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Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Titel: Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter May
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irgendeinem Punkt der Fahrt musste sein Verfolger begriffen haben, wohin die Reise ging, und damit war klar, dass der Schotte dabei war, das letzte Puzzleteil in das Profil des Auftragsmörders einzufügen.
    Als sie Aubagne erreichten, ging hinter ihnen die Sonne unter, und der Himmel war überzogen mit rosa Wolkenstreifen. Enzo folgte der Straße in das Vorstadtviertel im Süden, wo die Fremdenlegion auf einem weitläufigen, von hohen Mauern und Zäunen eingefassten Gelände untergebracht war. Auf großen Schildern stand Militärgelände und Betreten verboten!.
    Bright hielt fünfzig Meter hinter ihm auf dem Bürgersteig, während Enzo in die Haupteinfahrt einbog. Das Pförtnerhaus war ein langgestrecktes, niedriges Gebäude mit flach abfallendem roten Dach. An einer rosafarbenen Mauer prangte der Name des Regiments. Hinter der Schranke lag ein großer Exerzierplatz, in dessen Zentrum eine Erdkugel auf einem Marmorsockel ins Auge fiel, den der Wahlspruch Honneur et Fidélité zierte, Ehre und Treue. Neben dem Monument hielten vier Bronzelegionäre Wache. Weiße Baracken und Verwaltungsgebäude zogen sich den Hang im Süden hinauf; hohe Bäume warfen lange Schatten über die gepflegten Rasenflächen.
    An der Schranke kam ein Wachposten heraus, um den Besucher anzuhalten. Enzo reichte ihm Simons Visitenkarte. Er musste sich zusammenreißen, um das Zittern in seiner Stimme in den Griff zu bekommen. «Ich bin Anwalt bei der Londoner Kanzlei Gold, Smith and Jackson. Wir haben letzte Woche telefoniert. Ich verwalte den Nachlass des verstorbenen William Bright, eines Engländers, der nach unseren Erkenntnissen in den Achtzigern einige Jahre im Dienst der französischen Fremdenlegion stand. Wir versuchen, die nächsten Angehörigen ausfindig zu machen, und ich möchte prüfen, ob die Legion uns anhand ihrer Unterlagen mit entsprechenden Informationen weiterhelfen kann.»
    Der Soldat sah ihn an, als hätte er zwei Köpfe, und tat dann, was alle Fußsoldaten tun, wenn sie sich mit einem Problem hoffnungslos überfordert sehen: Er reichte es in der Befehlskette weiter nach oben.
    «Einen Moment, Sir.»
    Er verschwand im Pförtnerhaus, und Enzo sah, wie er lebhaft am Telefon sprach und dabei immer wieder auf die Visitenkarte schaute, die Enzo ihm gegeben hatte. Schließlich legte er auf und kam zurück. Er beugte sich zu Enzos offenem Fenster herunter und zeigte mit dem Finger in die Richtung, aus der Enzo gekommen war.
    «Sie wenden und fahren wieder raus, dann nehmen Sie die nächste links, dann wieder links und von da an geradeaus bis zum Museum. Sie sehen es linker Hand hinter dem Zaun. Parken Sie dort bitte und warten Sie im Auto, dann kommt jemand zu Ihnen und holt Sie ab.»
    Als er aus der Einfahrt kam, sah er, wie Brights Wagen in einiger Entfernung mit hörbarem Aufprall vom Bürgersteig auf die Straße schwenkte und ihm dann in diskretem Abstand folgte. Enzo bog nach links ab und folgte weiter in gemächlichem Tempo der Wegbeschreibung des Wachsoldaten, bis er auf einer ländlichen Allee zu einem Museum gelangte, das in einem weiß verputzten zweistöckigen Gebäude aus Sandstein am hinteren Ende des Exerzierplatzes untergebracht war.
    Der Parkplatz war leer. Enzo stellte seinen Wagen auf dem markierten Feld in unmittelbarer Nähe zum Museum ab. Er stieg aus, als sein Verfolger mit seinem Renault in den Parkplatz einbog und am entgegengesetzten Ende hielt. Bright ließ den Motor im Leerlauf und beobachtete Enzo im Schutz seiner Sonnenbrille. Das Versteckspiel war vorbei. Enzo erwiderte seinen Blick quer über den Platz hinweg. Nur zwanzig Meter lagen zwischen ihnen. Der Jäger und seine Beute. Die Palmen, der rosa Sonnenuntergang über blauen Bergen, die laue Brise, die den Duft mediterraner Blumen in Winterblüte herübertrug – das alles wirkte nicht ganz real. Harmloser ging es kaum. Doch so paradox es war, verstärkte diese Harmlosigkeit noch das Gefühl der Bedrohung, das zwischen ihnen in der Luft lag. Leichte Übelkeit stieg in Enzo auf.
    Er wandte sich um und ging an den Erinnerungsstücken aus der glorreichen Vergangenheit der Legion vorbei, die ehrfurchtgebietend zwischen den Bäumen platziert waren. Ein Panzer, ein Jeep, eine Kanone, ein Maschinengewehr. Im Gras waren gemeißelte Blöcke wie Grabsteine errichtet, um der ausgetragenen Schlachten und der Gefallenen zu gedenken. Île de Mayotte. Indochine. Algérie. Maroc.
    Im Innern des Gebäudes wachten uniformierte Schaufensterpuppen in Vitrinen über den

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