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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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können, auch Eure Spiegel zu zertrümmern, und geschickt, wie Ihr seid, habt ihr Goethen eine Träne und dem Herzog eine Abbitte abgerungen, indem Ihr daraufhin den Sterbenskranken markiertet.“
    Bertuch sah Herder fest ins Auge und ließ sich nicht anmerken, wie sehr dieser ihn verletzte. Lewis stand stocksteif daneben, hatte sein Lächeln verschluckt und wünschte, der Fußboden täte sich unter ihm auf, damit er dies nicht weiter mit anhören musste.
    Aber Herder sprach weiter, schlug sogar noch einen härteren Ton an, allerdings ohne dabei laut zu werden. „Geht jetzt besser, geht zu Goethe und belästigt diesen jungen Mann hier nicht mit Eurem Getue, damit er nicht verdorben wird.“
    Bertuch presste die Lippen aufeinander und wandte sich ab, ohne Lewis noch einmal anzusehen.
    Dann nahm Herder den jungen Engländer in Augenschein. Mit einem Mal wurde sein Tonfall sanft, beinahe salbungsvoll. „Du bist also der junge Lewis. In Weimar, um Sprache und Kultur zu lernen. Mein Sohn hat mir schon von dir erzählt. Du seiest klug und umgänglich, was gute Eigenschaften sind, und hier zu lernen wird dir auch gut bekommen, denn ich will’s dir offen sagen, gerade ins Gesicht, wie sich’s gehört, und ohne herumzukriechen: Ich habe einen großen Widerwillen gegen euch Engländer.“
    Lewis spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte. Da stand dieser dunkel gekleidete Mann, der soeben mit argen Worten Friedrich Justin Bertuch vergrault hatte, und nun ging er auch noch ihn an, ganz abgesehen davon, dass er ihn allzu vertraulich ansprach. Das sollte der liebenswürdige Mann sein, von dem Böttiger geschwärmt hatte?
    Herder wandte den Blick keinen Lidschlag von Lewis ab. „Ihr Engländer habt nicht die Anmut der Italiener oder der Schweden, ihr habt die Schwäche der nordischen Völker, die Worte faul und abgeschliffen auszusprechen, und ihr habt außer Shakespeare keinen Poeten hervorgebracht, weil ihr nur ungereimte Gedanken habt. Ihr könnt kein Bild in seiner Gesamtheit erfassen.“
    Lewis bebte. Was sollte nun noch kommen? Bei jedem der harten Worte Herders war er zusammengezuckt, und doch wollte er kaum glauben, wie ihm geschah.
    „Also sei aufmerksam, junger Engländer. Hier in Weimar kannst du lernen, was du brauchst. Arbeite hart und ...“
    Plötzlich drängte sich eine kleine Gestalt neben Lewis. Aus den Augenwinkeln sah er ein veilchenblaues Kleid und schloss kurz die Augen. Die Göchhausen. Das böse Weib hatte gewittert, in welcher Bedrängnis er war und war herangeeilt, um ihm den Rest zu geben. Er atmete schwach ein und ergab sich seinem Schicksal, als er ihre Stimme hörte, die für eine solch verwachsene Person sehr melodisch klang. Der Ton aber war schneidend.
    „Herr Herder! Haben Sie in unserem jungen Gast ein Opfer gefunden? Das sieht Ihnen ähnlich. Aber leider muss ich Sie bitten, von Ihrer Beute abzulassen und sich zur Herzoginmutter zu begeben. Sie verlangt nach Ihnen. Also denn, beeilen Sie sich!“
    Herder schien all die Spitzen überhört zu haben, denn er verzog keine Miene. Lewis bemerkte, wie sehr die Göchhausen die Anrede betont hatte, als wollte sie damit etwas Besonderes ausdrücken. Als sie die Herzogin erwähnte, wandte er sich zum Gehen, jedoch nicht, ohne Lewis noch einmal ernst anzublicken. „Arbeite hart und lerne!“ Dann ging er.
    „Amen“, schloss die Göchhausen spöttisch und feixte, was Lewis zunächst entsetzlich erschien, bei ihrem breiten Mund und ihrem vorspringenden Kinn, ihm aber in Anbetracht der Umstände dann doch ebenfalls ein Lächeln entlockte.
    „Sie Armer“, begann die Göchhausen. „Ausgerechnet heute mussten Sie hier zu Gast sein, heute, wo Herder wieder mal gar nicht gut gelaunt ist.“
    „Dann hasst er Engländer nur an manchen Tagen?“, fragte Lewis vorsichtig.
    Fräulein von Göchhausen lachte herzlich, aber damenhaft. „Nein“, sagte sie. „Er mag sie nie. Aber an manchen Tagen vermag er sich nicht zurückzuhalten. Bei den Treffen, zu denen der Kaufmann Gore samt Tochter anwesend ist, kann er seinen Ekel zügeln. Aus guten Gründen, denn ...“ Sie sah Lewis schalkhaft an. „Wie ich hörte, logieren Sie bei Böttiger. Somit muss ich mich nicht mit Klatsch befassen, ich denke, der Gymnasialdirektor wird Sie wohl aufgeklärt haben, was Emily Gore und unseren Herzog angeht ...“
    Lewis nickte. „Ich vermeine, mich an so etwas zu erinnern, in der Tat. Es fiel, glaube ich, in Zusammenhang mit dem Herrn Geheimrat Goethe ...“
    „Richtig, die

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