Der Moloch: Roman (German Edition)
auf dem sich ihre Besorgnis abgezeichnet haben musste. » Aber das Wasser steigt nur unregelmäßig«, sagte er, » so wie in den unteren Ebenen. Wir können es immer noch dorthin schaffen.«
Schließlich gelangten sie in einen trockenen Korridor, der von vergessenen Statuen gesäumt war. Sie warfen ihnen von ihren hohen Sockeln überhebliche Blicke zu. Am Ende des Gangs befand sich eine Treppe, die nach unten führte. Elija stieg rasch hinab, dicht gefolgt von Indaro. Am Fuß der Treppe war das Wasser hüfttief und stieg sichtlich. Ohne zu zögern, warf sich Elija hinein und machte sich, halb schwimmend, halb watend, auf den Weg in den dunklen Tunnel. Indaro hob ihre Lampe hoch, konnte aber das Ende des Gangs nicht sehen. Sie machte eine kleine Pause, bevor sie ihm folgte. Das Herz schlug ihr bis in den Hals. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, wollte sie mit ihrem Schwert in der Hand sterben und nicht wie eine Ratte in einem Rohr ertrinken. Garret und Staker sahen sich vielsagend an, aber sie hatten keine Wahl – immerhin hatten sie Elija bis hierher vertraut.
Die Decke wurde niedriger, und der Boden fiel unter ihnen ab. Indaro musste schwimmen. Es fiel ihr schwer, die Lampe über dem Wasser zu halten, und sie bemühte sich, in Elijas Nähe zu bleiben, damit er sah, wohin er schwamm. Aber anscheinend muss er gar nichts sehen, dachte sie. Er scheint diesen Ort vollkommen verinnerlicht zu haben.
Schließlich musste der Junge innehalten. Sie waren an einen niedrigen Torbogen gekommen, der unter Wasser lag. Sie konnten nicht weiter. Indaro spürte, wie sich Panik in ihr ausbreitete. Ihre Hände zitterten vor Kälte oder vor Furcht, sie wusste es nicht. Sie hob die Laterne hoch, und das Licht fiel auf Staker. Sein hageres Gesicht lag tief in den Schatten.
» Wir müssen unter diesem Bogen hindurchschwimmen«, erklärte Elija. » Dahinter befindet sich vermutlich ein Tunnel.«
» Vermutlich«, wiederholte Staker.
» Der Durchgang führt irgendwohin. Tastet euch an der Decke entlang, dann werden wir schließlich an irgendeinem höher gelegenen Ort herauskommen, einer Halle oder einer Treppe. Wir werden kein Licht haben, aber ich finde den Weg jetzt auch im Dunkeln.«
Elija klang so zuversichtlich, dass Indaro spürte, wie ihre Nerven sich beruhigten. Dann fiel ihr jedoch ein, dass er nie wieder in die Halle der Wächter zurückgekehrt war, und sie versuchte, die bedrohliche Erinnerung mit einem Kopfschütteln loszuwerden.
Der Junge nickte ihr zu. Seine Augen schimmerten wie im Fieber, dann duckte er sich in das schwarze Wasser und verschwand. Er hinterließ nichts als ein paar dicke Luftblasen, die langsam an der Oberfläche zerplatzten. Indaro gab ihre Lampe Garret, versuchte, nicht zu denken, duckte sich und schwamm unter dem Bogen hindurch. Das Wasser war eiskalt. Sie spürte die raue Decke über sich und schwamm in blindem Vertrauen weiter, folgte Elija. Sie hoffte, dass der Tunnel gerade war und keine Seitengänge aufwies, in denen man sich verirren konnte. Sie schwamm und schwamm, eine Hand vor sich ausgestreckt, die andere über sich. Einmal spürte sie etwas unter ihrer suchenden Hand und hoffte, dass es Elijas Fuß war. Sie erinnerte sich daran, wie sie das letzte Mal blindlings seinen Stiefeln gefolgt war, durch eine Felsspalte. Das war ebenfalls schrecklich gewesen, aber wenigstens war es heller, und sie hatte Luft zum Atmen gehabt. Sie spürte den Schmerz in ihrer Brust, während sie weiterschwamm. Ihr Kopf drohte vor Schmerz zu platzen, ihre Glieder wurden schwächer, weil sie zu lange keine Luft mehr bekommen hatte. Sie musste den Mund aufmachen und das Wasser hereinlassen, es war zu stark, das gleichgültige, friedliche, kalte Wasser …
Sie spürte, wie eine Hand die ihre packte. Sie hielt sich fest und trat ein letztes Mal schwach mit den Füßen. Dann tauchte ihr Kopf aus dem Wasser auf, und sie holte tief und schmerzhaft Luft, keuchend und hustend. Elija zog an ihrem Arm.
» Mach Platz für die anderen!«, sagte er.
Sie kletterte unbeholfen auf einen niedrigen Felsvorsprung. Dann drehte sie sich um und streckte die Hand aus. Sie fand eine herumtastende Hand, und Garret tauchte keuchend neben ihr auf. Noch einer. » Staker?«, fragte sie in die Dunkelheit. Es kam keine Antwort. Sie warteten. Nachdem sie stumm bis hundert gezählt hatten, drehte sich Indaro zu Elija herum. » Geh voraus!«, befahl sie.
Während sie durch die Dunkelheit schlurften, Hand in Hand, wie der Blinde, der einem
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