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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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als wohltuend zu empfinden. Seine Haut prickelte und kribbelte auf ganz ungewohnte, aber nicht unangenehme Art. Als er schließlich von der Bank aufstand, fühlte er sich erwärmt und belebt. Nach kurzem Zögern legte er das Lendentuch ab und stieg zu Anselm in den Zuber, was durch zwei hölzerne Stufen erleichtert wurde. Im Zuber stand ein Schemel, auf dem Konrad Platz nehmen konnte. Nun saß er aufrecht, Anselm gegenüber, in dem warmen, nach Rosen duftenden Wasser.
    Anselm grinste. »Ich habe dir den Platz mit dem Rücken zur Wand überlassen, damit du das Geschehen hier in der Badestube beobachten kannst.«
    Konrad nickte, war aber zunächst völlig mit der ungewohnten Erfahrung beschäftigt, bis zur Brust in heißem Wasser zu sitzen. Er spürte, dass seine Angst unbegründet gewesen war. Gefährlich schien die Sache nicht zu sein. Im Gegenteil: Eine Welle der Entspannung durchströmte seinen Körper, und er konnte nicht anders, als wohlig zu seufzen.
    »Tut gut, nicht wahr?«, sagte Anselm.
    Aber wir sind nackt, das ist alles bestimmt sehr sündig, hätte Konrad am liebsten entgegnet, schwieg jedoch.
    »Wünschen die Herren zu speisen?«, fragte der Knecht.
    »Danke«, antwortete Anselm, »wir haben schon gegessen, aber bringe uns einen Krug von eurem besten Wein.«
    Während sein Körper sich immer mehr entspannte, ließ Konrad neugierig den Blick durch die Badestube schweifen. Zwei ältere und ziemlich wohlbeleibte Männer kamen aus dem Schwitzbad, und er fragte sich, ob es sich dabei wohl um den Prälaten und den Kanoniker handelte. Doch wenn der Mensch nur mit einem Lendentuch bekleidet war, sah man ihm seinen Stand nicht an.
    Der Knecht brachte einen Weinkrug und schenkte ihnen ein. Anselm trank in kräftigen Zügen, doch Konrad nippte nur an seinem Becher. Er wusste, dass er nicht viel vertrug, und wollte auf keinen Fall, dass der Wein ihn außer Gefecht setzte – schon gar nicht hier, an diesem sonderbaren Ort.
    In dem Zuber links von ihnen saßen ein Mann ungefähr in Anselms Alter und eine vielleicht zehn Jahre jüngere Frau. Zu ihren Gunsten nahm Konrad an, dass es sich um Eheleute handelte. Aber sicher war er sich dessen nicht. Der Mann beugte sich vor und flüsterte der Frau etwas zu, das Konrad nicht verstand. Sie warf den Kopf zurück und lachte schallend. Er goss ihr Wein ein, und sie prosteten einander zu.
    Aus einem weiteren Durchgang, den er bislang nicht bemerkt hatte, traten zwei junge Frauen und schlenderten durch die Badestube in Richtung Vorraum. Die eine war von schlanker, zierlicher Gestalt, die andere sehr rund und üppig, fast schon fett. Sie hatten die Gesichter bemalt, etwas, das Konrad noch nie gesehen hatte. Da waren sonderbar schillernde Farbschattierungen um ihre Augen und eine künstlich wirkende Röte auf den Wangen. Ihre langen Haare, bei der Üppigen schwarz, bei der Zierlichen blond, waren hoch aufgesteckt und nicht unter Kopftüchern verborgen wie bei den Bademägden. Und doch hatte Konrad den Eindruck, dass sie keine Gäste waren, sondern zu den Bediensteten gehörten, was vielleicht an der vertrauten Art lag, wie sie den Knechten zunickten. Statt der dünnen Badehemden der Mägde trugen sie edel wirkende rote Umhänge, ebenfalls aus ziemlich dünnem Stoff.
    »Was sind denn das für Frauen?«, flüsterte er Anselm zu.
    Der drehte sich ganz ungeniert nach ihnen um, wandte sich wieder Konrad zu und antwortete leise: »Oh, das sind Hübscherinnen, die hier im Badehaus ihrer Arbeit nachgehen.«
    Diesen Ausdruck hatte Konrad noch nie gehört. Als Anselm seinen fragenden Blick bemerkte, setzte er hinzu: »Dirnen. Hübscherinnen nennt man sie, weil sie sich für ihre Kunden hübsch herausputzen, was für brave Ehefrauen ja als unschicklich gilt.« Er grinste. »Der Bader hier hat diesbezüglich eine glückliche Hand. Oder was glaubst du, warum dieses Badehaus unter Geistlichen so beliebt ist?«
    Konrad blieb beinahe die Luft weg. Fast wäre er aufgesprungen und aus diesem Ort der Sünde geflüchtet. »Dann … dann sind alle diese schlimmen Geschichten wahr, die im Kloster über Badehäuser erzählt wurden!«
    »Ach, mein Junge, du musst noch viel über die wirkliche Welt draußen lernen. Gerade wir Kleriker predigen gerne das eine und tun das andere.«
    »Ihr … Ihr meint, sogar ein frommer, ehrenwerter Mönch wie Abt Balduin hätte …«
    Anselm kratzte sich an seiner dichtbehaarten Brust und zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht. Als ich ihn kennenlernte, war er dafür

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