!“ Voigt schnaubte verächtlich. „Vielmehr droht sie von jenen, die den Geist haben, gewisse Abnormitäten des Weltgeschehens aufzugreifen und weiterzuspinnen. Ich rede von der Studentenschaft, hauptsächlich der in Jena.“
Lewis erinnerte sich an die Dinge, die Schiller in Bertuchs Garten angesprochen hatte. „Auch das ist mir bekannt. Es geht um die Reglementierung des Duellwesens“, gab er lakonisch von sich.
„Fürwahr“, knarrte Voigt. „Sie sind ein denkwürdiger junger Mann, dafür, dass sie allein um der Sprache und der Dichtung willen hier in Weimar zu Besuch sind! Es ist richtig, die Studenten sehen in der Abschaffung des Duellwesens ihre akademische Freiheit
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