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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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seid ihr stinkbesoffen, und ihr stinkt wie alle Kneipen Frankfurts zusammen.«
    »Wir haben Anisschnaps geklaut.« Horstmann war sich völlig darüber klar, dass diese Bemerkung kindisch war, aber er hatte sie eingeplant. Er wollte kindisch wirken.
    »Was soll das?« Der Mann hinter dem Schreibtisch lächelte leicht belustigt, aber er war sehr neugierig, und das war gut für Horstmann.
    Er sagte: »Es war Ihr Anisschnaps. Wir haben ihn heute Nacht aus dem Eisschrank genommen. Wir waren einfach vollkommen fertig.«
    »So.« Weiter sagte der Mann nichts, aber Horstmann hatte auch das vorausgesehen.
    Er sagte: »Sie haben uns die Würmer gegeben, diese Kiefernfresser. Gestern Abend kam mir dann eine Idee. Ich holte Herrn Ocker, und wir fuhren hierher. Wir probierten eine Weile herum und schließlich ...« Er machte eine Pause, atmete tief durch, strich mit beiden Händen über das Gesicht und sagte heftig: »Ocker, erzähl weiter. Mein Kopf ist wie ein hohler Kürbis.«
    Unter normalen Umständen war dies ein unter Wissenschaftlern unmögliches, geradezu unwürdiges und empörendes Verhalten, aber Horstmann wollte Erschöpfung demonstrieren:Erschöpfung im Dienst des Unternehmens. Also musste er Ocker jetzt zum Zug kommen lassen. Ocker würde die Chance haben, sich selbst herauszustreichen, aber er würde niemals verschweigen, dass es Horstmanns Idee gewesen war. So war beiden Seiten gedient.
    Ich bin es satt, dachte Horstmann heiter, immer nur eine gute Nummer zu sein. Ich bin es auch satt, mich an die Spielregeln zu halten,
    »Also, was ist?«, fragte der Mann hinter dem Schreibtisch. Der Auftritt der beiden durchbrach die gewohnten Schranken seiner Welt. Und er war ein Mann, der schnell ungeduldig werden konnte.
    »Erzähl das Wichtigste«, sagte Horstmann matt.
    »Jawoll«, sagte Ocker stramm und erzählte, und er schloss seinen Bericht lapidar: »Es funktioniert!«
    »Was heißt, es funktioniert?«
    »Ich kann die Schädlinge töten«, sagte Horstmann. »Entschuldigen Sie meinen Aufzug, aber ich habe überhaupt nicht geschlafen.«
    »Was soll’s?«, sagte der Mann, den sie Chef nannten. »Sie können die Dinger also töten?«
    »Ja«, sagte Ocker. Es klang ganz so, als sei er persönlich der einzig Beteiligte, aber warum sollte man ihm dieses Gefühl nicht gönnen?
    »Das darf doch nicht wahr sein, Horstmann!« Der Mann hinter dem Schreibtisch stand auf und murmelte: »Sie sollten etwas Sekt trinken. Das regt den Kreislauf an.« Er rief: »Eine Flasche Sekt, bitte!« Dann stand er sehr nahe vor Horstmann. »Sie sind schon ein verdammter Kerl, sind Sie!«
    »Na ja«, sagte Horstmann desinteressiert. »Wir haben jetzt ein Mittel, aber wir kennen die Auswirkungen auf die übrige Tierwelt und die Pflanzen noch nicht.« Er nahm einen Teilseines Triumphes ganz bewusst zurück, denn er hatte bemerkt, sieben Jahre lang bemerkt, dass dieser Mann, der die Firma führte, den Anfangserfolg immer höher einstufte als jede daraus resultierende Erkenntnis.
    »Was soll das? Das schaffen wir schon«, sagte der Mann.
    »Ich glaube das auch«, sagte Ocker eifrig. Und zum erstenmal machte er aus eigenem Antrieb eine vollkommen richtige Bemerkung. Möglicherweise hatte er sie durchdacht, wahrscheinlicher war der Zufall. Er sagte: »Hätten Sie etwas dagegen, Chef, wenn ich nach Hause fahre und mich ein paar Stunden hinlege?«
    Bis jetzt ist es so einfach, dachte Horstmann. Bis jetzt ist es so einfach, dass es beinahe wehtut. Er sagte: »Fahr du schon nach Hause. Ich muss noch die Formel aufschreiben, damit sie in den Tresor kommt.« Er sah dabei Ocker an, der sofort begriff und aufstand.
    »Entschuldigen Sie, aber ich bin ziemlich erledigt«, sagte Ocker. Er verbeugte sich zweimal, ehe er die Türe erreichte und verschwand.
    Das Mädchen kam mit der Flasche Sekt herein, und der Chef sagte: »Das machen wir selbst.«
    Horstmann beobachtete ihn, wie er die Flasche zuerst betrachtete, dann den Draht über dem Korken abwirbelte und den Korken langsam herauskommen ließ. »Trinken Sie, Horstmann. Das ist eine gute Sache, wenn man überarbeitet ist.«
    »Danke«, sagte Horstmann. »Haben Sie einen Zettel da und einen Kugelschreiber?«
    »Natürlich.«
    Horstmann nahm das Papier und den Schreiber und zeichnete die chemische Verbindung der einzelnen Stoffe auf. Dann schrieb er darunter die jeweiligen Anteile der einzelnenStoffe. Das dauerte eine Viertelstunde, und es war sehr still.
    »Das ist es«, sagte Horstmann. Er reichte dem Mann hinter

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