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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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sah er, wie der alte Mann das Messer umdrehte und mit dem Arm ausholte, um es zu werfen. Gut dachte der Wolf, als er behände zur Seite sprang. Das Messer grub sich mit einem dumpfen Geräusch in die niedrige Decke neben seinem Kopf. Der Wolf grinste, hielt sein Kurzschwert in der einen Hand und sah dem alten Knaben direkt in die Augen, als er den Dolch aus der Decke zog. Dann sprang er mit dem Schwert vor. Der alte Mann hob den Arm, um sich zu verteidigen, und der Wolf rammte ihm den Dolch in die Seite. Er fühlte, wie sich die Klinge durch Fleisch und Muskeln grub und wie der alte Mann zusammensackte. Behutsam ließ ihn der Wolf zu Boden gleiten und ließ auch die Klinge in seinem Leib stecken.
    Er drehte sich zu Derian herum, der sich langsam hochrappelte.
    » Such das Mädchen!«, befahl er. » Oder muss ich wirklich alles allein machen?«
    Derian war bleich und konnte sein rechtes Bein kaum gebrauchen, aber er nickte, schluckte und humpelte dann die Treppe hinauf in die oberen Stockwerke. Der Wolf lief derweil nach unten und durchsuchte die schäbigen Räume im Erdgeschoss. Er fand eine Werkstatt mit Farbtöpfen und Tiegeln mit stinkendem Inhalt. Er stapelte etliche von ihnen auf einen unordentlichen Haufen und leerte dann einen Topf darüber aus. Er hatte zwar keine Ahnung, ob es brennbar war, aber es roch jedenfalls so.
    Dann warf er einen Blick durch den Spalt in dem mit Brettern verrammelten Fenster. Es wurde langsam hell. Er konnte die Gebäude auf der anderen Seite der Allee sehen, und die ersten Vögel begannen zu zwitschern. Eine gute Zeit, um durch die Cité zu spazieren, durch die erwachenden Straßen im Gezwitscher der Vögel, dachte er. Dann fiel ihm Derian ein, und er runzelte die Stirn.
    Er rannte die Treppe hoch, Stockwerk um Stockwerk, und sah nach links und rechts. Schließlich fand er seinen Kumpan im obersten Stockwerk. Er hatte das Mädchen entdeckt und versuchte mühsam, es mit einem Seil, das er gefunden hatte, an einen schweren Stuhl zu fesseln. Es weinte und wehrte sich, un d D erian versetzte ihm gerade eine Ohrfeige, als der Wolf ankam.
    » Was machst du da?«, fragte ihn der Anführer verblüfft.
    » Ich dachte, du wolltest ihr Fragen stellen«, erwiderte Derian mürrisch.
    » Fragen? Wonach?«
    Derian zuckte mit den Schultern und starrte auf den Boden.
    Der Wolf schüttelte über so viel Dummheit staunend den Kopf. Die Götter mögen mich vor den Schwachsinnigen bewahren, dachte er.
    » Es ist fast Morgen«, sagte er. » Wir dürfen hier nicht gesehen werden.«
    Er ging wieder zu dem Loch im Boden, in dem die Leiter stec kt e.
    » Was ist mit ihr?«, wollte Derian wissen.
    Der Wolf zuckte mit den Schultern. » Was soll mit ihr sein? Ich habe dem Alten gesagt, dass ich sie nicht vergewaltigen würde«, fuhr er fort. » Ich halte meine Versprechen.«
    Sie gingen durch das Haus hinunter und traten über den Körper des alten Mannes, der immer noch auf dem ersten Treppenabsatz lag. Im Erdgeschoss angekommen, nahm der Wolf eine Kerze und warf sie auf den Haufen mit Farbtöpfen. Zu seiner Enttäuschung geschah zuerst gar nichts. Dann jedoch sah er eine dünne Linie aus blauen Flammen über den Boden laufen. Dann gab es eine kleine Explosion von Flammen, und kurz darauf brannte der ganze Stapel.
    Er öffnete die Tür zur Seitengasse und trat zusammen mit seinem Kumpan hinaus in den neuen Morgen.

20
    Die Pfütze wurde immer größer, und schon bald würde das Blut anfangen zu sieden.
    Bartellus lag auf der Seite und beobachtete interessiert, wie die Flammen sich auf der glänzenden, glatten Oberfläche der Blutpfütze spiegelten.
    Er lag zusammengerollt da und umklammerte mit beiden Händen beschützend den Dolch, der sich in seine Seite gegraben hatte. Er versuchte, sich nicht zu rühren, nicht einmal zu atmen. Wenn sich seine Brust bewegte, spürte er, wie die Klinge an einer Rippe entlangschabte. Dieses zerbrochene Schwert ist das Einzige, was dich am Leben erhält, Ser. Bartellus konnte immer noch das weiße, ängstliche Gesicht des Offiziers sehen, das über ihm hin und her wippte, als er vom Schlachtfeld getragen wurde. Er hatte die Waffe herausziehen wollen, um den Schmerz zu lindern. Er hatte zwar gewusst, dass dann auch sein Blut herausspritzen würde, aber das schien keine Rolle zu spielen. Der junge Offizier hatte ihn jedoch daran gehindert, hatte sanft seine Hände festgehalten.
    Jetzt lag der alte Mann auf dem Absatz der ersten Treppe, und aus den Geräuschen unter ihm, dem

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