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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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Dann schüttelte er den Kopf und riss seinen Blick davon los.
    Er drehte sich zu seinen Kameraden um, die bleich und stumm neben ihm standen. » Lasst einen Säuberungstrupp kommen«, befahl er. » Hier gibt es nichts mehr, was man begraben könnte.«

33
    Der erste Schnee fiel früh in diesem Jahr und vergrößerte das Elend in der belagerten Cité. Abergläubische behaupteten, wenn der erste Schnee vor dem Fest der Zusammenkunft fiel, würde ein harter Winter folgen. Die alten Weiber blickten zum Himmel hinauf, schüttelten die Köpfe und sagten bittere Tage voraus. Am Tag lag der Schnee auf den Straßen und Gassen und dämpfte die Geräusche der Cité. Er schmolz langsam auf den Ziegeldächern, und das Wasser bahnte sich den Weg auf Dachböden und in Fensterrahmen. Sobald das schwache Sonnenlicht verschwand, gefror es zu Eis. Die Straßen des Arsenals sowie Teile von Barenna und Burman Fehrn, die des Nachts ohnehin schon gefährlich waren, wurden in den Stunden nach Einbruch der Dunkelheit für einfache Leute unpassierbar.
    Die Ärmsten der Einwohner der Cité, die ohnehin auf dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod wandelten, von Hunger und Krankheiten verfolgt und von menschlichen Raubtieren, die sich von diesen Unseligen nährten, starben des Nachts still zu Hunderten. Wer den Willen besaß zu überleben, stieg in die Kanalisation hinab und wurde zum Kloaker, denn unter der Erde war es wärmer. Harte Winter waren schon immer die besten Rekrutierungsoffiziere der Hallen gewesen. So nahm also die Bevölkerung der Cité immer weiter ab, die Nachfrage nach Lebensmitteln ließ nach, und die Verwaltungsbeamten, welche für die Lebensmittelzuteilung verantwortlich waren, beglückwünschten sich für ihre fähige Verteilung. Dieselben Beamten trugen nominell auch die Verantwortung für die Verteilung von Brennstoff. Die Vorräte an Kohle und Öl waren schon seit langem so geschrumpft, dass nur der Palast, und dort auch nur einige Teile, im Winter geheizt werden konnten.
    Es war fünf Tage vor dem Fest der Zusammenkunft, der Tag, an dem Lady Petalina bestattet werden sollte. Im frühen Morgengrauen zog Riis einen schweren Militärmantel über seine neue Uniform und eilte durch die kalten Gänge des Palastes. Er sah seinen Atem vor sich und hatte die Hände tief in die Taschen geschoben, die Schultern gegen die Kälte hochgezogen. Ihm war klar, dass er nicht gerade wie ein Kommandeur der Eintausend aussah, daher straffte er sich unwillkürlich, als er sich dem Fried näherte. Er warf seinem neuen Gehilfen einen Seitenblick zu und grinste. Darius schüttelte den Kopf. Riis war befohlen worden, an einem Treffen der Kommandeure der Eintausend im Fried teilzunehmen. Bis jetzt hatte er diese Burg noch nie betreten. Aber heute würde er in die Höhle des Kaisers gehen, etwas, das vor wenigen Wochen noch unmöglich gewesen wäre. Er erwartete dieses Ereignis gleichzeitig verzagt und aufgeregt, und er vermutete, dass Darius genauso empfand, obwohl er Riis’ Vorhaben nicht kannte.
    Als erfahrener Kavallerist fand er sich jetzt plötzlich und völlig unerwartet als Kommandeur der Eintausend wieder, und er hatte keine Ahnung, wie ein solches Geschöpf sich verhielt, worin seine täglichen Pflichten bestanden oder wie er seine Leute behandelte. Wie die meisten Soldaten vor ihm hatte er jedes Mal, wenn er befördert worden war, einfach nur das Verhalten des Mannes nachgeahmt, den er ersetzt hatte, bis er sich auf festem Boden fühlte und die Rolle wirklich verinnerlicht hatte. Hier jedoch war er vollkommen orientierungslos. Er hatte noch nie zur kaiserlichen Leibwache gehört, und wenn er etwas mit ihnen zu tun gehabt hatte, war die Zusammenarbeit meist von Konkurrenz geprägt, bestenfalls widerwillig kooperativ gewesen. Und von seinen neuen Kameraden konnte er gewiss keine Hilfe erwarten, die Kommandeure der anderen Zenturien verabscheuten ihn für die Art und Weise, wie er zu dieser Beförderung gekommen war.
    Darius war normalerweise wortkarg und nahezu barsch. Er folgte ihm, ohne Fragen zu stellen, bis sie die grünen Mauern des Frieds erreichten. » Ist das eine Einsatzbesprechung?«, erkundigte er sich dann.
    Riis zuckte übertrieben gelassen mit den Schultern. » Woher soll ich das wissen? Mir hat gestern Nacht ein Adjutant von General Boaz befohlen, mich heute bei Tagesanbruch im Fried einzufinden, auf Befehl von Marcellus.«
    Darius grunzte.
    Riis breitete die Hände aus. » Ich weiß. Aber was soll ich machen? Ich kann

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