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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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energischer als zuvor aus der Kanzlei marschiert. Draußen hatte Hannah einen Moment besorgt nach den jungen Kerlen Ausschau gehalten, die ihr zuvor aufgefallen waren, doch sie entdeckte sie nirgendwo. Vermutlich hatte sie die Sache einfach falsch gedeutet, und das Getuschel der Kerle hatte gar nichts mit ihr und ihrem Vater zu tun gehabt. Jedenfalls hoffte sie das.
    Während sie über den Domplatz gingen, sagte Joseph: »Pah, was für ein herablassender Kerl! Aber gut, dass er uns wenigstens noch die Lagerware abnimmt. Natürlich ist es hart, wenn die Kanzlei als Kunde wegfällt, aber irgendwie werden wir das schon wettmachen. Muss ich eben neue Kunden finden. Das wird schon gelingen. Damit habe ich Erfahrung.«
    »Ja, Vater, und ich helfe Euch im Kontor, so viel ich kann, und nehme Euch Arbeit ab. Ihr dürft nicht den Mut verlieren.«
    Joseph blieb stehen und schaute sie lächelnd an. »Meine Tochter! Ich weiß, dass ich auf dich zählen kann. Du bist nicht nur gebildet und belesen, sondern auch eine ausgezeichnete Kauffrau. Das liegt dir im Blut.« Als sie weitergingen, sagte er: »Ich glaube nicht, dass die neue Strategie des Erzbischofs aufgehen wird. Die christlichen Patrizier sind überhaupt nicht an einem guten Verhältnis zum Bischof interessiert. Sie wollen, dass die Kirche sich ganz aus der Stadtpolitik heraushält und sie ungehindert schalten und walten lässt. Am liebsten würden sie Arnold und sein ganzes Domkapitel aus der Stadt verjagen. Und früher oder später werden sie das auch tun.«
    »Aber der Bischof hat doch viele Soldaten, Vater«, sagte Hannah. »Er ist den Geschlechtern militärisch überlegen.«
    »Im Moment ist das noch so«, erwiderte Joseph mit besorgter Miene, »aber die einflussreichen Patrizierfamilien, wie etwa die Hardefusts, die Quattermarts oder die Overstolzens, werden ständig wohlhabender und mächtiger. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich stark genug für eine offene Konfrontation mit dem Erzbischof fühlen.«
    Hannah fröstelte es bei dieser Aussicht. Sie fand die Vorstellung beängstigend, dass die reichen christlichen Kaufmannsfamilien, die sogenannten Geschlechter, in Köln die Alleinherrschaft übernehmen könnten. Für die Geschlechter waren die Juden lediglich lästige Konkurrenten, das hatten sie immer wieder deutlich zum Ausdruck gebracht. Nur das Erzbistum mit seinen Soldaten konnte den Juden Schutz und Rechtsfrieden garantieren.
    Auf dem Domplatz herrschte jetzt am Nachmittag ein reges Treiben. Fliegende Händler boten ihre Waren feil, und die Kölner und zahlreiche Besucher von nah und fern eilten geschäftig hierhin und dorthin. Auf einmal landete ein kostbar aussehender Lederhut vor Hannahs Füßen. Spontan, ohne großes Nachdenken, bückte sie sich und hob den Hut auf, um zu sehen, wer ihn verloren hatte.
    »Gemeine Diebin! Mir den Hut vom Kopf zu stehlen!«, rief plötzlich ein junger Mann und eilte dabei auf Hannah zu. Es waren noch andere junge Burschen bei ihm; sie waren gut gekleidet, sahen wohlhabend aus und waren ungefähr in Hannahs Alter. Hannah erkannte sie sofort wieder. Es waren die gleichen Burschen, die vorhin auf dem Domplatz zu ihnen herübergestarrt und miteinander geflüstert hatten.
    Joseph erbleichte. »Das ist Godefrid, der jüngste Sohn des Hildeger Hardefust – ausgerechnet – und eine Bande halbstarker Patriziersöhne. Überlass mir das Reden«, flüsterte ihr Vater ihr zu. Er wirkte plötzlich wieder schwach und zittrig.
    »Aber so ist das mit den Juden. Sie sind eben ein unehrliches Gesindel«, sagte Godefrid laut. »Man kann gar nicht genug auf der Hut vor ihnen sein.« Seine Kumpane lachten. »Na los, gib mir zurück, was du mir gestohlen hast, Jüdin!«
    Was bildete dieser unverschämte, großmäulige Kerl sich ein? Sie einfach des Diebstahls zu bezichtigen! Heftige Wut packte Hannah. Sie konnte nicht anders, ignorierte den Rat ihres Vaters und rief aufgebracht: »Ich habe den Hut nur aufgehoben! Ich bin keine Diebin!«
    Joseph legte ihr den Arm auf die Schulter. »Nicht«, zischte er.
    »Dann willst du am Ende wohl behaupten, ich hätte dir den Hut selber zugeworfen?«, fragte Godefrid Hardefust mit lauter Stimme und breitem Grinsen. Die anderen jungen Kerle lachten noch schallender.
    Natürlich war Hannah sich sicher, dass der junge Hardefust ihr seinen Hut zugeworfen hatte, um sie zu provozieren und anschließend vor seinen Kameraden verspotten zu können. Es waren kräftige junge Burschen, die keiner Rauferei

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