Der Moloch: Roman (German Edition)

an. Sie antwortete jedoch eine Weile nicht, als würde sie zögern, Informationen zu verraten.
    » Unter den Nachfahren der Serafim«, sagte sie schließlich widerwillig, » hält sich die Meinung, dass er selbst keusch geblieben wäre.«
    Fell schnaubte verächtlich. Als Soldat hielt er sich nicht lange mit dem Konzept männlicher Keuschheit auf.
    » Du hast mir gesagt«, mischte sich Indaro plötzlich ein, » er wäre kein Mensch.« Sie sprach zu Maron. » Was hast du damit gemeint? Was ist er dann?«
    » Ich habe gesagt, er ist kein Mensch wie ich. Aber er ist menschlich.«
    Indaro runzelte die Stirn, und Fell erinnerte sich daran, was sie ihm über den Mann erzählt hatte, der die Explosion überlebt hatte, mit der die Kutsche des Kaisers vernichtet worden war, obwohl das unmöglich schien. » Ist er ein Zauberer?« Ihre Stimme klang etwas kläglich, als wäre es ihr peinlich, eine solche Frage zu stellen.
    Maron schien darauf nicht antworten zu wollen. Er sah Gil an, der mit den Schultern zuckte und dann Saroyan. Aber die starrte auf die Tischplatte.
    » Dieses Wort bedeutet nichts«, sagte er schließlich. » Er besitzt Fertigkeiten und Fähigkeiten, die auf einige Menschen wie Zauberei wirken mögen. Aber für uns ist nur entscheidend, dass er ein lebendes Wesen aus Fleisch und Blut ist, das getötet werden kann.«
    » Und warum willst du, dass Fell ihn tötet?«, fragte Indaro. » Ich meine, warum ausgerechnet Fell?«
    » Du musst verstehen«, erwiderte Gil, » dass man nur sehr schwer an Araeon herankommt. Er wird von den Eintausend bewacht, und er versteckt sich hinter Scharen von Abbildern … Ihr nennt sie Doppelgänger. Es ist nicht einmal klar, wie er genau aussieht. Es gibt sehr viele Porträts von ihm, kaiserliche Porträts, aber sie alle zeigen einen blonden, bärtigen Mann mittleren Alters, der keine auffälligen Merkmale hat. Du und Fell, ihr beide habt ihn gesehen, aber könntet ihr ihn aus einer Menschenmenge herauspicken?« Er sah sie beide nacheinander an. » Nein? Also ist die einzige Möglichkeit, an ihn heranzukommen, ihn herauszulocken. Er hat ein sehr langes Leben geführt und den größten Teil davon innerhalb des Frieds. Er ist der Kaiser. Er hat absolute Macht. Alles, was er will oder befiehlt, wird sofort ausgeführt. Unsere Quellen behaupten, dass er nur in seiner Wachsamkeit nachlässt, wenn seine Neugier erregt wird. Wir hoffen, dass wir ihm etwas anbieten können, dem er nicht widerstehen kann.«
    » Und das wäre?«
    » Einen Sohn.«
    Fell lachte schallend.
    » Fell ist der Sohn des Kaisers?«, fragte Elija staunend.
    Gil tauschte einen Blick mit Saroyan. » Nein«, antwortete er. » Das ist er nicht. Aber der Kaiser glaubt, er könnte es sein.«
    » Du hast gesagt, er wäre keusch«, protestierte Indaro verwirrt.
    » Keuschheit ist eine Frage der Interpretation«, erwiderte Maron. » Für Araeon bedeutet es, dass er seinen Samen nicht verbreitet und sich nicht mit dem gemeinen Volk vermischt. Es bedeutet nicht, dass er zölibatär lebt.«
    » Und wie …?«, wollte Indaro wissen.
    Maron wandte sich zu ihr um. » Wir glauben, dass er jede Frau tötet, mit der er schläft.« Er sah Fell an. » Wir verfügen über die Aussagen von Zeugen, die behaupten, er hätte den Palast des Löwen des Ostens besucht und deine Mutter entweder verführt oder vergewaltigt, Fell. Aus irgendeinem Grund hat er sie nicht getötet. Jahre später haben seine Streitkräfte den Palast angegriffen. Deine Eltern sind beide dabei gestorben. Man sagt, er hätte deine Mutter eigenhändig getötet. Allerdings hat sie ihm vorher ein Auge ausgestochen.«
    Fell schwieg einen Moment, während er sich an das Kind Arish und den einäugigen Mann erinnerte. » Warum hat er mich nicht umgebracht?«, fragte er dann.
    » Vielleicht stand er in einem inneren Konflikt. Vielleicht war er nach einem so langen Leben neugierig, wie sein Sohn sein würde. Du warst für ihn keine Bedrohung. Er hätte dich jederzeit ermorden lassen können. Vielleicht hat er dich also am Leben gelassen, Tag um Tag, Jahr um Jahr. Er hat dich beobachtet und gewartet. Bis du plötzlich nach dem Prozess verschwunden bist. Viele Jahre lang konnte er dich nicht finden. Man hielt dich für tot. Schließlich hat er oder jemand im Palast den jungen Arish mit dem Adjutanten des Generals in Verbindung gebracht, Fell Aron Lee. Shuskara wurde für seine Rolle in diesem Täuschungsmanöver schrecklich bestraft.«
    Fell schüttelte den Kopf. » Das war vor