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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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bald bereuen sollte, ein paar Minuten mit Sergeant Connabeer zu plaudern, und Connabeer, der schon lange nach einem Zuhörer gesucht hatte und sich nun sogar mit Crumb zufriedengab, berichtete alle Einzelheiten von Thouless’ Anruf. Crumb achtete wenig darauf, aber einiges blieb doch hängen, und er war für seine Verhältnisse ausreichend gewappnet, als er das Haus verließ, zur Ringstraße ging und dort einen Augenblick stehenblieb, bis der Verkehr die Überquerung zuließ. Unmittelbar rechts von der Einfahrt zum Parkplatz hatte sich das Loch des Gaswerks in der Straße vertieft, wie er sah; die Männer, die dort gruben, standen jetzt bis zu den Schultern darin. Umgeben war das Loch von kleinen, nachts schwach beleuchteten Hüten, aber obwohl der Verkehr nur noch auf einer Fahrbahn möglich war, war es noch nicht groß genug, daß das Gaswerk eine Notampel aufgestellt hätte.
    Während Crumb in der Nähe des Loches stand, schaute er zuerst die Straße hinunter, nach Glazebridge, und dann hinauf, in Richtung Burraford. Und aus der Richtung Burraford sah er einen verbeulten schwarzen Volkswagen kommen, wie ihn Connabeer vor wenigen Minuten erst beschrieben hatte. Am Steuer saß eine große junge Frau mit blonden Haaren, die hinten zu einem Knoten zusammengebunden waren.
    Niemand wußte, entweder jetzt oder später, was in Ortrud Youings’ Gehirn vorging. Man vermutete danach, sie habe wohl einen Hafen oder einen Flugplatz erreichen und das Land verlassen wollen und sei zunächst in die entgegengesetzte Richtung gefahren, habe dann aber ihre Pläne geändert und sei nach Glazebridge hineingefahren, weil ihre Verfolger nicht damit rechnen würden und die Spur somit verlieren müßten. Was immer auch der Grund sein mochte, hier war sie auf der Ringstraße, in der Nähe der Polizeistation, und hier war auch Crumb, der sie herankommen sah.
    Crumb war weitsichtig. Er konnte das Kennzeichen des Volkswagens erkennen, und es gab keinen Zweifel für ihn, daß es ungefähr der Nummer entsprach, die Connabeer erwähnt hatte.
    Plötzlich ergriff ihn Tollheit. Polizeiliche Instinkte, die er dreißig Jahre lang tief begraben geglaubt hatte, machten sich bemerkbar. Er würde ganz allein eine Festnahme durchführen eine wichtige Festnahme. Das würde sich vorteilhaft in seiner bescheidenen, ja zweifelhaften Personalakte ausnehmen. Er mochte vielleicht sogar, dachte er, wilden Hirngespinsten verfallend, den Polizeiorden bekommen. Ja, er, Crumb, würde eine Festnahme durchführen. Er würde der Held der Stunde sein…
    Außerdem war das nur eine Frau. Eine Frau festzunehmen, war eine Kleinigkeit.
    Crumb schritt ein. Er handelte schneller als je zuvor. Er stellte sich auf die Ringstraße zwischen dem Loch des Gaswerks und dem gegenüberliegenden Gehsteig, unmittelbar in den Weg des herannahenden Autos, und hob gebieterisch die Hand.
    Die Leute vom Gaswerk unterbrachen ihre Arbeit, um diese Szene mit flüchtigem Interesse zu betrachten; sie bekamen jedoch keine Gelegenheit, sie länger als einige Sekunden in Augenschein zu nehmen, denn der Volkswagen war von Crumb nicht weit entfernt und fuhr mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, als Crumb mit plötzlichem Erschrecken begriff, daß er nicht halten würde. Statt dessen würde er ihn überfahren.
    Er warf sich auf den Bürgersteig, um Zentimeter verfehlt, und blieb ächzend vor Empörung und Erleichterung stehen. Der Volkswagen war auf seiner Höhe, fuhr vorbei und kam dann mit quietschenden Reifen zum Stehen. Als Crumb vortrat, um die Fahrerin festzunehmen, stieß sie plötzlich und ganz schnell zurück, wendete, fuhr wieder vorwärts, holperte auf den Gehsteig und brauste erneut auf Crumb zu. Die Männer vom Gaswerk sprangen aus ihrem Loch und schauten in gelähmter Verwunderung zu. Autos aus beiden Richtungen ahnten bevorstehendes Unheil, möglicherweise einen Massen-Auffahrunfall, und hielten. Was Crumb anging, so blickte er einen Moment in betäubter Ungläubigkeit auf den Volkswagen, dann fuhr er auf dem Absatz herum und ergriff die Flucht. Die Frau war wahnsinnig ! Sie wollte ihn töten ! In all den Jahren seiner Laufbahn hatte Crumb etwas so Entsetzliches nicht erlebt.
    Crumb rannte, und der Volkswagen, die linken Räder im Rinnstein, die rechten auf dem Gehsteig, folgte unerbittlich. Gewiß, in dieser Verfassung konnte er nicht ganz so schnell fahren wie auf der Straße, aber doch schnell genug, um Crumb einzuholen, und zwar sehr rasch. Crumb hörte den Motor hinter sich

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