Der Moloch: Roman (German Edition)
mich wohl schwer weigern, dorthin zu gehen.«
» Pass auf deinen Arsch auf.«
» Dafür bist du ja hier.«
Die beiden Männer gingen zum Haupteingang des Frieds hinauf. Die Bronzeportale, die tief in den geschwungenen Mauern aus blassgrünem Marmor lagen, waren mit Halbreliefs verziert, die epische Szenen aus dem Leben des Unsterblichen zeigten. Soldaten in schwarzsilberner Uniform flankierten sie. Riis erkannte in ihnen Angehörige der Schwarzschwanzadler-Zenturie. Er wollte sich gerade identifizieren, als einer der Soldaten eine kleine Tür öffnete, die in dem Portal eingelassen war. Riis war unsicher und fragte sich, ob das eine geplante Beleidigung war. Die Soldaten salutierten nicht vor ihm. Sollten sie es tun? Riis kannte die Etikette der Eintausend noch nicht gut genug.
Er betrat den Fried, Darius an seiner Seite. Sie befanden sich in einem ausladenden Foyer, an dessen beiden Seiten jeweils eine breite Treppe nach oben führte. Vor ihnen lagen etliche Türen. Riis hatte etwas Bemerkenswertes erwartet, denn schließlich befand er sich endlich auf dem Territorium des Kaisers. Aber dies war einfach nur ein leerer Raum, so kalt wie die Titte einer Witwe. Riis und sein Adjutant sahen sich an.
Dann trat eine große Gestalt aus einer offenen Tür. » Kommandeur Riis, hierher!«, befahl eine raue Stimme. » Niemand hat etwas davon gesagt, dass du einen Adjutanten mitbringen solltest.« General Boaz starrte Darius finster an, der seinen Blick kühl erwiderte.
» Es hat mir auch niemand befohlen, es nicht zu tun«, erwiderte Riis liebenswürdig und blickte dem Mann in die Augen. Es kam selten vor, dass er jemanden traf, der größer war als er selbst. » Ich wurde noch nicht über das Protokoll der Eintausend informiert.«
» Der Tradition gemäß«, erklärte eine andere Stimme, als sie in das Konferenzzimmer traten, » sind die Angehörigen der Eintausend, sogar ihre Kommandeure, nur einfache Krieger, die ihrer Cité dienen. Folglich wäre es nicht angemessen für sie, Adjutanten zu beschäftigen. Das ist natürlich völliger Unsinn.« Marcellus hob die Hand und winkte Riis in den Raum. » Die Kommandeure der Eintausend sind wichtige Offiziere mit vielschichtigen Verantwortungsbereichen. Sie beschäftigen ganze Heerscharen von Dienern in ihren Heimen und viele von ihnen haben mehr als einen Adjutanten. Sie bringen sie normalerweise einfach nur nicht zu einer Kommandeursbesprechung mit.«
» Man hat mir auch nicht gesagt, dass dies hier eine Kommandeursbesprechung sein würde«, erwiderte Riis. » Man hat mir nur gesagt, ich solle mich hier einfinden.« Es war ihm klar, dass er sich rechtfertigte.
Der Erste Lord nickte. » Dein Adjutant kann bleiben. Dein Name, Soldat?«
» Darius Hex, Herr.«
Marcellus nickte. » Hieß dein Vater ebenfalls Darius, obwohl man ihn Socke nannte?«
Darius starrte unbewegt auf eine Stelle an Marcellus’ Stirn, fest entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. » Ja, Herr.« Zum ersten Mal, seit Riis ihn kannte, verärgerte ihn die Einsilbigkeit des Mannes. Er hätte am liebsten gesagt: » Es ist schon in Ordnung, sich von Marcellus Vincerus beeindrucken zu lassen. Er hat unseren Respekt verdient.« Ein Bild von zwei wie in Blut gebadeten Männern schoss ihm durch den Kopf, aber er unterdrückte es rasch.
Dann sah er sich um. Er befand sich in einem runden Gemach, das mit weißem Marmor ausgekleidet war. An den Wänden befanden sich gemeißelte Reliefs der zehn Insignien der Leibwache. Eines war zugehängt, und es erfüllte Riis mit Stolz, dass er wusste, dass hier bald das Symbol der Nachtfalken hängen würde. Es waren mehr als ein Dutzend Soldaten im Raum, die saßen oder standen. Boaz beugte sich, krumm wie ein Reiher, über Rafael Vincerus. Der schlanke, schwarz gekleidete Mann lehnte entspannt an einer Mauer.
» Für alle, die noch nicht hier gewesen sind«, erklärte Marcellus höflich, » dieser Raum nennt sich der Schwarze Raum, nicht weil er schwarz wäre, sondern weil er für den Kaiser von dem Architekten Tomas Schwarz geschaffen wurde, als Beispiel für einen vollkommen runden Raum mit einer vollkommen runden Kuppel. Architekten haben mir gesagt, dass es einen Fachbegriff dafür gibt, aber ich muss gestehen, dass er mir jetzt nicht einfällt. Hier treffen sich die Kommandeure der Eintausend, und hier richtet auch der Kaiser sein Wort an uns, falls er es für angemessen hält.« Riis’ Herz hämmerte wie wild. Wenn er seine Position als Kommandeur behielt
Weitere Kostenlose Bücher