Der Mörder mit dem grünen Daumen: Ein Kriminalroman mit vielen Gartentipps
Pflanzen.
Und dahinter liegt undurchdringliches Dickicht. Kehren wir um, da
gibt’s nichts mehr zu sehen.“
Auf dem Rückweg
zum Parkplatz riet Marius seinem Schützling, am Mittwoch seine
ältesten, billigsten Kleidungsstücke sowie festes
Schuhwerk mitzubringen und sich im Mitarbeitergebäude
umzuziehen. Tom wunderte sich, dass er tatsächlich so etwas wie
Vorfreude verspürte. Seinen „Fall“ hatte er darüber
zeitweise fast vergessen.
12
Die Vorfreude wurde
vorübergehend getrübt, als am nächsten Morgen um 6.30
Uhr der Wecker zu piepen begann und unbarmherzig immer lauter wurde.
Tom befand sich noch mitten in einem – diesmal sehr angenehmen
– Traum. Ungehalten wälzte er sich herum und schaltete
den Quälgeist aus. Wann war er eigentlich das letzte Mal so
früh aufgestanden? Er rekelte sich, gähnte und brummelte
„Morgenstund’ hat Gold im Mund“.
Sabine und Gerd saßen
bereits am Frühstückstisch, als er müde die Küche
betrat. „Willkommen im Klub der arbeitenden Bevölkerung“,
hänselte ihn seine Schwester. Gerd sah nur kurz von seiner
Zeitung auf und warf ihm ein „Morgen“ hin. Schon gestern
Abend war Tom aufgefallen, dass sein Vater von seinem Job nicht so
angetan war, wie man es hätte erwarten dürfen angesichts
der Tatsache, dass er selbst eine solche „kleine Lösung“
empfohlen hatte. Tom fiel ein, dass seine Eltern Verwandten,
Freunden und Bekannten stets mit stolzgeschwellter Brust von den
Fortschritten ihres Sohnes an der Universität berichtet hatten.
Wie würden sie ihnen nun wohl „verkaufen“, dass er
als Gärtnergehilfe anfing?
Tom brachte kaum einen
Bissen hinunter. Es war zu früh für ihn. Gegen Viertel
nach sieben verließ er das Haus und fuhr zur Baumschule
Landgraf. Drei Kleinlaster standen jetzt auf dem
Mitarbeiterparkplatz. Alle waren weiß, schmutzig und hatten
eine Pritsche. Jeden davon konnte er am Freitag gesehen haben –
oder eben auch keinen.
Nachdenklich ging Tom
ins Mitarbeitergebäude, um sich umzuziehen. In einem karg
eingerichteten Raum unterhielten sich mehrere Männer. Manche
schlangen hastig etwas zu essen hinunter. Sie grüßten den
Neuankömmling, ohne ihm weiter Beachtung zu schenken.
Als Tom aus der
Umkleide kam, hatten sich insgesamt neun Personen in dem
Aufenthaltsraum eingefunden. Elfi und Marius waren nicht darunter.
Dafür erkannte Tom Lech Katowicz, der sich mit einem älteren,
grauhaarigen Mann mit Schnurrbart auf Polnisch unterhielt. An einem
Tisch frühstückten zwei rothaarige Zwillinge, die nicht
auseinanderzuhalten waren und auch die gleiche Kleidung trugen. Das
mussten die Fabrycys sein. Eine weitere Gruppe wurde von drei
Männern – alle schätzungsweise Anfang 30 –
gebildet. Einer war groß und kräftig und hatte einen
mächtigen schwarzen Vollbart. Der zweite – offensichtlich
ein Südländer – erinnerte vom Aussehen her an einen
Schnulzensänger. Tom tippte auf Luis. Bei dem dritten im Bunde
handelte es sich um einen unscheinbaren Blonden. Die meiste
Aufmerksamkeit – in Form von neugierigen Blicken –
schenkten dem Neuen noch zwei miteinander tuschelnde Frauen, eine
groß, schlank und grauhaarig, die andere klein, dick und
brünett. Das konnten nur die „Unkraut-Frauen“ sein,
Frau Müller und Frau Pfennig.
Tom drückte sich
unsicher in eine Ecke, bis um Punkt acht Uhr Elfi den Raum betrat.
Heute trug sie eine verwaschene Jeans, an deren Gürtel ein
Halfter mit einer Gartenschere hing, und eine weite Bluse. „Morgen
allerseits!“
„ Morgen“,
hallte es wie von einer Schulklasse zurück.
„ Falls ihr euch
noch nicht selbst bekannt gemacht habt: Wir haben zwei Neue. Erwin
Plotzeck hier“ – sie wies auf den Schwarzbärtigen –
„als Geselle und Tom Sauer als Praktikant.“ Dann stellte
Elfi den beiden die bisherige Belegschaft vor. Der „Schnulzensänger“
war tatsächlich Luis Costa Pereira, der Unscheinbare Sven
Kramer. Die Fabrycy-Zwillinge hießen mit Vornamen Juliusz und
Tadeusz. Wer welcher war, wusste Elfi anscheinend selbst nicht. Bei
der großen Dünnen handelte es sich um Irmgard Müller,
bei der kleinen Dicken um Heidi Pfennig und bei dem Grauhaarigen um
Stanislaw Lesczynski.
Tom fiel auf, wie
missmutig der Vorarbeiter die beiden Neuen musterte. Bezweifelte er,
dass sie als Arbeitskräfte viel taugten, oder ging ihm einfach
nur Elfis Alleingang bei der Einstellung – wie Marius
vorhergesagt hatte – gegen den Strich? Letzteres erschien Tom
wahrscheinlicher, denn der zumindest
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