Der Mörder mit dem grünen Daumen: Ein Kriminalroman mit vielen Gartentipps
gegen zehn Uhr Marius an ihnen
vorüberging. Sie grüßten ihn, aber er schien sie gar
nicht zu bemerken und setzte seinen Weg in Richtung Büro fort,
wo Elfi sich aufhalten musste.
„ Ich müsste
mal für kleine Jungs“, meldete sich Tom.
„ Die Toilette
ist gleich neben dem Büro“, sagte Irmgard. Das kam Tom
gerade recht. Er brauchte keine Pause, sondern wollte das Gespräch
zwischen Marius und Elfi belauschen. Durch ein angewinkeltes
Bürofenster vernahm er deutlich die Stimme der Juniorchefin.
„ So geht das
nicht weiter, Marius. Du kommst morgens zu spät, bist bei der
Arbeit unkonzentriert und machst zu viele und zu lange Pausen.
Früher warst du einer unserer besten Männer, und jetzt
kann ich dich keinem Kunden mehr zumuten. Was ist denn los mit dir?“
„ War in den
letzten Tagen halt irgendwie nich’ auf’m Damm“,
druckste der Gärtner herum.
„ Nein, nein,
Marius. Stan hat mir gesagt, dass du schon seit einigen Monaten so
bist. Es hat jedenfalls nicht erst angefangen, als ich für
meinen Vater eingesprungen bin. Hast du Probleme? Kann ich dir
helfen?“
„ Das geht dich
nichts an“, fuhr Marius plötzlich auf. „Ich habe
keine Probleme und wenn es doch so wäre, wäre das allein
meine Sache. Ich gebe zu, dass ich in letzter Zeit etwas nachlässig
war, aber das ist ab sofort vorbei.“
„ Okay.“
Elfis Stimme hatte jetzt einen ärgerlichen Unterton. „Dann
gehst du am besten gleich an die Arbeit und lässt deinen Worten
Taten folgen.“
Tom hörte, wie
Marius wortlos auf dem Absatz kehrtmachte, und eilte zurück zu
Heidi und Irmgard.
„ Wir haben eine
gute Nachricht für dich“, empfingen sie ihn.
„ So?“
„ Wenn man es
nicht gewohnt ist, fällt einem das Unkrautjäten besonders
schwer. Du hast dich wirklich tapfer geschlagen“, lobte
Irmgard. „Zur Belohnung darfst du jetzt abflammen.“
„ Abflammen?“
„ Ja, das Unkraut
zwischen den Pflastersteinen wird nicht rausgerupft, sondern
verbrannt. Dafür haben wir ein sogenanntes Abflammgerät:
ein Flammrohr, das mit einem Gasbehälter verbunden ist, den man
auf den Rücken schnallt.“
„ Ein
Flammenwerfer!“
„ Na ja,
höchstens ein Baby-Flammenwerfer...“
„ Vorsichtig muss
man schon damit sein“, fiel Heidi ihrer Kollegin ins Wort.
„Erst vor kurzem habe ich von einem schweren Unfall in
Germersheim gehört: Ein Mann hatte das Gerät aus Versehen
gegen eine Wand gerichtet, der Feuerstoß wurde reflektiert und
verbrannte ihm das Gesicht.“
„ Er wird sich
blöd angestellt haben“, wiegelte Irmgard ab.
„Normalerweise kann man sich damit gefahrlos eine Zigarette
anzünden.“
„ Wo ist das
Ding“, fragte Tom.
„ Im Lager, ganz
hinten rechts. Du kannst den Schleichweg dort durch den
Produktionsbereich nehmen.“
„ Danke.“
Tom betrat durch eine Lücke in der Hecke den Produktionsbereich
und folgte dem Fußpfad. Er hatte das Lager schon fast
erreicht, als er im linken Augenwinkel eine interessante Wahrnehmung
machte. Er drehte sich um, ging ein paar Schritte ins Grüne und
hielt erfreut inne. „Da schau an! Wenn das kein glücklicher
Zufall ist. Wer hätte gedacht, dass ich dich so schnell finde.“
14
Kein Zweifel, es war
die Drachensicheltanne. Ihre Schlangenarme ragten Tom weit entgegen
– leider, denn selbst der Laie konnte erkennen, dass diese
ungepflegte Pflanze lange nicht mehr geschnitten worden war. „Wieder
eine Sackgasse“, dachte Tom betrübt.
„ Hallo, junger
Mann! Könnten Sie mir mal unter die Arme greifen?“
Der Ruf kam von
rechts. Am Ende des Fußpfads, vor der Rückseite des
Kalthauses, stand ein älterer Herr. Er hatte dichtes, graues
Haar, trug eine schwarze Brille mit runden Gläsern und eine
dunkelgrüne Latzhose, die an ihm wie ein überdimensionierter
Strampelanzug wirkte.
„ Wo brennt’s
denn?“
„ Ich möchte
ein paar Bonsais umstellen und schaffe es nicht alleine.“
Tom ging auf den Mann
zu. „Sie müssen Herr Burenthal sein.“
„ Richtig. Fabian
Burenthal. Und Sie?“
„ Tom Sauer. Ich
mache hier ein Praktikum.“
„ Na, dann kommen
Sie mal mit“, sagte Burenthal, als ob das Arrangieren der
Bonsais ein selbstverständlicher und fest eingeplanter
Bestandteil von Toms Ausbildung in der Baumschule sei.
Der Hobbygärtner
ging voran ins Kalthaus. Auf der Türschwelle blieb Tom
beeindruckt stehen. Zu beiden Seiten eines langen Ganges standen
Tische mit vielen kleinen Bäumchen in
Schalen darauf. Manche hatten eine ganz aufrechte Form, andere
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