Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
Jungen, und der Mann unterhielt sich mit seinem älteren Sohn, als sei der Aufenthalt hier die natürlichste Sache der Welt.
    Zusammen mit einem Knecht, der zwei dampfende Wassereimer schleppte, betraten sie den nächsten Raum. Konrad ließ, halb fasziniert, halb angewidert, den Blick schweifen. Auf der einen Seite des Raumes standen aufgereiht sechs hölzerne Badezuber, jeder so groß, dass zwei Menschen darin bequem sitzen konnten. Fünf Zuber waren belegt. In einem saßen zwei Frauen, in zweien ein Mann und eine Frau und in den anderen beiden jeweils zwei Männer. Alle Badenden schienen guter Dinge zu sein und unterhielten sich angeregt. Oben auf jedem Zuber lag zwischen den beiden Badegästen, die einander nackt im Wasser gegenübersaßen, ein Brett. Darauf standen Weinkrüge und verschiedene Speisen: Stockfisch, Brot und kandierte Früchte.
    Auf einer Bank an der anderen Seite des Raumes saßen eine Frau und drei Männer und ließen sich vom Bader und einem seiner Knechte schröpfen. In einem Miniatur-Badezuber, den man neben die Frau gestellt hatte, planschte ein kleines Kind herum, dem die Frau – vermutlich seine Mutter – immer wieder den Kopf tätschelte. Auf einem Schemel saß ein älterer Mann mit hagerem, ausgezehrt wirkendem Körper, ebenfalls bis auf das Lendentuch nackt, und ließ sich von einem Baderknecht den Bart scheren.
    Anselm und Konrad setzten sich ebenfalls auf zwei herumstehende Schemel, da sie einen Moment warten mussten, während ein Knecht den freien Zuber reinigte. Konrad hatte sich sein ganzes Leben lang immer nur an einer kleinen Schüssel mit kaltem Wasser gewaschen und fragte sich, was es wohl für ein Gefühl war, in einen so großen Zuber, gefüllt mit warmem Wasser, zu steigen. Er fragte sich, ob es gefährlich war, sündhaft? Aber er wusste, dass seine Neugierde ihn zwingen würde, es auszuprobieren. Er konnte gar nicht anders. Herr, vergib mir, betete er im Stillen, aber es wird seinen Sinn haben, dass du mich hierher geführt hast.
    In der Ecke gab es einen schmalen, durch einen schweren Vorhang abgeteilten Durchgang. Über dem Vorhang quollen dicke Dampfschwaden hervor, die unter der hohen Decke der Badestube wabernd dahintrieben wie Flussnebel. Der Vorhang wurde zurückgeschlagen, und eine junge Frau und ein junger Mann kamen aus dem Raum dahinter, in dem Konrad nichts erkennen konnte außer dichtem Dampf. Sie waren beide sichtlich vergnügt und ließen sich von einer Bademagd mit kaltem Wasser übergießen, wobei die junge Frau fröhlich kreischte und kicherte. Beschämt, aber ohne den Blick abwenden zu können, sah Konrad ihre hüpfenden nackten Brüste. Anschließend rieben sich die beiden jungen Leute gegenseitig mit einem großen Tuch ihre kräftig gerötete Haut trocken und unterhielten sich dabei lachend. Hand in Hand gingen sie aus der Badestube hinaus in den Vorraum.
    Konrad zeigte auf den Vorhang. »Was geschieht dahinter?«
    »Dort ist das Schwitzbad«, erklärte Anselm. »Wasser wird auf die heißen Ofensteine geschüttet. Der Dampf öffnet die Poren und reinigt die Atemwege, und der anschließende Kaltwasserguss ist sehr anregend und erfrischend. Das Ganze harmonisiert die Körpersäfte und vertreibt Krankheiten.«
    Der Badeknecht, der den Zuber gesäubert hatte, winkte und zeigte auf eine davorstehende Holzbank. »Na, dann mache ich mal den Anfang«, sagte Anselm und legte sich bäuchlings auf die Bank. Inzwischen füllten zwei andere Knechte den Zuber mit heißem Wasser. Anselms ganze Rückseite wurde kräftig abgeschrubbt. Das dafür verwendete Wasser sah seltsam trübe aus. »Was ist das?«, fragte Konrad.
    »Wasser, das über Asche gegossen wurde«, sagte Anselm, der das Schrubben sichtlich genoss. »Das verstärkt die reinigende Wirkung.« Nachdem Anselm sich auf den Rücken gelegt hatte und auch die Vorderseite seines Körpers gründlich abgeschrubbt worden war, stand er auf, und nun war Konrad an der Reihe.
    Widerstrebend legte er sich auf die Bank, während Anselm sein Lendentuch ablegte und völlig nackt in den Zuber stieg. Die Knechte hatten getrocknete Rosenblüten auf das Wasser gestreut.
    Konrad hatte sich immer nur selbst gewaschen, rasch und schamhaft, mit kaltem Wasser. Das Wasser, das der Knecht benutzte, war angewärmt, was die Prozedur wesentlich angenehmer machte. Anfangs war Konrad sehr angespannt und mochte es überhaupt nicht, dass sich fremde Hände an ihm zu schaffen machten. Doch allmählich fing er an, dieses kräftige Abschrubben

Weitere Kostenlose Bücher