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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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Dann durch einen Gang, dann zum Fuß der Wendeltreppe, die sie einst so selbstsicher ein Dutzend Mal am Tag hinauf- und hinabgelaufen war. Vor langer Zeit.
    Sie suchte verzweifelt nach einem Lichtstrahl, als sie die Treppe hinaufstürmte und die anderen in ihrer Hast hinter sich ließ. Dann lief sie durch eine andere Tür und eine breitere, gerade Treppe hinauf. Schließlich blieb sie stehen, als sie ihre Begeisterung zügeln konnte. Sie wartete, bis die anderen sie einholten, und hörte, wie diese ihre Stiefel viel vorsichtiger auf die nassen Steinstufen setzten.
    » Elija?«, fragte sie ins Dunkel.
    » Hier.«
    » Wir werden gleich die Bibliothek der Stille erreichen.« Falls man dort die Tür nicht vor dem steigenden Wasser versiegelt hat, dachte sie. » Du musst hinter uns bleiben. Es könnte sein, dass man uns dort erwartet.«
    Sie drückte auf den Handgriff. Er bewegte sich störrisch unter ihrem Druck, aber die Tür war verzogen und ließ sich nicht aufstoßen. Sie rief Garret zu sich, und gemeinsam gelang es ihnen, sie so weit zu öffnen, dass sie sich hindurchzwängen konnten. Dahinter warteten nur mehr Dunkelheit, mehr Stille. Sie lauschte mit angespannten Nerven. Doch alles, was sie hörte, waren Stille und das stets präsente Rauschen von fernem Wasser.
    » Wartet«, flüsterte sie.
    Sie ging weiter, die Hände ausgestreckt, und stellte fest, dass sie zwischen hohen Bücherregalen stand. Ja, jetzt fiel es ihr wieder ein. Die kleine Tür lag mitten in den Regalen, am hintersten Ende der Bibliothek versteckt. Sie ging jetzt zuversichtlicher weiter, dann nach rechts, wo sie mit der Hand einen Pfeiler ertastete. Etwa in Kopfhöhe spürte sie den eisernen Ring, in dem eine Fackel steckte. Die Fackel fühlte sich feucht an, aber sie hoffte, dass das Pech trotzdem noch brennen würde. Sie ging wieder damit zurück und spürte, wie sie mit ihren Stiefeln vom Wasser aufgeweichte Bücher zertrat.
    » Ein Phosphorhölzchen«, befahl sie. Eine lange Pause folgte, und sie hörte, wie jemand etwas durchsuchte. Dann hörte sie das Kratzen eines Phosphorhölzchens, das Garret irgendwie trocken gehalten hatte. Es zündete und flackerte, und sie hielt die Fackel daran. Eine Weile wollte das Pech nicht brennen, und sie machten sich bereits Sorgen, aber schließlich flammte die Fackel auf. Das alte, vertraute Licht blendete sie zwar und brannte in ihren Augen, aber ihre Zuversicht wuchs.
    » Wartet«, befahl Indaro erneut, und diesmal ging sie selbstsicher durch die Bibliothek. Ihr schossen Erinnerungen durch den Kopf, wie sie das letzte Mal hier gewesen war und sich verbittert von Archange verabschiedet hatte. Und dann das Mal davor, als sie zugesehen hatte, wie ein zerlumptes kleines Mädchen seine erste warme Mahlzeit seit Wochen verschlungen hatte. Sie öffnete die Tür der Bibliothek und warf einen Blick hinaus in den Gang. Dann schob sie die Fackel hindurch und sah sich rechts und links im Korridor um. Niemand da. Leise rief sie die anderen zu sich.
    Die marmornen und steinernen Flure des Roten Palastes wurden nur von dem Licht erhellt, das durch die hohen Fenster fiel, die jedoch kaum die Sonne durchließen. Dadurch waren die Gänge stets in Dämmerlicht getaucht. Sie fühlten sich wie Insekten, die am Rand einer Mauer entlanghuschten, als sie sich auf den Weg zum Fried machten. Hin und wieder begegneten sie Dienern und Wachen, aber in diesem riesigen Palast war es ein Leichtes, sich in kleinen Nebenräumen oder Torbogen zu verstecken. Indaro lauschte immer wieder an Türen und öffnete sie leise. Schließlich winkte sie die anderen durch eine Tür hindurch. Die Kammer, in der sie standen, war prachtvoll und elegant eingerichtet. Sie hatte dicke Teppiche und weiche gepolsterte Möbel. Aber es war kalt und feucht, und das Gemach schien aufgegeben worden zu sein.
    » Ich glaube, dies sind die Wohnungen für ausländische Besucher«, meinte Elija und sah sich staunend um.
    » Wir könnten uns hier ein Jahr verstecken, ohne dass uns jemand finden würde«, bemerkte Garret. » Was wollen wir hier?«, fragte er Indaro.
    Sie lockerte ihre Schultern, drehte den Kopf hin und her und versuchte, die Anspannung in ihrem Körper zu lösen. » Wenn ich schon heute sterben muss«, erklärte sie, » dann will ich dabei nicht aussehen wie eine Ratte, die in Scheiße getaucht wurde.«
    Sie öffnete die Türen der Wohnung und fand schließlich den Waschraum. Darin waren eine Badewanne aus weichem Stein und ein Kristallbecken, und sie

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