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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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stoßweise Atmen der kämpfenden Männer schienen näherzukommen, doch er wagte es nicht, zur Seite zu blicken. Stattdessen setzte er die Klinge an der ersten Fußfessel Herders an und durchtrennte sie. Dann die zweite.
    Herder versuchte, sich zu bewegen, wollte erneut etwas sagen, aber die Glieder und die Zunge versagten ihm den Dienst. Einer seiner Füße rutschte vom Tisch, und der Unterschenkel schwang von der Kante.
    Lewis zerschnitt Herders Handfesseln und legte dessen Arme von ihrer Position zu beiden Seiten des Hauptes neben dem Leib ab. Herder ächzte. Wer wusste, wie lang er in dieser Lage hatte verharren müssen?
    Lewis überlegte. Sollte er Herder aufhelfen und versuchen, ihn die Stufen hinab zum Ausgang zu schleppen? Das würde er kaum schaffen, und dann war da auch noch der Kampf der beiden Männer. Lewis sah aus dem Augenwinkel, wie einer der Kerzenständer umkippte und scheppernd zu Boden stürzte. Die Männer drangen noch immer verbissen aufeinander ein, und jeder schien in dem anderen einen gleichwertigen Gegner gefunden zu haben.
    Lewis sah sich hastig um. Gab es nicht noch eine zweite Pistole, konnte er Krafft nicht durch einen kühnen Schuss Hilfe leisten?
    Er sah, wie Herder auf dem Tisch bebte. Rasch entledigte Lewis sich seines Mantels und deckte Herder zu. Wenn er kämpfen musste, so wäre das Kleidungsstück ohnehin nur hinderlich. Er sah zu den Fechtenden hin, die bei ihrem Kampf den gesamten Raum durchmaßen. Gerade riss eine der Stoffbahnen aus ihrer Befestigung über den Fenstern und flatterte wie ein Totenvogel auf die Männer herab, die sich gegen die Wand geworfen und ungewollt daran gezerrt hatten. Beide konnten dem fallenden Tuch ausweichen, denn wem es für einen Lidschlag die Sicht genommen hätte, wäre unterlegen.
    Lewis begann zu hoffen – wenn jemand den Lichtschein zu später Stunde sah, käme dann Hilfe? Doch darauf konnte er nicht warten. Mit stetem Blick auf die Kämpfer schlich er zu dem Hocker mit dem Kleiderbündel hin. Er griff nach den Satteltaschen, öffnete sie und steckte die Hand hinein – und tatsächlich umschloss seine Faust den Griff einer Pistole. Rasch zog er sie hervor, prüfte, ob sich Pulver auf der Pfanne befand.
    Da klang hinter ihm ein Schrei auf, ein Schmerzenslaut Kraffts. Lewis wirbelte herum und sah Krafft fallen, von Löbers Degen durchbohrt. Er erstarrte.
    Löber riss den Kopf herum und warf Lewis einen flammenden Blick zu, dann setzte er mit langen Schritten auf diesen zu, den Degen vorgestreckt und mit einem dämonischen Heulen, das von seinen Lippen drang. Fieberhaft riss Lewis den Hahn der Pistole zurück, zielte auf den heranstürmenden Löber und wollte gerade abdrücken, als dessen Klingenspitze seine Hand traf und aufriss. In hohem Bogen flog die Pistole fort, über Löber hinweg und aus Lewis’ Sichtfeld.
    Dann spürte er die Degenspitze an seiner Kehle und den brennenden Blick Löbers in seinem Gesicht.
    Löber keuchte und schluckte. „Nun, Herr Lewis“, begann er, „es scheint, als hätten Sie auch mit tüchtiger Unterstützung Ihr Schicksal nur kurz aufhalten können.“
    Er lenkte Lewis mit der Klingenspitze zu der noch offenstehenden Falltür hin. Als Lewis’ Stiefelabsätze den Rand erreicht hatten, blieb Löber stehen.
    Lewis sah vorsichtig hinab, damit keine unbedachte Bewegung den Degen in seine Kehle trieb. In der Tiefe war es dunkel, und er glaubte, einen schwachen, aber dennoch ekligen Geruch wahrzunehmen. Er schaute wieder zu Löber zurück, und der verzog hasserfüllt den Mund. Aus einer Stirnwunde sickerte Blut über sein Gesicht, und der in der Nähe umgestürzte Leuchter beschien seine Züge mit flackerndem Licht.
    „Nun soll es zu Ende gehen.“
    Ohne den Degen von Lewis’ Kehle zu entfernen, holte Löber einen Dolch aus seiner Kleidung hervor und presste ihn gegen Lewis’ Bauch.
    „Auch wenn ich sie Ihnen nicht selbst zufügen kann, will ich Ihnen doch einige Stunden des Schmerzes nicht ersparen. Wenn Sie aufgeschlitzt da unten liegen, wird der Tod etwas auf sich warten lassen.“
    Er fletschte die Zähne, die vom Blut seiner durch Kraffts Schlag aufgesprungenen Lippen rot gefärbt waren. „Damit Sie nicht einsam zu Grunde gehen, werde ich Ihren Freund Herder gleichsam behandelt zu Ihnen hinabstoßen. Dann können Sie sich austauschen, wer die größeren Schmerzen leidet und wer am erbärmlichsten stirbt.“
    Er verstärkte den Druck auf den Dolch, und Lewis spürte, wie die Klinge durch seine Bekleidung

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