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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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seinen Telefonapparat und setzte sich auf den Tisch am Fenster. Er wählte Binders Privatnummer. War Binder verheiratet? Hatte er Kinder? Wo wohnte er?
    »Ja? Bitte? Horstmann hier. Sind Sie es, Herr Binder?«
    »]a«, sagte Binder. »Was wollen Sie?«
    »Ich bin immer noch im Betrieb. Ich habe mir die Sache überlegt. Können Sie kommen?« Er durfte es nicht zu einfach machen.
    »Wieso jetzt?«
    »Es ist jetzt besser«, sagte Horstmann. »Und bringen Sie das Geld mit.«
    Binder antwortete eine Weile nicht. Dann lachte er. Das Lachen klang nicht mehr so verkniffen, Binder wirkte befreit. »Ich habe doch das Geld nicht im Haus.«
    »Wenn Sie es nicht im Haus haben, brauchen Sie nicht zu kommen«, sagte Horstmann knapp. Er war der festen Überzeugung, dass Binder das Geld irgendwo parat hatte. Dies war nichts als ein Geschäft. Und Horstmann konnte sich nicht vorstellen, dass Binder nicht flüssig genug war, um das Geschäft sofort und an allen Orten abzuwickeln.
    »Ich werde sehen«, sagte Binder.
    »Sie werden nicht sehen«, sagte Horstmann. »Sie bringen das Geld mit. Irgend jemand hat Sie auf mich gehetzt. Wenn Sie erfolglos sind, wäre das peinlich für Sie. Sind es Tausendmarkscheine?«
    »Ja«, sagte Binder. »Sie können ganz beruhigt sein. Die Scheine sind alt. Geldscheinnummern werden nur notiert, wenn sie frisch die Landesbank oder die Bundesbank verlassen. Hinterher wechseln sie schnell die Besitzer.«
    »Das hoffe ich für Sie«, sagte Horstmann. Er fand, dass das zu bedrohlich klang und setzte hinzu: »Es könnte schließlich sein, dass Sie mein Wissen noch einmal gebrauchen.«
    »Das könnte sein«, gab Binder zu. »Ich komme gleich.«
    »Kommen Sie so, dass ich Sie sehe«, sagte Horstmann. Binder sollte am Haupttor parken. »Haben Sie eine Pistole?«
    »Nein«, sagte Binder verblüfft.
    »Wozu denn?«
    »Es war nur eine Frage. Ich kenne schließlich Ihr Gewerbe nicht.«
    »Es ist lautlos«, sagte Binder, »lautlos und diskret.«
    Im Frankfurter Telefonbuch gab es sehr viele Binder. Horstmann wusste nicht einmal den Vornamen. Er hatte nur die Möglichkeit, die Telefonnummer auf dem Firmenverzeichnis mit den Nummern im Telefonbuch zu vergleichen. Das erforderte einige Minuten. Binder wohnte ungefähr zwanzig Minuten entfernt.
    Horstmann zog Gummihandschuhe über, zog einen Laborkittel an und brachte den Sterilisator in Gang. Dann zog er die Schuhe aus und zog sich Filzlatschen an, die sie immer benutzten, wenn sie mit kleinsten Mengen operierten und Erschütterungen vermeiden mussten. Er machte das alles mechanisch. Man konnte Binder zwar kaum eine »kleine Menge« nennen, aber da gab es einen anderen Faktor: die Polizei. Horstmann war Chemiker, und er wusste mehr über die Polizei als normale Sterbliche. Zwar hatte er nie mit der Polizei zu tun gehabt, aber eine moderne Kriminalpolizei war ohne Hilfe der Chemie undenkbar. Deshalb wusste Horstmann so viel.
    Er wusste, dass die Polizei mit Mikrospuren arbeitete, die eindeutig bewiesen, dass ein bestimmter Gummihandschuh ein bestimmtes Jackett berührt hatte. Deshalb der Sterilisator. Er wusste auch, dass er peinlichst vermeiden musste, Binder zu Boden fallen zu lassen. Mikrostoffe blieben selbst auf diesen eklig blanken Steinböden zurück. Er wusste auch so viel, dass es gefährlich war, dieses Labor hinterher aufzuräumen oder gar mit einem Waschlappen auszuwischen. Auch das würden die Mikrospuren eindeutig beweisen.
    »Es ist fatal«, sagte er halblaut, »wir haben den Polizisten so viele wissenschaftliche Möglichkeiten in die Hand gegeben, dass es mir fast leid tut. Aber ich bin Chemiker, das ist gut so.«
    Fünf Minuten vor der berechneten Zeit zog er seine Gasmaske über und nahm die Spraydose in die Hand. Er wusste genau, welchen Weg Binder nehmen würde, wenn er durch das Hauptportal kam. Welchen Weg er nehmen würde, wenn er durch den Seiteneingang kam, war ungewiss. Aber inzwischen war Horstmann der festen Überzeugung, dass Binder den Haupteingang benutzen würde. Er würde es schon deswegen tun, weil der Nachtwächter ihn dann eindeutig sehen konnte. Binder sicherte sich eben auf seine Weise.

13. Kapitel
    Binder stoppte seinen Mercedes vor dem Werktor, ließ es sich öffnen und fuhr grüßend an dem Pförtner vorbei zum Parkplatz. Er stieg aus und verschwand hinter dem Verwaltungsgebäude. Horstmann wusste jetzt, wie Binder vorgehen würde. Es war nicht schwierig, sich in die Lage dieses Mannes zu versetzen. Binder würde zunächst in sein

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