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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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nicht behalten?«
    »Ich bin ihm zuviel gereist.«
    »Und wahrscheinlich nicht allein.«
    »Du sagst es. Und das hättest genausogut du sein können.«
    »Danke bestens, das ist kein Job für mich. Und mir solltest du das besser nicht erzählen, du gefällst mir nämlich in dieser Rolle durchaus nicht.«
    »Ach!« Sie setzte sich heftig in den Sattel zurück und zog die Zügel an, daß Bojar erschreckt stehenblieb. »Willst du mir vielleicht Moral predigen? Das fehlte mir gerade noch. Du hast vergnügte Jahre hinter dir, nicht? Erst eine lustige Studienzeit, dann ein bißchen im Ausland herumgezwitschert, und immer das getan, was du wolltest. Du wirst nicht gerade wie ein Heiliger gelebt haben.«
    »Das ist etwas anderes«, sagte ich finster.
    Sie lachte. »Ist das etwas anderes? Mon cher, vous vous trompez. Ich brauche ein bißchen Liebe und Zärtlichkeit. Von dir habe ich sie nicht bekommen. Und Max? Mon Dieu, er war schließlich zwanzig Jahre älter als ich, zweiundzwanzig, um genau zu sein, und bekam bereits einen Bauch und hatte nichts im Kopf als seine Bilanzen. Und außerdem wußte er nichts, aber auch garnichts mit einer Frau anzufangen. Das habe ich nicht verstanden, als ich ihn heiratete. Ich hatte ja gar keine Ahnung. Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich war Jungfrau. Und wenn ich das, was Max mit mir tat, als Liebe ansehen sollte – mon Dieu, dann hätte ich mich lieber vorher hier im See ertränken sollen.
    Wenn du es genau wissen willst, es graute mir, wenn er mich überhaupt anrührte. Ich will nicht in Details gehen, aber du kannst mir glauben, ich war todunglücklich. Da nützte das ganze Geld nichts. Und als ich dann einen Mann kennenlernte, der eben anders war, der wußte, wie man eine Frau anfaßt – war es ein Wunder, daß ich – nun ja, tat, was ich getan habe. Spiel bloß nicht den Sittenrichter. Das hätte jede normale Frau in meiner Situation getan.«
    Ich schwieg beeindruckt. Dagegen ließ sich nichts sagen.
    Schweigend ritten wir im Schritt nebeneinander. Das Waldstück ging zu Ende, eine Wiese lag vor uns, man hatte hier einen weiten Blick über den See und das Land. Wir hielten die Pferde an und schauten einander nicht an. Annabelle hatte den Kopf gesenkt, sie war böse auf mich.
    »Entschuldige«, sagte ich. »Es geht mich ja auch nichts an. Es ist nur …«
    Schwer zu erklären. Und sie verstand es ja vermutlich gut genug, auch ohne, daß ich viel darüber sagte.
    »Dieser Mann«, quetschte ich nach einer Weile hervor, »der da morgen kommt aus Paris, meine ich, ist das der, der so gut weiß, wie man eine Frau anfaßt?«
    Sie lachte plötzlich wieder. »Nein. Das ist der nicht. Das ist schon lange her.«
    Ich wandte mich ihr heftig zu. Aber ich kam nicht dazu, meine Gefühle in Worte zu fassen.
    »Machen wir einen kleinen Galopp über die Wiese?« fragte sie.
    »Lieber nicht«, sagte ich. »Ich weiß nicht, wie Bojar darauf reagiert.«
    »Denkst du vielleicht, ich fürchte mich? Nicht vor Bojar, und schon gar nicht vor dir.«
    Und damit gab sie Bojar die Sporen und preschte los.
    Ich hinterher, was blieb mir anderes übrig. Und es kam genauso, wie ich es befürchtet hatte. Bojar, die weite Fläche vor sich, die Lust der raschen Bewegung in sich, aufgeregt war er auch, steigerte das Tempo, daß mir schwindlig wurde. Mein kleiner Schimmel fiel weit zurück. Ich sah, wie Annabelle versuchte, den raschen Lauf des Schwarzbraunen durchzuparieren – vergeblich. Daß sie am Zügel riß, machte ihn erst richtig wild. Er biß sich auf der Trense fest und ging nun richtig durch. Der Schimmel versuchte vor lauter Aufregung es ihm nachzutun, aber er kam nicht weit. Ich parierte ihn zum Schritt durch und klopfte ihm den Hals.
    »Na, na, Dicker, das ist nichts für einen alten Herrn. Du kriegst höchstens einen Herzschlag.«
    Ich blickte Annabelle nach. Drüben begann wieder der Wald. Hoffentlich gelang es ihr, das Pferd von den Bäumen fernzuhalten, einmal würde es schon müde werden. Dann verschwanden die beiden wie die wilde Jagd um die Waldecke. Annabelle hing etwas schief im Sattel, aber mir kam es vor, als hätte Bojar das Tempo schon ein bißchen verlangsamt.
    Als ich auch eine Weile später um die Waldecke bog, sah ich Bojar ein Stück entfernt friedlich grasen. Und wo war Annabelle?
    Dann sah ich sie. Sie lag hinter einem Ginsterbusch, reglos und still. Ich erschrak. Sie war also gestürzt. Hoffentlich war ihr nichts geschehen.
    Ich ritt schnell zu ihr hin, sprang vom

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