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Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Titel: Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter May
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versichert, oder?»
    «Papa, du kannst dir doch denken, wie lange es dauern wird, bis die den Schaden bezahlen. Bertrand weiß nicht mehr ein noch aus. Er muss das Geld auftreiben, um den Kunden ihre Abos zurückzuzahlen.» Nur mühsam hielt sie die Tränen zurück. «Papa, wo steckst du?»
    «Immer noch in Straßburg.»
    Für einen Moment trat eine seltsame Stille ein, dann sprach sie plötzlich im Flüsterton. «Die Polizei hat nach dir gesucht.»
    «Was? Wieso das?»
    «Wollten sie mir nicht sagen. Sie waren zwei Mal da. Mehrere Beamte. Papa, das war kein Höflichkeitsbesuch. Ich hab ihnen erklärt, du seist in Straßburg, aber sie schienen mir nicht abzukaufen, dass ich keine Adresse weiß.»
    Jetzt war Enzo in höchster Alarmbereitschaft, sein Verstand war trotz der Erschöpfung wieder hellwach. Er kombinierte und zog eine Reihe höchst unangenehmer Schlüsse. «Sophie, ich möchte, dass du die Wohnung augenblicklich verlässt. Du und Bertrand. Packt ein paar Sachen zusammen. Lass dich von ihm zum Hof von Nicoles Vater in Aveyron bringen. Du weißt, wo das ist, oder?»
    «Papa, aber wieso?» Sie klang besorgt.
    «Tu’s einfach, Sophie. Vertrau mir. Möglicherweise ist der Brand am Fitnesscenter kein Zufall. Ich kann nicht ausschließen, dass es eine Verbindung zu dem gibt, was hier in Straßburg passiert.»
    «Ich verstehe kein Wort …»
    «Brauchst du im Moment auch nicht. Glaub mir bitte einfach, wenn ich dir sage, dass du vielleicht in Gefahr bist. Ich werde Nicoles Vater anrufen, um ihm Bescheid zu geben, dass ihr kommt.»
    Als er die Verbindung beendete, sah ihn Kirsty verwirrt an. «Was hat ein Feuer in Cahors damit zu tun, dass mich hier in Straßburg jemand umzubringen versucht?»
    Enzo sah ihr eindringlich in die Augen. «Mir dämmert allmählich, dass das, was hier in Straßburg passiert ist, letztlich nichts mit dir zu tun hat.»
    «Ich denke, wenn jemand versucht, mich zu töten, dann hat das sehr wohl eine Menge mit mir zu tun.»
    Er schüttelte den Kopf. «Nein. Da passiert zu viel auf einmal. Der Überfall im Park. Die Kreditkarten – deine und meine. Dann brennt Bertrands Fitnesscenter ab, und die Polizei sucht nach mir.»
    «Was wollen die von dir?»
    «Keine Ahnung. Aber es drängt sich der Gedanke auf, dass das alles nicht dir, Bertrand oder Sophie gilt, sondern mir.»
    Sie musterte ihn lange mit einem unerbittlichen Blick, bevor sie das Handtuch aufhob, das sie aufs Bett geworfen hatte. Müde seufzte sie auf. «Es geht immer um dich, Dad, nicht wahr? Das war immer so und wird auch immer so bleiben.» Sie wandte sich zum Bad. «Ich geh duschen. Du findest wohl allein raus.»

Kapitel elf
    In den glänzend polierten Holzböden spiegelte sich goldgelbes Licht. Hinter Glaswänden war dunkles Wasser zu sehen, eingetaucht darin rostige Zahn- und Schaufelräder mit mächtigen Schrauben – die Antriebsmechanik der alten Mühle. Es saß nur noch eine einzige weitere Person an der Bar, eine Frau, die hellen, perlenden Dom Pérignon aus einem Champagnerglas trank.
    Enzo hievte sich am anderen Ende der Theke neben einer großen eisgefüllten Glasschüssel mit Champagnerflaschen auf einen Hocker. Der Raum wurde durch Deckenstrahler hinter hauchdünnen Marmorplatten in ein angenehmes Licht getaucht. Er ließ den Blick über die Regale mit den Flaschen wandern. Auch wenn die Hotelbetreiber mit einer Champagnerbar warben, führten sie daneben eine beachtliche Auswahl an Whiskys. Er bestellte einen Glenlivet, von dem ihm der gelangweilt wirkende junge Barkeeper großzügig einschenkte, bevor er sich auf diskrete Distanz zurückzog, um Gläser zu polieren.
    Enzo saß eine Weile über seinen Drink gebeugt und starrte ihn einfach nur an, als könnte schon die schimmernde Bernsteinfarbe seine Qualen lindern. Doch nicht die Farbe brachte Trost, sondern der Alkohol. Und wenn schon keinen Trost, dann wenigstens Vergessen. Ein elender Weg, und er scheute sich vor dem ersten Schritt. Also starrte er einfach nur weiter hinein und versuchte, die unangenehmen widersprüchlichen Gedanken, die auf ihn einstürmten, in Schach zu halten.
    «Wenn Sie ihn nicht bald trinken, verdunstet er.»
    Enzo blickte auf und sah, wie der einzige andere Gast ihn mit einem fragenden Lächeln beobachtete. Bis jetzt hatte er der Frau keine Aufmerksamkeit geschenkt. Doch als er nun zum ersten Mal zu ihr hinüberschaute, stellte er fest, dass sie attraktiv war. Mit dem kräftigen Kinn und den hohen Wangenknochen vielleicht nicht

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