Der Mond bricht durch die Wolken
Thomas hervor.
Er starrte die am Boden liegende Gestalt an, und obwohl er in solchen Dingen wenig Erfahrung hatte, kam ihm der Gedanke, daß das Opfer von Ortruds Impulsivität, wenn auch schwer verletzt, so doch nicht tot sein mochte: So blutete er noch immer stark am Kopf. Ortrud dagegen hatte eine solche arrière-pensée: Sie mußte von hier fort, und zwar schnell. Nur für einen Augenblick innehaltend, um zu diesem Entschluß zu gelangen, packte sie John Thomas mit eisernem Griff, stieß ihn in das kleine, gemauerte Klosett, warf den Schürhaken zu ihm hinein, und bevor er sich sammeln konnte, hatte sie ihn eingesperrt und den Schlüssel mitgenommen.
Seine erste Reaktion war eine der Erleichterung gewesen: Hier, so fand er, war wenigstens eine zeitweilige Zuflucht. Er hörte Ortrud die Treppe hinaufsteigen, hörte sie im Schlafzimmer poltern offenbar packte sie; hörte sie wieder herunterkommen, hörte sie das Haus verlassen, in den Volkswagen einsteigen und den Motor anlassen. Vorsichtig durch das kleine Fenster der Toilette lugend, sah er das Auto davonfahren. Er besaß sogar die Geistesgegenwart, mit einem Bleistiftstummel, den er zum Glück bei sich trug, auf einem Blatt Toilettenpapier das Kennzeichen zu notieren.
Abgesehen vom Grunzen und Quietschen der Schweine, war es auf der Farm barmherzig still.
Und nun begann Thomas, sich wieder zu sammeln. Er mußte auf irgendeine Weise hinaus, er mußte irgendwie die Flucht ergreifen. Überdies gab es noch den unglückseligen Ehemann, der aller Wahrscheinlichkeit nach immer noch bewußtlos und blutüberströmt in der Diele lag: unzweifelhaft brauchte er einen Arzt und einen Krankenwagen, und es war seine, >Thomas<, Aufgabe, für beides zu sorgen. Er versuchte die Tür zu öffnen, aber sie war massiv und unnachgiebig. Er suchte in den Taschen nach einem Instrument, um das Schloß abzuschrauben, aber er fand nichts. Also blieb nur das Fenster. Schwankend auf dem Toilettensitz, schob Thomas den Kopf hinaus und rief: »Hilfe! Hilfe! O mein Gott, Hilfe!«
Das tat er geraume Zeit, so laut er konnte, aber niemand kam.
Es blieb also nichts anderes übrig, als zu versuchen, zum Fenster h inauszugelangen.
Thomas wand sich und preßte und stemmte, bis er endlich Kopf und Schultern hinausbekam. Aber da blieb er nun stecken, mit der oberen Hälfte seines Körpers gleich einem Steinmonster aus einem Kirchturm ragend, die Beine innen schwach bewegend. Es verging weitere Zeit, während der er in dieser unbequemen Lage verblieb. Dann nahm er den letzten Rest von Entschlossenheit zusammen, mißachtete tapfer die Schmerzen, denen er sich aussetzte, und begann sich systematisch zu winden. Zuerst glaubte er, auch das würde nichts nutzen, aber seine Schultern waren breiter als Hüften oder Gesäß, und er stellte endlich fest, daß er sich bewegte. Als er seine Anstrengungen verdoppelte, entdeckte er bald, daß er, da er sich nirgends festhalten konnte, viel zu schnell in Bewegung war. Inzwischen war es zu spät, um aufzuhören, und er war schließlich aus dem Fenster herausgeschossen wie ein Korken aus der Flasche und mit Wucht auf das Pflaster darunter gestürzt.
Er war zerschürft und geprellt und betäubt. Durch einen glücklichen Zufall hatte es jedoch keine Brüche gegeben, und nach ein, zwei Minuten taumelte er hoch und schaute sich wild nach Hilfe um. Durch eine Lücke zwischen den Bäumen sah er das Dach von Thouless’ Bungalow. So schnell, wie seine Verletzungen es zuließen, verließ er die Schweinefarm und hastete die Straße entlang darauf zu.
Und hier war er.
Thouless, Padmore und der Major lösten sich hastig aus der morbiden Faszination, die diese Mär erregte, und traten in Aktion. Der Major machte sich sofort auf den Weg zur Schweinefarm, um zu sehen, ob er für den armen Youings irgend etwas tun konnte. Thouless riß das Blatt Toilettenpapier mit dem Kennzeichen des Volkswagens an sich, eilte zum Telefon und rief Sergeant Connabeer in Glazebridge an, berichtete kurz und zusammenfassend von den Geschehnissen und bat um einen Krankenwagen; danach ermahnte er Thomas, auf dem Sofa liegenzubleiben, und hetzte hinter dem Major her. Padmore, der sich auf das Telefon gestürzt hatte, als Thouless fertig geworden war, diktierte der >Gazette< die Meldung und folgte den beiden anderen. Sie fanden Youings kaum bei Bewußtsein und taten für ihn, was sie tun konnten, bis der Krankenwagen kam und er hinausgetragen wurde. Man brachte Youings zum Krankenhaus in
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