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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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» Was ist mit ihnen passiert?«
    » Meistens sind sie in die blockfreien Länder ausgewandert und manchmal auch zu unseren Feinden.«
    » Ich habe kürzlich ein Buch gelesen. Es war schon Hunderte von Jahren alt, aber es sprach von Gespenstern, die in den Abwasserkanälen unter der Cité lebten.«
    Sie lächelte. » Ich habe dort weder Gespenster noch Geister noch Feen gesehen.«
    » Wird die Halle der Wächter immer noch für diese Zwecke benutzt?«
    Sie schüttelte den Kopf. » Sie steht jetzt mehrere Meter unter Wasser. Der Große Sturm hat ungeheure Schäden in der Kanalisation angerichtet. Man hat mir gesagt«, sie zuckte mit den Schultern, als wollte sie die Verantwortung für diese Nachrichten nicht übernehmen, » dass eine der großen Maschinen, die das Wasser filtern, zerstört wurde.«
    » Das Gierwehr?«
    Sie sah ihn ausdruckslos an. Ganz offensichtlich konnte sie sich an ihr Gespräch von damals nicht mehr erinnern. » Möglich. Ich weiß nur, was man mir sagte. Müll, Trümmer von Häusern, Äste und Zweige, Leichen, all das wurde immer tiefer in die Kanalisation geschwemmt, hat bestehende Dämme zertrümmert und an anderer Stelle neue entstehen lassen. Die Geografie der Hallen hat sich vollkommen verändert. Was einst trocken war, steht jetzt unter Wasser. Und manche Tunnel, in denen einst reißende Abwasserflüsse rauschten, sind jetzt trocken. Man hat es mir so geschildert. Ich bin seit Jahren nicht mehr dort gewesen. Außerdem verändert sich alles ständig. Es ist überaus unstabil. Früher war es ein gefährlicher Ort. Jetzt ist es dort tödlich. Und«, fuhr sie fort, » der Wasserstand unterhalb der gesamten Cité steigt. Viele Ebenen tief unter dem Roten Palast, in den Ruinen längst vergessener Paläste, steigt der Wasserpegel täglich.«
    Sie schwieg einen Moment. » Die Halle der Wächter lag unter dem Fried«, erklärte sie dann.
    » Wie bist du dorthin gekommen?«
    Aber sie blickte nur in die Nacht hinaus. » Ich muss jetzt gehen.« Sie erhob sich mühsam und lehnte mit ungeduldigem Winken Bartellus’ helfende Hand ab. Stattdessen stemmte sie sich auf die Armlehnen des Stuhls. Als sie stand, sah sie Emly an. » Wusstest du«, fragte Archange, » dass dein Vater ein großer General war, Kind?«
    Emly schüttelte mit großen Augen den Kopf.
    » Wusstest du auch, dass er nicht dein Vater ist?«
    Bartellus krampfte sich der Magen vor Furcht zusammen, denn darüber hatten sie nie geredet, und er hatte keine Ahnung, wie viel Emly erinnerte.
    Aber sie nickte ruhig.
    » Und erinnerst du dich auch an deinen Bruder?«
    Wieder nickte sie.
    » Du redest nicht viel, stimmt’s?«
    Das Mädchen senkte den Blick.
    » Sie hat sich das Sprechen abgewöhnt«, erklärte Bartellus.
    Archange sah ihn ernst an. » Ich werde dir noch einmal dasselbe Angebot machen wie vor acht Jahren. Gib mir das Mädchen. Ich werde dafür sorgen, dass sie in Sicherheit gebracht wird. Sie wird ausgebildet und gut behandelt. Möglicherweise wird sie sogar nach einer Weile irgendwo mit der Glasmacherei weitermachen. Kannst du ihr all das bieten?«
    Bartellus sah Emly an, die sie beide argwöhnisch beobachtete. » Und ich werde dir dieselbe Antwort geben wie damals. Ich werde es Emly überlassen.«
    » Aber diesmal ist die Gefahr, in der ihr schwebt, erheblich größer als damals«, antwortete die Frau. » Damals drohte euch nur der Tod durch Ertrinken. Jetzt jedoch stehen euch möglicherweise Kerkerhaft und Folter bevor, und zwar euch beiden.«
    Furcht durchzuckte Bartellus, aber er nickte ruhig. » Ich werde darüber nachdenken, Archange. Wirklich. Ich danke dir. Wie kann ich Kontakt zu dir aufnehmen?«
    Sie dachte nach. » Das kannst du nicht. Aber ich werde dich finden.«
    » Eines noch«, sagte er. » Hast du mich aus dem Verlies befreit?«
    Er glaubte schon, sie würde wieder eine ihrer nervigen, ausweichenden Antworten geben, aber stattdessen sagte sie: » Ja. Natürlich nicht persönlich. Aber es war eine meiner Kriegerinnen.«
    » Danke. Du musst mich für verrückt gehalten haben, als ich dich in den Hallen nicht erkannt habe.«
    Sie tätschelte kurz seine Hand. » Nein. Ich habe einen schwer verwundeten Mann gesehen. Und ich bin froh, dass du heilst. Gib gut Acht. Und verschwinde von hier.«
    Er öffnete die Tür und trat hinaus auf die Gasse, sah sich in beiden Richtungen um. Er konnte niemanden erkennen. Dann trat sie zu ihm hinaus, und er sah, wie sich erst ein und dann noch ein zweiter Schatten aus einer Mauer ein

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