Der Moloch: Roman (German Edition)
ihn in einem eisernen Griff.
» Ich bin’s!«, sagte das Mädchen.
Elijas Herz hämmerte wie verrückt. Er konnte kaum atmen.
» Schon gut, ich bin es«, wiederholte es. » Mein Name ist Amita.«
Er beruhigte sich ein wenig und spürte, wie das Hämmern seines Herzens in seiner Brust langsamer wurde. » Ich bin Elija«, murmelte er. » Wie hast du mich im Dunkeln gefunden?«
» Ich habe deine Schritte auf dem Stein gehört. Du schlurfst wie ein alter Mann.«
» Was machen wir jetzt?«, erkundigte er sich. » Wohin sollen wir gehen?« Die Angst, sich zu verirren, wuchs an.
» Wir gehen zurück«, erwiderte sie.
» Wir gehen zurück?«
» Wir gehen zurück und holen eine Fackel. Du hattest Recht. Wir können nicht im Dunkeln bleiben.«
» Aber wenn Sie uns fangen?«
» Sie werden nicht mit uns rechnen. Sie glauben bestimmt, wir haben zu viel Angst.«
Elija hatte tatsächlich zu viel Angst, aber sein Vertrauen in Amita wuchs, und er widersprach ihr nicht.
» Es ist ganz einfach«, sagte sie und nickte, als wollte sie ihn und vielleicht auch sich selbst überzeugen. » Wahrscheinlich werden sie weiterschlafen, und wir können einfach hineinspazieren und uns die Fackel holen.«
Elija dachte angestrengt darüber nach. » Aber wenn sie jetzt nicht mehr schlafen wollen? Dachs will vielleicht weitergehen.«
» Noch besser. Dann können wir ihnen in sicherer Entfernung folgen. Sie können uns im Dunkeln nicht sehen, und sie werden uns bei dem Lärm, den sie machen, nicht hören. Und wenn sie dort ankommen, wohin sie wollen – nun, dann entscheiden wir, was wir tun.«
Elija fand keine Argumente gegen diesen Plan. » Wir brauchen Essen und Wasser«, sagte er dennoch.
» Ich weiß«, sagte sie.
Am Ende war es genauso einfach, wie Amita vorhergesagt hatte. Die Plünderer hatten nicht weitergeschlafen, sondern waren zu ihrem unbekannten Ziel aufgebrochen. Die Kinder hörten sie schon von weitem lärmen und versteckten sich in einer tiefen Nische in der Felswand und ließen sie vorbeigehen. Die Gruppe hatte jetzt zwei Fackeln angezündet, eine am Anfang und eine am Ende. Es war leicht, ihnen zu folgen, und einer von ihnen verlor sogar einen halb leeren Wasserschlauch, den die Kinder gierig aufhoben.
Sie schienen Stunden zu gehen. Endlich vermuteten sie, dass sie sich ihrem Ziel näherten, denn die Plünderer fingen an, sich zu beeilen. Elija taten die Füße weh, er humpelte vor Erschöpfung und konnte ihnen kaum noch folgen. Er hörte Schreie und Gelächter, und diese Geräusche verliehen ihm ein wenig Energie. Schließlich blieben die Plünderer stehen, und Elija und Amita schlichen vorsichtig weiter, achteten darauf, sich außerhalb der Lichtkegel der Fackeln zu halten.
Die Gruppe war an einem hohen, schmalen Spalt in einer Felswand stehen geblieben. Sie beeilten sich hindurchzukommen und stießen und rempelten sich gegenseitig in ihrer Hast. Die Kinder hörten, wie Dachs sie alle verfluchte. Langsam wurde die Gruppe kleiner und verschwand schließlich vollkommen wie Wasser in einem Rohr in der Erde. Sie ließen nur Stille und Dunkelheit hinter sich zurück.
Die Kinder traten vor, warteten eine Weile und zwängten sich dann ebenfalls durch den Spalt. Sie kamen in der größten Halle heraus, die Elija jemals gesehen hatte. Die Kaverne erhob sich hoch über ihren Köpfen bis zu einem verborgenen Dach, durch das in schmalen Strahlen Tageslicht fiel. Die Luft hier war dünner; die Atmosphäre drückte weniger auf die Sinne. Elija staunte darüber, dass er sehen konnte.
Weit vor ihnen schlängelte sich mitten durch die Halle ein Fluss. Zwischen ihnen und dem Fluss lag ein breites Ufer, über das Stege aus Planken führten, und den Fluss überspannte eine Brücke aus rostigem Metall und Holz. Dachs und ihre Gruppe eilten gerade im Laufschritt darüber. Sie waren wohl erleichtert, nach Hause zu kommen, und Elija hörte, wie sie sangen und lachten. Jetzt erst bemerkte er, dass in der Mitte der Gruppe Kinder gingen, kleine, gebeugte Gestalten, die über die Brücke gestoßen und geschoben wurden. Auf der gegenüberliegenden Seite sah er eine Siedlung aus Zelten und Schuppen. Selbst in dem dämmrigen Licht erkannte er, dass es eine große Gemeinschaft war. Dutzende von Menschen versammelten sich auf einem Platz in der Mitte, der von den Lichtstrahlen erhellt wurde, vielleicht um d ie Plünderer in ihrem Heimatdorf willkommen zu heißen.
Elija und Amita sahen sich an. Welches Schicksal erwartete wohl die anderen
Weitere Kostenlose Bücher