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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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grübelnd im Bett liegen konnte, und vielleicht ergab sich im Gespräch mit Goethe auch die eine oder andere Erklärung für das eine oder andere Rätsel.
    Er hatte daraufhin gemeinsam mit Herder versucht, Hardenberg dafür zu begeistern. Der war zunächst – ungewöhnlicherweise – etwas zögerlich gewesen. Er stünde doch erst am Beginn seiner dichterischen Laufbahn und scheue sich von daher, dem großen Geheimrat gegenüberzutreten, der vielleicht wenig gnädig sein mochte ...
    Lewis schaffte es schließlich doch noch, Hardenberg zu überzeugen. Dessen Vater hatte, wie Lewis in den langen Gesprächen, die die drei jungen Männer geführt hatten, bekannt geworden war, die Position des Direktors der kursächsischen Salinen inne, und Hardenberg spielte mit dem Gedanken, sich nach seinem Studium in Leipzig an der Bergakademie im sächsischen Freiberg einzuschreiben. Um diese Hinneigung zum Bergmännischen zu unterstützen – vor allem, weil sie Lewis wesentlich vernünftiger schien als die kurz währende Anwandlung Hardenbergs, dem Militär beizutreten –, wies er darauf hin, dass Goethe der Leiter der Bergbaukommission zu Weimar sei. Man könne also mühelos auch auf anderem Gebiet als dem der Dichtkunst Gespräche führen. Zumal Goethe zurzeit allem Poetischen sowieso abgeneigt schien. Seine Heimkehr vom Feldzug in Frankreich nach Weimar lag erst zwei Wochen zurück, und gewiss hatten die dortigen Erlebnisse ihr Übriges getan, dass der Geheimrat den Sinn des Daseins nur auf dem harten Boden der Realität zu finden glaubte.
    In einem vertraulichen Brief hatte Goethe Lewis mitgeteilt, es stünde in Weimar nicht zum Besten: Im Geheimen Konsilium sei man besorgt über all die unruhigen Köpfe, die, von der Pest der Revolution vergiftet, aufbegehrten und Zwietracht säten. Es würden feurige Reden auf den Plätzen gehalten, sogar Drohbriefe würden verfasst, und die Bevölkerung stimme den Rädelsführern zu, aufgestachelt und unzufrieden wegen der Getreideteuerung und der Branntweinsteuer.
    Goethe gestand, dass er zunächst gewillt gewesen war, mit harter Regierungsmacht einzuschreiten, doch Regierungsrat Voigt habe ihn von diesem Entschluss abgebracht. Der sei der Ansicht gewesen, man möge das Volk ruhig schreien und toben lassen – dadurch glaube es, wahre Freiheit zu genießen.
    Auch müsse er Lewis über etwas Weiteres unterrichten, damit dieser es nicht aus anderem Munde und vielleicht mit Angabe falscher Gründe erführe: Es sei nötig gewesen, den Generalsuperintendenten Herder mittels einer Summe Geldes mundtot zu machen. Durch die Zahlung eines hohen Betrages aus der herzoglichen Kasse als außerordentliches Surrogat, im Ganzen die Summe von zweihundertfünfzig Reichstalern, was dem Jahresgehalt eines Jenenser Professors entspräche, war ihm nahegelegt worden, sich daran zu erinnern, wer als sein wahrer Brotherr fungiere und weswegen er seine revolutionären Schriften abzumildern hätte, um weiteren Aufruhr in den Köpfen und somit Aufbegehren gegen die Obrigkeit zu vermeiden.
    Lewis solle dies erfahren, da er mit dem jungen Herder verkehre und somit besser um die Hintergründe wisse, falls es zu einem möglicherweise erregten und die Tatsachen verkehrenden Gespräch käme.
    All dies – weit irdischerer Natur als das Geheimnis des wiederauferstandenen Löber, jedoch nicht minder beunruhigend – war auf Lewis eingestürzt, nachdem er wieder aus seinem langen ohnmachtsähnlichen Zustand erwacht war. Es war ihm gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass es in den Gassen zu Tumulten und Aufläufen rund um wilde Redner käme, während er und die beiden anderen junge n Herren sich anschickten, den Jahreswechsel mit dem Geheimrat Goethe zu feiern. Aber andererseits schien es unnötig zu sein, sich ernsthaft den Kopf zu zerbrechen. Schließlich war das Weihnachtsfest beschaulich und besinnlich vorübergegangen, wie er hatte erfahren können. Goethe hatte recht behalten, als er sagte, dass sich selbst der aufbrausendste und von Freiheitsgedanken versprudelte Kopf am Heiligen Abend auf die wahren Werte besinnen würde. Er hatte zudem Lewis zugesichert, ihm eine Nachricht zu senden, sollte es zu unsicher auf den Weimarer Straßen werden und es demzufolge besser wäre, wenn ein jeder in seinen vier Wänden bliebe. Eine Feierlichkeit ließe sich auch ohne zwingendes Datum nachholen.
    So aber rumpelte die Kutsche mit den drei jungen Herren am Silvesterabend durch Weimar – mitten ins brodelnde Unheil. Der dumpfe Schlag

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