Der Moloch: Roman (German Edition)
dieser mürrische alte Mann und Anny-Mae es wohl sicher nach Hause geschafft hatten. Und ob Emly bei ihnen war. Zum ersten Mal seit dem Regensturm schlief er friedlich.
Als er aufwachte, wurde er auf die Füße gezerrt, und sie gingen weiter. Er fragte sich, wie weit sie diesmal wohl gehen würden. Aber das Essen hatte ihm Kraft gegeben, und er marschierte neben Dachs. Er sah sie gelegentlich an, dankbar dafür, einen Freund gefunden zu haben. Wieder gingen sie viele Stunden, ohne anzuhalten. Einmal mussten sie sich alle durch einen niedrigen, schmalen Tunnel zwängen, der halb unter Wasser stand und sich so lang hin und her wand, dass Elija glaubte, er würde niemals enden. Für ihn war es viel einfacher als für die Erwachsenen, und er fragte sich, wie der Gigant überhaupt hier durchkommen konnte. Aber er schaffte es, denn der Junge hörte seine brummende Stimme, als sie sich weiterkämpften.
Sie machten auf diesem langen Marsch nur einmal Pause, um zu essen und auszuruhen, und kletterten am Ende durch einen schmalen Spalt im Stein. Sie kamen auf einem breiten Sims heraus. Elija sah sich um. Die Decke des Tunnels war so hoch, dass das Licht der Fackeln sie nicht beleuchtete. Ein kleines Rinnsal lief in der Mitte des Kanals, der ansonsten knochentrocken war. Stromabwärts konnte Elija die Umrisse von etwas erkennen, das wie eine ungeheure Brücke aussah, die den Weg überspannte. Stromaufwärts herrschte nur Finsternis.
Dachs befahl eine Pause, und ihre Gefährten ließen sich auf den Boden fallen. Einige wühlten in ihren Lumpen nach Essen oder Wasser, andere schliefen sofort ein. Elija war hungrig und sah sich hoffnungsvoll um, aber sie alle hatten sich abgewendet, auch Dachs, und mit knurrendem Magen überkam ihn schließlich der Schlaf.
» Junge! Wach auf, Junge!«
Er fühlte heißen, feuchten Atem am Ohr, der ihn kitzelte, und er drehte sich im Schlaf weg.
» Junge!« Jemand kniff ihn ins Ohrläppchen, und er schrak hoch. Er wollte schreien, aber eine Hand legte sich fest über seinen Mund und presste ihm die Lippen gegen die Zähne. Er riss die Augen auf und sah sich in dem dämmrigen Licht um. Jemandes verfilztes Haar hing über seinem Gesicht, und er konnte kaum etwas erkennen. Voller Panik versuchte er zurückzuweichen.
» Junge, hör mir zu. Du musst leise sein«, zischte die Stimme. » Wirst du leise sein?«
Er nickte und holte tief Luft, um zu schreien, sobald der Mensch die Hand von seinem Mund nahm. Aber er ließ sich nicht zum Narren halten.
» Wir müssen fliehen«, hörte er, und allmählich dämmerte ihm, dass dieser Mensch ebenfalls ein Kind war. Das Haar verschwand etwas aus seinem Gesicht, und er konnte sich umsehen. Die anderen lagen immer noch da, wo sie sich hingelegt hatten, wie Haufen weggeworfener Kleidung, und ihr Schnarchen hallte durch den hohen Tunnel. Elijas Häscher lehnte sich zurück, immer noch die Hand auf seinem Mund, und jetzt sah er, dass es ein Mädchen war, älter als er, mit langem, schmutzigem Haar und einem bleichen, groben Gesicht.
Die junge Frau beugte sich vor und flüsterte ihm ins Ohr. » Wir müssen fliehen, bevor wir ihr Lager erreichen. Es sind Plünderer, und sie werden uns töten und fressen.«
Er schüttelte den Kopf. Sie irrte sich. Diese Leute hatten ihn gerettet. Sie kümmerten sich um ihn. Er hatte von diesen Plünderern gehört, aber er stellte sich vor, dass sie wie Gespenster waren – etwas Böses, von dem man viel hörte, was man aber nie sah. Er versuchte zu sprechen, und sie lehnte ihren Kopf an seinen und löste vorsichtig ihren Griff um seinen Mund.
» Sie haben mich gerettet«, flüsterte er.
» Und warum haben sie das getan?«, zischte sie. » Aus Freundlichkeit?«
Elija wusste, dass es freundliche Menschen in den Hallen gab, Menschen wie Rubin oder den barschen Mann, den er zuletzt mit Emly gesehen hatte. Aber in seinem Innersten spürte er, dass die Leute, an die er hier geraten war, nicht so waren.
Er sah sich unsicher um. Es war vollkommen ruhig in der Höhle; alle schliefen wie tot. Nur eine Fackel brannte noch, und derjenige, der damit Wache hielt, war daneben eingeschlafen. Sein Mund stand weit offen. Es wäre ein Leichtes, einfach davonzukriechen. Aber der Gedanke, in die Dunkelheit zu flüchten, machte ihm mehr Angst als das Risiko, den Tod durch die Hände dieser Leute zu finden. Er schüttelte den Kopf. » Ich bleibe.«
Das Mädchen runzelte die Stirn. » Dann werden sie dich töten.«
» Im Dunkeln werden wir auch
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