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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Volk ist angespannt. Und falls dann heute tatsächlich noch dieser Radulf auftaucht, von dem Anselm uns berichtet hat … Die Situation könnte außer Kontrolle geraten.«
    »Ausgeschlossen«, entgegnete Arnold. »Ich bin der Fürst, der Regent. Ich muss Standhaftigkeit und Entschlossenheit zeigen. Das Volk und vor allem die Patrizier würden es mir als Schwäche auslegen, wenn ich den Prozess verschieben würde. Das wäre ein schwerer politischer Fehler.«
    »Bei allem Respekt, Ihr dürft Eure militärische Stärke nicht überschätzen«, versuchte es der Seneschall erneut. »Wir verfügen über vierzig Reiter und fünfzig Fußsoldaten. Das ist eine ordentliche Streitmacht, gewiss. Aber Erzbischof Friedrich von Schwarzenberg standen dreimal so viele Reiter und Fußsoldaten zur Verfügung, als er seine militärischen Erfolge errang. Auf dem Domplatz strömt eine immer größer werdende Menschenmenge zusammen. Ich denke, wenn der Prozess nachher beginnt, werden es achthundert oder mehr sein. Wenn diese Masse entfesselt wird, können unsere Soldaten sie unmöglich bändigen, jedenfalls nicht ohne erhebliche Verluste. Noch ist Zeit, Eure Pläne zu ändern. Lasst uns die Häretiker im Palast aburteilen und dem Volk nur das Ergebnis mitteilen.«
    »Aus militärischer Sicht muss ich dem Herrn Seneschall recht geben«, sagte Anselm. Von seinem gestrigen Trinkgelage und den anderen Ausschweifungen merkte man ihm nicht das Geringste an. Er wirkte hellwach und konzentriert. »Beherrschbar ist diese Menschenmasse nicht, wenn sie der Raserei verfällt. Es bleibt uns dann nur die Möglichkeit, uns zum Palast zurückzuziehen, um uns zu verschanzen. Das Volk wird den Tod der Häretiker verlangen. Wenn ihm dieser Wunsch nicht erfüllt wird, könnte die Sache gefährlich werden.«
    »Verzeiht, Ihr Herren«, meldete sich Gilbert zu Wort, »etwas verstehe ich nicht. Was den Beschuldigten vorgeworfen wird, scheint mir weit weniger schlimm als manche andere Häresie, die mir zu Ohren gekommen ist. Warum sollte das Volk so erpicht darauf sein, diese Frauen und Männer sterben zu sehen?«
    »Nichts für ungut, werter Gilbert. Ihr mögt viel Zeit im Gebet und in der Bibliothek verbringen, aber Ihr wisst nicht, wie das Volk denkt«, sagte Anselm. Es klang ziemlich überheblich, und Konrad fand die Bemerkung unfair.
    Der Marschall fuhr fort: »Das Volk glaubt, dass die Häretiker Diener Satans sind, ja sogar, dass sie den Teufel nach Köln gebracht haben. Wenn sie nicht getötet werden, so fürchtet man, wird sich das Böse in der Stadt einnisten, zum Schaden aller.« Grinsend fügte er hinzu: »Boshafte Zungen werden natürlich behaupten, das sei längst geschehen. Vermutlich schon, als die Römer die Stadt gründeten.«
    Ein Lächeln huschte über Arnolds Gesicht. Offenbar gefiel ihm Anselms sarkastische Bemerkung. Dann hob er die Hand. »Schluss damit, meine Freunde und Berater! Ich danke Euch für Euren guten, ehrlichen Rat. Aber ich habe mich entschieden. Es ist ein alter Brauch in der Stadt, dass solche Prozesse öffentlich verhandelt werden. Das Volk versteht es als sein Recht, dabei zugegen zu sein. Es wäre unklug, ihm dieses Recht vorzuenthalten. Anselm, postiere fünfzehn Reiter und zwanzig Fußsoldaten auf dem Domplatz. Das wird schon genügen, um die Hitzköpfe im Publikum in Schach zu halten. Schließlich war das auch bisher immer so. Die übrigen Männer der Reiterei und des Fußvolks sollen im Palasthof in Bereitschaft stehen. Ihr wisst, dass ich kein Schwarzseher bin. Bestimmt wird alles besser über die Bühne gehen, als ihr denkt. Und dieser Radulf lässt sich vielleicht gar nicht in Köln blicken.«
    »Dann soll es so sein!«, rief Anselm. »Der Fürst und Bischof hat entschieden!«
    Konrad sah, wie der Seneschall einen verstohlenen Blick zum Himmel sandte und sich mit flatternden Fingern rasch bekreuzigte.
    Anselm erteilte mit fester, lauter Stimme die nötigen Befehle, um die Anweisungen Arnolds in die Tat umzusetzen. Dann begab sich der Bischof mit seinem Gefolge zur Tribüne auf dem Domplatz. Zu Konrads Überraschung war auch für ihn ein Platz dort vorgesehen. Er hatte erwartet, sich irgendwo im Hintergrund bei den einfachen Bediensteten aufhalten zu können, was ihm eigentlich viel lieber gewesen wäre. Der Erzbischof nahm ganz vorn Platz, in einem breiten, thronartigen Sessel. Unmittelbar hinter ihm saßen seine Berater: Arnold, Gilbert, Everwin und der Seneschall.
    Malachias wies Konrad einen Platz gleich hinter

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