Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
Maske und Hut ab. Krafft warf die Larve verächtlich von sich und hielt dabei den Lauf ohne jedes Zittern auf Löber gerichtet.
„Weg mit dem Operationsmesser, oder ich schieße Sie nieder wie einen Hund. Toll sind Sie ja längst!“
Löber war konsterniert, die kalte Seelenruhe fiel von ihm ab. Das Skalpell klapperte auf den Boden, als er von Krafft zu Lewis und wieder zurückblickte. „Aber wie ...“, stammelte er.
Krafft lächelte grimmig. „Wie ich sagte, ich habe mich des Mannes angenommen. Er schwimmt nun in der Saale, und weder er noch Sie müssen sich darum sorgen, ob das kalte Wasser seiner Stimme bekommt.“
Dann wies er mit der freien Hand auf Löber. „Weg vom Tisch! Lewis, Sie nehmen das Skalpell und schneiden Herder los.“
Krafft ging langsam auf Löber zu, mit der Pistole auf dessen Brust zielend.
Lewis erhob sich genauso langsam und trat zitternd an Herder heran. Er versuchte, nicht auf die Verletzungen zu schauen, die Löber ihm beigebracht hatte. Herder rührte sich nicht, aber Lewis sah, wie sich seine Brust hob und senkte. Rasch warf er einen Blick zu den beiden Männern. Krafft hielt Löber noch immer in Schach, und im Antlitz des Magisters zuckte es. Lewis fand es erstaunlich, dass Löber keinen Ton von sich gab, es schien, als arbeite sein Verstand fieberhaft an einem Plan, aus dieser Lage zu entkommen.
Krafft rief, ohne Löber aus den Augen zu lassen, zu Lewis hinüber: „Zerschneiden Sie die Stricke und bringen Sie sie dann her, damit wir diesen Menschen binden können.“
Lewis nickte, obgleich er wusste, dass Krafft ihn nicht sehen konnte, und suchte auf dem Boden nach dem Operationsmesser. Er sah etwas Metallisches schimmern und bückte sich danach. Da nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr und drehte den Kopf ein wenig. Löber vollführte von Krafft unbemerkt eine rasche Wendung mit seinem Handgelenk, und zwischen seinen Fingern blitzte es auf. Lewis legte im selben Moment die tastende Hand auf das vermeintliche Skalpell, berührte Metall, zuckte zurück, weil er fürchtete, sich geschnitten zu haben, und erkannte, dass dort nur eine Pinzette lag.
Er warf den Kopf herum. „Er hat das Skalpell!“
Krafft zuckte zusammen, da fuhr auch schon die Hand des Magisters durch die Luft und schleuderte das Skalpell. Krafft schrie, und krachend löste sich der Schuss aus der Pistole. Glas klirrte, und als Lewis nicht mehr vom Feuerblitz und Pulverknall betäubt war, sah er, wie die beiden miteinander rangen. Die Pistole lag nutzlos am Boden, die Stiefel der Männer stießen sie hin und her. Ächzend wanden sich die Männer im harten Griff des jeweils anderen, und plötzlich schrie Krafft vor Schmerz auf. Lewis konnte erkennen, wie Löber das Skalpell, das in Kraffts linkem Oberarm steckte, ergriffen und herumgedreht hatte.
Im Reflex der Pein zuckte Kraffts Faust vor und traf Löber krachend im Gesicht.
Die Männer lösten sich voneinander und taumelten zurück. Krafft stürzte mit dem Rücken gegen die vorderste Bankreihe und stöhnte, während er mit der Hand das Skalpell umfasst hielt, das aus seinem Arm ragte. Mit aufeinandergepressten Zähnen zerrte er daran, riss es aus der Wunde, atmete scharf ein und zog dann seinen Degen.
Er sprang vor.
Löber war neben dem Hocker mit den Kleidungsstücken zu Boden gefallen, richtete sich nun halb auf und blickte hektisch umher. Dann sah er, was er suchte, und streckte die Hand nach dem Bündel von Hosen, Rock und Mänteln aus. Er zerrte seinen eigenen Degen hervor, riss ihn aus der Scheide, sprang auf und konnte gerade noch Kraffts Attacke auf ihn parieren.
Die beiden Männer fochten verbissen miteinander, nutzten jede Finte, die möglich war, und versuchten, einander gegen die Wände oder die Kerzenleuchter zu drängen. Lewis war wie hypnotisiert vom Klirren der Klingen, das in dem hohen Raum widerhallte und den Reflexen der Lichter auf dem hin und her blitzenden Metall.
Neben ihm jammerte es leise.
„O Gott, Herr Herder!“, rief Lewis und drehte sich zur Seite.
Herder war erwacht, bewegte langsam den Kopf und versuchte, Worte zu formen.
Lewis legte ihm nervös und unsicher die Hand auf die Schulter. „Sprechen Sie nicht, schonen Sie Ihre Kräfte.“
Er sah hektisch zu den Fesseln des jungen Herder und fluchte, dass er das Skalpell nicht zur Hand hatte, um diese zu zerschneiden. Da fiel ihm der Dolch ein, den er bei sich trug. Rasch griff er in seinen Rock und zerrte ihn heraus. Das Klirren der Degen und auch das
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