Der Mörder mit der Spritze
es so aus, als hätten die meisten von uns überhaupt nicht
durchgeblickt. Vielleicht hatten wir keine Ahnung, was die wirklich verkauft
haben .«
»Wie hätten sie das geheimhalten können ?«
Sie zuckte die Achseln und
lächelte verschmitzt. »Vielleicht haben wir einfach nur das geglaubt, was wir
glauben wollten. Außerdem haben sie sowieso nichts von dem Zeug ins Camp
gebracht. Wie sollten wir wissen, was draußen lief ?«
»Danke für den Hinweis«, sagte
ich.
»Okay, Herr Rechtsanwalt. Wir
sehen uns im Knast .« Sie ging zu den anderen, und ich
folgte ihnen zu den Streifenwagen.
Rücksitz winkte mir durchs
Fenster fröhlich zu, als sie wegfuhren. Die Sirene hatte Sergeant Brown gar
nicht erst angeschaltet. So viel Verkehr gab es in Forestville nicht.
Der einzige Platz, an dem ich
mit der Suche nach den beiden verschwundenen Hippies beginnen konnte, war das
Haus der Holloways; so machte ich mich auf den Weg dorthin. Ich parkte den
Austin in der Einfahrt hinter einem mit Chrom überladenen, dunkelblauen Buick , der geschmacklos genug aussah, um jemandem zu
gehören, der eine Menge Kohlen hatte; oder der wollte, daß alle Welt das
glaubte.
Ronda kam an die Tür, ihr
hübsches rundes Gesicht sah verkniffen und ängstlich aus. In ihren dunklen
Augen stand die Sorge, und ich nahm mir nicht einmal die Zeit, ihrer hübschen
Figur in dem engen kurzen Kleid die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, ehe
ich fragte: »Ist etwas passiert? Haben Sie vielleicht von Charles gehört ?«
»Ich weiß nicht, was los ist«,
flüsterte sie, verzog das Gesicht und schaute sich um. »Aber Mutter und Vater
haben sich entsetzlich gestritten. Wegen Charles, glaube ich und — wegen
Drogen. Ich weiß wirklich nicht genau, um was es geht. Ich konnte nur hier und
da etwas verstehen, aber am Schluß haben sie sich laut angeschrien .«
»Wo sind sie jetzt ?«
»Mutter ist im Schlafzimmer.
Sie hat sich eingeschlossen. Vater ist im Herrenzimmer und hat Besuch — einen
Mann namens Matthews .«
»Wer ist das ?«
»Ich weiß nicht — ein
Geschäftsmann aus San Francisco, mit dem Vater zu tun hat. Gewöhnlich fährt er
zu ihm. Es ist erst das zweite Mal, daß er hier ist .«
»Können wir es wagen, sie zu
stören ?« fragte ich verschwörerisch.
»Ich weiß nicht«, antwortete
sie flüsternd. »Vaters Laune ist nicht besonders gut...«
»Ich will es riskieren«, sagte
ich rasch. »Ich muß Charles so rasch wie möglich finden .«
»Was ist denn los? Hat er Ärger ?«
»Das erzähle ich später. Wo ist
das Herrenzimmer ?«
Zögernd zeigte sie mir die Tür.
Eine Sekunde, nachdem ich angeklopft hatte, riß ich sie auf, und das erste, was
ich sah, war Cecil Holloways rotes Gesicht, das mich verblüfft anstarrte. Neben
ihm stand ein Mann im dunklen Anzug.
»Was wollen Sie ?« spuckte Holloway. »Wir haben hier eine private
Unterhaltung, wenn Sie nichts dage ...«
»Ich suche Ihren Sohn Charles,
Mr. Holloway«, unterbrach ich. »Und es ist sehr wichtig. Ich dachte mir. Sie
könnten von ihm gehört haben .«
»Unsinn, natürlich nicht. Und
wieso ist das plötzlich so wichtig ?«
Ich stieß die Tür hinter mir zu
und näherte mich den beiden. »Ich will es Ihnen erklären«, sagte ich leichthin.
»Es tut mir leid, Sie und Mr. Matthews unterbrochen zu haben .«
Der dunkelhaarige Mann im
dunklen Anzug grinste breit. Er war auf eine jungenhafte Art amüsiert. Er
sprach frei, stand locker und selbstsicher da, ein charmanter, erfolgreicher
Geschäftsmann. »Und wie geht es Ihnen, Mr. Roberts ?« fragte er höflich. »Wir haben uns seit — warten Sie mal — , seit vier Jahren nicht mehr gesehen. Damals waren Sie noch Student, wenn ich
mich recht erinnere .«
»Das stimmt — und Sie waren
wegen Kuppelei angeklagt«, sagte ich unbeeindruckt. »Ich kannte den
Staatsanwalt und bin Ihnen im Gerichtssaal begegnet .«
»Sie haben ein vorzügliches
Gedächtnis«, sagte er verbindlich. »Es war allerdings ein sehr unangenehmer
Anlaß, fürchte ich. Wer weiß, wann es einmal von Nutzen sein kann, einen
aufstrebenden jungen Anwalt zum Freund zu haben ?«
»Sie bringen nicht genug
Schmiergeld auf, um mich zu bezahlen, Carlotti .«
»Aber ich bitte Sie, Mr.
Roberts !« sagte er rasch und schnalzte tadelnd mit der
Zunge, als sei ich ein ungezogener Junge. »Sie wollen mich doch nicht
verurteilen? Das Gericht hat mich freigesprochen, wissen Sie das nicht? Das war
ein unglückliches Vorkommnis in einem ansonsten makellosen Leben. Sie
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