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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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teilte es mir mit. Die Männer, die Voigt in jener Nacht zum Bereinigen der Szenerie dorthin geschickt hatte, bargen den Körper und schafften ihn fort. Es soll noch schwaches Leben in ihm gewesen sein. Aber es hieß, er starb, und dann verliert sich die Spur.“
    Lewis schaute konsterniert. „Wie das?“
    „Es scheint, als habe einer der Männer Voigts den Körper verschwinden lassen und sei danach selbst untergetaucht. Ein Verräter möglicherweise. Man hörte nichts mehr von Löber, bis er mit einem Mal wie aus dem Grabe entstiegen vor dem Haus erschien und dich angriff.“
    „Also doch ...“, murmelte Lewis. „Es war kein Traum ...“
    „Ein Alptraum, ein fleischgewordener.“ Herder sah Lewis kummervoll an. „Es ist schrecklich, Matthew, aber wenigstens kannst du sicher sein, nicht unter Hirngespinsten zu leiden.“
    Lewis lachte bitter auf. „Wie trostreich! Mir wäre jede Ausgeburt meines kranken Geistes lieber als ein Mann, dessen Bedürfnis, mich zu töten, so groß ist, dass er sich noch in den letzten Zügen zu mir schleppt und mich angreift.“ Er krampfte die Finger ineinander. Dann ruckte sein Kopf hoch. „Aber wie konnte es geschehen, dass er sein blutgieriges Werk nicht zu Ende brachte? Dass ich hier sitze und lebe?“
    Herder lächelte kurz verlegen, dann blickte er wieder ernst. „Ich kam gerade nach Hause, sah dich auf der Straße mit einer Person in tödlichem Kampf verstrickt und eilte hinzu, um dir zu helfen.“
    „Aber Löber schien übermenschliche Stärke zu haben! Ist dir nichts geschehen?“
    Herder blickte nachdenklich, Lewis glaubte, auch ein wenig Verwunderung in seinen Zügen zu erkennen.
    „Das ist das Bizarre“, sagte Herder. „Noch ehe ich ihn hätte ergreifen können, brach er zusammen und riss dich mit zu Boden. Ich zerrte ihn von dir fort, sah im gleichen Atemzug, dass es sich um Löber handelte und erschrak. Ich war auf einen Angriff gefasst, hielt seine Reglosigkeit für eine Finte, doch dann begriff ich, dass er tot war.“
    Lewis riss die Augen auf. „Tot? Aber wie?“ Er stutzte. „Oh, gewiss, er muss sich irgendwo versteckt gehalten haben, auf einen unbedachten Moment von mir wartend, und dann, als er mich angriff, verbrauchte er die letzten Kräfte seines geschwächten Körpers und starb – an den Wunden, die er Tage zuvor erhalten hatte.“
    Herder schüttelte den Kopf. Er war blass, und Furcht sprach aus seinen Augen. „Nein. Als ich erkannte, dass von ihm keine Gefahr ausging, stieß ich ihn an, und er war kalt und leblos, als sei er schon lange Zeit tot. Alle Anzeichen wiesen darauf hin, und ich als angehender Arzt sollte es wissen.“
    „Aber was bedeutet dies alles?“, fragte Lewis bang, der jedoch schon Übles ahnte. Er erinnerte sich seines Alptraums von den erweckten Toten.
    Herder fuhr sich hilflos mit der Hand durchs Gesicht. „Es bedeutet, dass wir es mit Kräften zu tun haben, die unsere Vorstellungskraft übersteigen und dass es für uns ratsam wäre, diese nicht herauszufordern.“

Dreizehntes Kapitel
    In welchem sich Abgründe auftun
    D er einst dichte, schimmernd weiße Schnee, der sich in den Straßen Weimars getürmt hatte, war nun niedergetreten, beiseite gedrängt und hatte sich mit Staub und Dreck zu einer schmutzigen Masse verbunden. Er schien Lewis wie ein Spiegel der Ereignisse und Zustände in Weimar, denn was er hier sah, konnte nicht verschiedener sein von dem beschaulichen Musenstädtchen, das er in den vergangenen Monaten erlebt hatte.
    Es hatte sich schon angekündigt, als sie mit der Kutsche um die erste Kurve gefahren waren. Ein dumpfer Schlag gegen die Wandung hatte ihn, Herder und Hardenberg aus ihren überschwänglichen Begrüßungen, Wohlaufseinsbekundungen und der Wiedersehensfreude aufgeschreckt, die sie ausgetauscht hatten. Am frühen Abend waren die beiden anderen in Jena aufgebrochen, um Lewis im Haus der Böttigers abzuholen, um dann gemeinsam der Einladung Goethes nachzukommen, den Silvesterabend und Jahreswechsel in dessen Haus am Frauenplan zu verbringen. Goethe hatte in seinem Schreiben stolz verlauten lassen, dass die Umbauten und Einrichtungsarbeiten in seinem neuen Domizil nun zur Zufriedenheit abgeschlossen seien und er sich keinen schöneren Ort vorstellen könne, um wieder mit Lewis zusammenzutreffen. Lewis hatte diesen Vorschlag nach gutem Zureden der Böttigers angenommen, zudem war der freundlich-drängende Ton in Goethes Schreiben unmissverständlich gewesen. Lewis sah ein, dass er nicht länger

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