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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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gleichzeitiges Gebabbel. Fen wartete, bis es nachließ und widmete sich dann der letzten (eigentlich ersten) Frage, die mehr oder weniger verständlich gewesen war.
    »Ganz am Anfang beginnen? Nun, da gibt es gute Beispiele ebenso wie für das Aufhören, wenn man am Ende ist. Der Anfang ist natürlich Mavis Trent: sie und ihre Männer. Es war unausweichlich, daß sie früher oder später versuchen würde, sich Andrew Luckraft zu angeln, und das tat sie dann auch. Und er ließ sich angeln. Seine Frau ist keine besonders liebenswürdige Person, wie ich höre, und der einzige Grund, warum er es so lange bei ihr ausgehalten hat, war offenbar der, daß sie etwas Geld hatte und nicht kleinlich damit war; er brauchte also nicht nur Sex, sondern auch Mitgefühl, und Mavis Trent war besonders gut darin, das in einem einzigen, reizvoll verpackten Paket zu liefern. Aber die Gattin hatte, obwohl großzügig genug, vom Standpunkt der Affäre Luckrafts doch einen ernsthaften Nachteil: Sie war eine krankhaft eifersüchtige Frau; eine Andeutung von der Sache mit Mavis Trent, und Luckraft wäre durch das Scheidungsgericht gefegt wie ein nackter Mann beim Spießrutenlaufen durch zwei Reihen Sadisten mit Stachelpeitschen, und er wäre dadurch wieder gezwungen gewesen, von seinem bescheidenen Polizistengehalt zu leben. Nicht so schwer, werden Sie vielleicht sagen, aber wie die meisten Verbrecher übersah Luckraft, daß man auf dieser sich drehenden Kugel hier borgen muß, um dort zu bezahlen, und er wußte, daß Mavis, obwohl auch sie Geld hatte, bei den Männern Abwechslung viel zu sehr liebte, um ihn auf unabsehbare Zeit in dem durchaus überdurchschnittlichen Stil aushalten zu wollen, an den er sich gewöhnt hatte.
    Es mußte also alles streng geheim bleiben. Und das blieb es auch, bis zu einem schicksalhaften Tag, als Luckraft mit Mavis vereinbarte, sich in einem Lokal in Plymouth zum Essen zu treffen.
    Denn gerade an jenem Abend hielt sich ganz zufällig im gleichen Lokal noch jemand anderer auf: Andrews Bruder George.
    Ihr Leben hatte verschiedene Bahnen eingeschlagen, und sie hatten nie auch nur versucht, in Verbindung miteinander zu bleiben. Andrew, stets der gesetzestreuere der beiden, war Polizist geworden; George war in die Handelsmarine eingetreten und hatte trotz einiger zweifelhafter Vorfälle en route schließlich Offiziersrang erreicht. Er fuhr nie sehr weit hinaus, wie es den Anschein hat nichts von dieser xenophilen Neugier, die Welt zu sehen –, sondern hielt sich an die britischen und die näheren Kontinentalhäfen, so daß im Grunde nichts sehr Überraschendes daran war, daß er in Plymouth auftauchte.
    Es bedurfte eines halbstündigen verstohlenen Hin- und Herstarrens der Brüder, um einander zu erkennen, und als das endlich geschah, war ihre Begegnung nicht gerade eine überschäumend freundliche. Aber der Alkohol wirkt Wunder, und zu den Wundern, die er diesmal bewirkte, gehörte, daß er Mavis einen nagelneuen und, wie sie meinte, unendlich überlegenen Mann zum Geschenk machte dem guten Andrew unendlich überlegen, meine ich. Andrew war phlegmatisch und gesellschaftlich wenig sprühend; George konnte aufschneiden, mit einem endlosen Strom amüsanter nautischer Anekdoten aufwarten, die stets nicht nur ein wenig anstößig waren, sondern ihn auch als Tölpel darstellten, bis zum abschließenden Höhepunkt, der ihn um Haaresbreite als Sieger auswies.
    Mavis war von alledem bezaubert. Als Andrew auf die Toilette ging, akzeptierte sie sofort Georges Vorschlag, sich wiederzusehen. Er würde vermutlich einige Wochen in Plymouth sein, sagte er; wenn es ihr nichts ausmache, mit einem armen, alten Seebären gesehen zu werden.
    Mavis machte es nichts aus: Es war, als hätte es Andrew nie gegeben. Sie vereinbarte an Ort und Stelle ihr erstes Rendezvous mit George…«
    »Und erlebte es nicht.«
    Fen seufzte.
    »Und hier, fürchte ich, wird alles ganz vage und auf Vermutungen zurückgeworfen. Wir wissen aber weil Luckraft es uns gesagt hat – , daß Mavis George einen langen Brief an seine Adresse in Plymouth schrieb, indem sie ihn ihrer unvergänglichen Zuneigung versicherte und sich über seinen Bruder lustig machte, den sie, wie sie beiläufig erwähnte, übrigens am nächsten Abend spät bei Hole Bridge treffen solle. Sie wolle Andrew ein bißchen erschrecken, schrieb sie, einfach, weil er eine alte Schlafmütze sei. Aber dann wolle sie ihm sagen, das Ganze sei nur Spaß gewesen und ihm auch erklären, daß sie jetzt

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