Der Mörder aus einer anderen Zeit
Türsteher angeeiert und hätte uns darauf
aufmerksam gemacht, dass wir — anreisend im Jaguar mit Chauffeur — vor dem
falschen Haus halten.«
»Was aber trotzdem das richtige
war«, sagte Gaby, »so kann man sich täuschen.«
»Außerdem liegt das Beauchâteau
nicht in der Mutschellen-Straße«, stellte Tim klar, »sondern ganz woanders.
Gucken wir mal auf den Stadtplan.«
20.
Überraschungsgast
Der Portalportier des
Beauchâteau trug blaue Livree mit frackartigen Schwalbenschwänzen über dem
Hintern. Er war ein älterer Mann mit geübtem Trinkgeldgriff und geröteter Nase,
deren Farbe aber nicht vom Sonnenbrand herrührte, sondern eher von zu viel Rotwein
nach Feierabend. Der Mann war für allerlei zuständig. Zu anreisenden
Hotelgästen, die aus dem Wagen stiegen, sagte er begrüßend: »Grüezi, mein Herr!
Benötigen Sie einen Gepäckträger?« Natürlich wurde der immer gebraucht — und
auch sofort herangepfiffen. Dann fuhr der livrierte Türsteher den Wagen — jedes
Modell, auch Panzer — auf den Bunschli-Parkplatz, falls dort noch was frei war.
Oder er, der Türsteher, pfiff einen seiner Gehilfen heran — die in der
Hotelhalle lungerten und lauerten und diese sorgten dann für die
Kfz-Verbringung in ein nahes Parkhaus. Der Türsteher war also voll ausgelastet
und hatte nur selten Pause. Nach mehrstündigem Dienst klirrte er bei jedem
Schritt. Das rührte her von dem Münzgeld — dem Trinkgeld — in seinen Taschen.
Im Moment hatte er gerade mal
nichts zu tun und erwiderte mit gemessenem Nicken den Gruß des jungen Pärchens,
das an ihm vorbeirauschte — hinein ins Beauchâteau.
Tim und Gaby sahen ja auch fast
so aus, als gehörten sie hierher. Als Gäste. Als die Ableger betuchter Ernährer.
»Du zumindest siehst aus wie
eine verkappte Prinzessin«, hatte Tim zu seiner Freundin gesagt. »Deshalb sind
wir dort richtig. Mit Prinzessin meine ich natürlich so ein galaktisch schönes
Märchenwesen aus guter alter Zeit und nicht etwa eine aus ner abgewrackten
Adelsbagage. Klaro?«
»Ich nehme das als Kompliment«,
hatte Gaby gelächelt.
»Du siehst auch nach was aus.
Sicherlich hält man dich für einen Terroristen.«
»Dafür bin ich zu jung.«
»Keineswegs, Häuptling. Das
Unheil wird immer jünger.«
TKKG hatten also das Hotel
gefunden und Aufgabenteilung beschlossen. Karl und Klößchen sollten sich
draußen umsehen — wozu auch immer. Tim und Gaby wollten erkunden, wo Alex
Grapsbach morgen speisen würde. Reine Neugier. Eigentlich war das alles nicht
wichtig. Aber Tim meinte, eine Vorausinformation sei allemal besser, als
hinterher blöd dazustehen.
Tim hielt Gaby an der Hand. Sie
betraten die Hotelhalle. Die war riesig, auch hoch, luxuriös, angenehm kühl —
und bereitete einen Vorgeschmack auf die Rechnung, die jeden Gast als dickes
Ende erwartete.
An der Stirnseite der Halle
befanden sich Rezeption/Empfang, Kasse und die Portiers. Hinter den Tresen
geschäftiges Treiben. Davor genervtes Warten der Gäste. Die Halle war zugleich
Lobby, Café, Wartesaal. Sessel, Tische, Kellner. Die guten Plätze waren
besetzt. Die weniger gemütlichen — nahe dem Empfang — boten noch Möglichkeiten.
Tim und Gaby setzten sich an
einen Zweiertisch. Ein junger Kellner, kaum älter als Tim, nahm die Bestellung
auf: Mineralwasser und Tee. Tim war mit Landeswährung ausgestattet, hatte in
einer Bank etwas Geld eingewechselt. Hierfür würde es reichen.
»Mir gefällt’s«, sagte Gaby.
»Mir auch. Dort drüben ist das
Restaurant. Sehr nobel. Wenn wir dort zu viert essen, hätten wir hinterher kein
Fränkli mehr und müssten nach Hause laufen.«
»Ziemlich weiter Weg. Wie
machen wir’s morgen?«
»Genauso. Wir sitzen hier und
warten auf Alex. Sobald er aus dem Fresstempel anrollt, quatschen wir ihn an.
Dort hinten in der Ecke können wir ihm verklickern, was Sache ist. Vielleicht
lädt er uns ein in seine Villa, wo wir dann Einzelheiten auf den Tisch legen.
Der Deal muss so laufen, dass die Odenhafers gut abschneiden. Und die PEW von
ihren tier- und menschenfeindlichen Positionen abrückt.«
»Hört sich flohstark an, Häuptling.«
»Hoffe nicht, Pfote, dass wir
wie Flöhe wirken.«
In diesem Moment betrat ein
neuer Hotelgast die Halle. Er trug einen mittelgroßen Metallkoffer, hielt ihn
fest, als hänge sein Glück und sein Leben daran. Hinter dem Mann plattfußte ein
ältlicher Gepäckträger. Er transportierte eine Reisetasche. Sie war kleiner und
leichter als der Koffer, den der Gast
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