Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
den Schläfen trugen. Ein unangenehmes, bedrohliches Gefühl, dass Sünde und Laster hier nicht weit waren, befiel Konrad. Am liebsten hätte er kehrtgemacht und wäre einfach davongelaufen.
    Hinter der Tür gab es einen kleinen, von zwei Öllampen erhellten Vorraum. Hier zog sich Anselm Schuhe und Strümpfe aus, rollte die Strümpfe zusammen, stopfte sie in die Schuhe und stellte diese in ein Regal, wo weitere Schuhpaare standen, und zwar, wie Konrad mit Unbehagen bemerkte, Männer- und Frauenschuhe bunt gemischt.
    Widerstrebend tat Konrad es ihm nach. Dann gingen sie barfuß durch eine weitere Tür. Der Raum dahinter wurde von den wenigen Öllampen nur matt erhellt. Es war so warm, dass es Konrad fast den Atem nahm. Die Wärme ging von mehreren mächtigen Holzöfen aus, über denen in großen Kupferkesseln Wasser erhitzt wurde. Offenbar gab man dem Wasser Kräuter hinzu, denn es duftete fast wie in Matthäus' Kräuterküche. Konrad roch Pfefferminze und Kiefer heraus. Sie mischten sich mit anderen Düften, die er nicht kannte.
    Knechte schöpften heißes Wasser aus den Kesseln in Holzeimer und trugen es in einen anderen Raum hinüber. Konrad konnte nicht sehen, was sich dort befand. Die Knechte waren mit nichts außer einem um die Lenden geknoteten Tuch bekleidet, was Konrad sehr unschicklich fand. Er wusste, dass Bauern und Handwerker im Sommer oft mit freiem Oberkörper arbeiteten, aber von der Kirche wurde das nicht gutgeheißen. Schließlich war der menschliche Körper durch die Erbsünde befleckt und unrein und sollte nach Möglichkeit verhüllt werden.
    Diese Knechte waren nicht zart wie er, sondern hatten kräftige Muskeln an Armen und Rücken, die sich beim Heben der schweren Eimer wölbten. Zwei Männer hatten offenbar kurz vor ihnen das Haus betreten. Aus einem Nebenraum tauchte eine junge Frau auf, ein Mädchen fast noch, die nur ein einfaches Hemd trug, das ihr kaum bis zu den Knien reichte. Sie verneigte sich vor den Männern und half ihnen, die Kleider abzulegen. Zu Konrads Entsetzen zogen sie sich vor dem Mädchen aus, so dass Konrad ihre nackten Hintern sehen konnte. Dann banden sie sich die Tücher, die es ihnen reichte, um die Hüften. Das Mädchen wirkte so jung und unschuldig wie ein Engel. Ihre Knie und Waden waren schlank und wohlgeformt, und zarte Brüste wölbten sich unter dem Hemd. Wie konnten diese Männer sich vor ihr mit der größten Selbstverständlichkeit entblößen?
    Fassungslos starrte er ihnen nach, als sie in den anderen Raum verschwanden, in den die Knechte das heiße Wasser trugen. Das engelsgleiche Mädchen legte die Kleider der Männer in ein Fach in einem großen Holzgestell an der Wand.
    »Ah, dort ist der Bader«, sagte Anselm und zeigte auf einen älteren Mann mit nacktem Oberkörper, der aber eine lange Hose und eine Art Küchenschürze trug. Er stand an der Tür zu einem Nebenraum und gab dort einem der Knechte Anweisungen. »Warte hier auf mich, Konrad.«
    Anselm ging zu dem Mann und wechselte leise ein paar Worte mit ihm, wobei er in Konrads Richtung zeigte. Konrad verstand nicht, was sie sagten, aber ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht des Baders. Er nickte, und dann drückte ihm Anselm ein paar Geldmünzen in die Hand.
    »Darf ich Euch helfen, Herr?«
    Konrad drehte sich um und sah das engelsgleiche Mädchen vor sich stehen. Sie lächelte mit unschuldiger Anmut. Der Stoff ihres grauen Hemdes war sehr dünn, so dass die zarten Hügel ihrer Brüste sich deutlich darunter abzeichneten. Beschämt senkte Konrad den Blick. Sie schien sich ihres sündigen Zustandes überhaupt nicht bewusst zu sein. Sie streckte die Arme aus und begann, ihm seine Kukulle, den Kapuzenumhang seines Mönchshabits, auszuziehen. »Oh … nein!«, sagte Konrad, hob abwehrend die Hände und wich ein Stück zurück.
    Sie schaute ihn erstaunt an. »Seid Ihr denn nicht zum Baden gekommen, Herr?«
    Anselm kam zurück und legte Konrad die Hand auf die Schulter. »Natürlich ist er zum Baden gekommen, aber es ist alles noch etwas neu für ihn.«
    Konrad schüttelte den Kopf. »Wir sind Mönche! Wir können doch nicht … Abt Balduin würde sich im Grab umdrehen.«
    »Alle gehen ins Badehaus«, sagte Anselm und schob Konrad energisch zu dem großen Holzregal, wo die Kleidung der Gäste aufbewahrt wurde. »Überzeug dich selbst.«
    Ungefähr zwanzig Kleiderbündel lagen dort. So viele Leute hielten sich also gegenwärtig in diesem zweifelhaften Haus auf. Frauenkleider fanden sich in bunter

Weitere Kostenlose Bücher